Vorstellung Foma Ortho 400 – ein orthochromatischer S/W-Film
Ich hatte jüngst den neuen Foma Ortho 400 in zwei Kameras zum Testen parat und zeige einige Beispielfotos. Es handelt sich hierbei um einen orthochromatischen S/W-Film mit recht hoher Empfindlichkeit.
Fast alle heute erhältlichen S/W-Filme sind »panchromatisch«. Das heißt, sie wandeln alle Farben (Blau, Grün, Rot, …) einigermaßen demokratisch in Grautöne um. Die wenigen Filme, welche »orthochromatisch« sind, können die Farbe Rot nicht richtig abbilden bzw. bilden diese Motivelemente ungewöhnlich dunkel ab. Näheres zum Technischen dahinter kann man z. B. hier nachlesen.
Warum werden heute dann noch orthochromatische Filme hergestellt? Weil deren Look offenbar etwas speziell sein soll. Dies hatte mich interessiert und ich besorgte mir den relativ neuen Foma Ortho 400:
Dieser S/W-Film war zunächst nur als Rollfilm Typ 120 erhältlich – also für die meisten Mittelformatkameras (siehe auch → Unterschied Rollfilm / Kleinbildfilm). Mittlerweile gibt es ihn offenbar auch als Kleinbild konfektioniert. Als Rollfilm wird er außerdem in diesem praktischen Filmkanister ausgeliefert, wie man ihn beispielsweise noch von manchen Adox-Filmen kennt und die es auch separat als Zubehör zu kaufen gibt. Auch von Ilford gibt es derzeit (2023) einen orthochromatischen S/W-Film – den »Ilford Ortho Plus« für das Kleinbild. Er hat jedoch nur eine Empfindlichkeit von 80 ASA.
Ein kurzer Einschub: Leider entwickelte ich meinen Foma Ortho über Gebühr bzw. zu lange. Will sagen: Einige der Negative waren viel zu hart und ich musste sie bei der Digitalisierung via Bildbearbeitung „weich klopfen“. Meine Beispiele sind also nicht verbindlich, doch ich denke, man erkennt schon den ungefähren Charakter eines solchen orthochromatischen S/W-Filmes. Zudem ist der Foma Ortho kaum dokumentiert und ich möchte natürlich auch einige Beispielfotos beisteuern:
Dieses Beispielfoto mit dem Foma Ortho 400 zeigt den Rest des kleinen Hüttchens auf der Drehscheibe vor einem der typischen Lokschuppen, wie es sie früher vielerorts gab und wie man sie heute teilweise noch als Ruine bewundern kann, kurz bevor man in einen Bahnhof einfährt. Dieses Ding im unteren Zentrum des Bildes, welches etwas ausschaut wie ein Pilz, ist eigentlich blau. Ein orthochromatischer S/W-Film hat die Eigenschaft, blaue Motivelemente in eher helleren Grautönen abzubilden.
Die Ziegel des Lokschuppens hingegen sind natürlich typischerweise rot. Sie werden mit solch einem Film eher dunkler abgebildet als mit einem panchromatischen S/W-Film. Man beachte linkerhand den „Schein“ im Bild. Zwar nutzte ich bei dieser Aufnahme ein Weitwinkelobjektiv ohne Sonnenblende (mein Flektogon 50 mm 1:4). Doch solch ein Bildfehler ist mir bei diesem Objektiv bei diffusem Licht und der Sonne im Rücken noch nie unterlaufen. Ich vermute, dies liegt an einer Eigenschaft des Foma Ortho 400, auf die ich gleich noch zu sprechen komme.
Ein Porträt mit dem Foma Ortho 400: Das T-Shirt meines Fotomodells war senfgelb und erscheint vielleicht etwas dunkler als üblich. Jedoch ist hier die Lichtsituation so speziell, dass man bei dieser Fotografie sicherlich nicht über einen besonderen Abbildungscharakter eines solchen orthochromatischen Film reden kann. Ich belichtete hier übrigens sehr knapp, nachdem ich meinen Belichtungsmesser mit Kalotte einfach aus dem Fenster hielt bzw. lediglich das direkte Licht von Draußen zur Messung heranzog.
Dies sind die Blätter von Kürbispflanzen im Sommer. Foma beschreibt seinen Ortho 400 so, dass er für Grün besonders sensibilisiert sei. Dies heißt allerdings nicht, dass nun alles Grüne viel heller erscheinen wird, als man es von anderen S/W-Filmen gewohnt ist. Aber es geht darin auch nichts unter.
Bei diesem Porträt kann man vielleicht die »Gesichtsbräune« feststellen, die ein solcher orthochromatischer Film (wegen der Rot-Blindheit) betonen kann – aber nicht muss. Interessanter ist aber der Lichthof:
Der Foma Ortho besitzt keine sogenannte „Lichthofschutzschicht„. Helle Kanten im Motiv überstrahlen daher mitunter. Dies hat nichts mit dem orthochromatischen Charakter dieses Filmes zu tun. Möchte man den Foma Ortho für solche Porträts einsetzen, sollte man berücksichtigen, dass beispielsweise helle Haut vor dunklem (Studio-) Hintergrund auf dem Film schnell solche Lichthöfe erzeugen kann, obwohl man ein vergütetes Objektiv nutzt. Das Hemd meines Fotomodells war übrigens hellblau, nicht weiß.
Was ich bei dieser Portraitaufnahme noch mag, ist der blasse Hintergrund, während der Vordergrund kontrastreich ist. Erst kürzlich hatte ich einige antike Glasplatten digitalisiert und viele dieser sind eben orthochromatisch. Bei solchen sieht man den Effekt auch öfter: Ich glaube, durch die höhere Blauempfindlichkeit werden gestaffelte Luftschichten bei diesen Filmen heller, „dunstiger“ abgebildet, was solchen Porträts zugute kommt, erst recht, wenn der Hintergrund in die Ferne reicht.
Ich hatte daheim noch eine Apfelsine und eine alte Karotte unter dem Bett liegen. Das doch recht starke Korn bei dieser Aufnahme kommt übrigens von der eingangs erwähnten Überentwicklung dieses Filmes. Aber man sieht bei diesem Stillleben dennoch, wie rötliche Farbtöne (Orange, Rot, Gelb) eher dunkel in Graustufen abgebildet werden, wenn man so einen orthochromatischen Film benutzt. Dies gibt solchen Motiven einen eher artifiziellen Charakter. Bei anderen Motiven jedoch wird man kaum einen Unterschied zu einem panchromatischen S/W-Film sehen.
Jetzt kommt noch ein etwas ungewöhnliches Beispielfoto: Dieses Bild hatte ich in einer »Spielzeugkamera« belichtet – einer Pouva Start. Solche simplen Rollfilmkameras besitzen ein ebenso simples Objektiv, welches voller Bildfehler abbildet. Es ist ähnlich dem einer historischen Boxkamera. Aber im Gegensatz zu den meisten Boxkameras kann man mehr Bilder pro Rollfilm aufnehmen, der ja teuer geworden ist.
Will sagen: Die Kombination simple Linse + orthochromatischer Film wird sicherlich dienlich sein, wenn man Fotografien anfertigen möchte, die irgendwie alt ausschauen sollen (siehe auch → analoger Retro-Look).
Bei dieser alten Fabrik sieht man noch deutlicher, wie dunkel der Foma Ortho 400 die roten Ziegel wiedergibt (und wie die Kamera unter Lichteinfall leidet). Der Himmel mit seinem Blauanteil jedoch wird bei so einem orthochromatischen S/W-Film häufig sehr blass wiedergegeben.
Tipp: Man kann auch simples S/W-Fotopapier in einer Kamera belichten, wenn man eine eigene Dunkelkammer hat. Idealerweise nutzt man hierzu jedoch eine Großformatkamera – im einfachsten Fall eine alte 9×12-Plattenkamera. Denn Fotopapier ist ebenfalls orthochromatisch, denn es kann ja problemlos bei Rotlicht entwickelt werden. Allerdings ist es natürlich deutlich gröber abbildend im Detail. Was man hiermit für einen interessanten »Look« bei Porträts kreieren kann, zeigt die Fotografin Antje Kröger auf ihrer Seite.
Zusammenfassend würde ich den Foma Ortho weiter empfehlen. Ich finde nach meinem ersten Testfilm, er bildet schon etwas spezieller ab, als ich es von den typischen panchromatischen S/W-Filmen gewohnt bin. Dies kommt jedoch immer auch auf das Licht und auf das Motiv an.
Deutlich auffallend ist der Lichthof bei einer meiner Porträtaufnahmen. Dem Foma fehlt hier die Lichthofschicht.
Ich hatte den Film auch auf Nennempfindlichkeit (400 ASA) belichtet und meine, er erreicht diese auch, da die Schatten durchgezeichnet sind. Das Filmkorn scheint mir ähnlich wie das vom Fomapan 400. Der Träger des Filmes ist auch so wie vom Fomapan (blaugräulich) und er ist ebenso recht dünn und hat einen leichten Drall, was man bei dem Preis in Kauf nimmt.
Obacht: Dieser Film ist offenbar recht empfindlich gegenüber zu langem Entwickeln. Nicht nur nach eigener Erfahrung, auch aus anderen im Internet gelesenen Erfahrungsberichten denke ich, dass er im Zweifel eher kürzer entwickelt werden sollte, wenn man keine wirklich erprobten Zeiten zur Hand hat. Ansonsten sind die Negative nämlich sehr dicht und lassen sich schwierig kopieren (d. h. schwierig ausbelichten oder digitalisieren).
Ich nutze das Mittelformat fast nur noch für Porträtaufnahmen. Hier bin ich selber recht konservativ und setze auf panchromatische Filme mit ordentlichem Lichthofschutz (gerne auf den Fomapan 400 oder den Ilford HP5). Für die, die gerne experimentieren und auch etwas außergewöhnliche Darstellungen kreieren möchten, ist der Foma Ortho sicherlich eine Option – zumal die Fomapreise noch relativ günstig sind.
Es gibt von Foma im Netz einige Vergleichsfotos, die den besonderen Charakter dieses Filmes demonstrieren sollen. Meine Beispielfotos sehen vielleicht etwas speziell aus, jedoch nicht so andersartig. Bei Demonstrationen, wie ein Film ausschaut, wäre ich generell etwas vorsichtig, da hierbei ja alles durch einen Computer geht (insbesondere bei Farbfilmen allerdings). Ein Freund von mir hatte den Ortho 400 sogar bei Dunkelkammer-Rotlicht (sicher für Foma-Fotopapier) entwickelt und meinte, der Film wäre dabei verschleiert. Völlig rot-unempfindlich scheint dieser Foma also nicht zu sein.
Hallo, hab den Film im März getestet, und fand von der Körnung her viel besser als den Fomapan 400. Hatte den Film mit meiner Charmonix C45F-2 und einem Rodenstock 5,6/210 in einer Calumet 6×7 Kassette getestet.
Entwickelt hatte ich ihn mit Adox Rodinal 1+50, 20°C für 10min. Bin absolut begeistert von dem Film.
Hier siehst du zb bei Insta ein Bild von einem Fluss: https://www.instagram.com/p/C3zCtLIo3j9/
Vielen Dank für den Test , den Film muss ich unbedingt ausprobieren . Wie hattest du ihn denn diesmal entwickelt ? Viele Grüße Stefan
Hallo Stefan, vielen Dank für die Filmspende! Die Bilder im Text zeigen bereits die Motive vom überentwickelten Film. Jedoch konnte ich die Bildergebnisse innerhalb der Digitalisierung wieder „gerade biegen“. Gerade solche S/W-Filme klassischer Kornstruktur und höherer Empfindlichkeit sind da sehr „gutmütig“, was Belichtungs- oder Entwicklungsfehler anbelangt.