Der Handabzug: Schritt für Schritt zum feinen selbst vergrößerten Bild
An dieser Stelle möchte ich meine Methoden demonstrieren, wie man ein Negativ im eigenen S/W-Fotolabor schließlich in einen aussagekräftigen und individuellen Handabzug umwandelt: Ich fertige keine 1:1-Abzüge an, sondern greife meist direkt in die eigentlichen Negativinformationen ein bzw. „interpretiere“ meine Vorlage nach gewissen Gesichtspunkten. Konkret findet hier eine mehr oder weniger deutliche „analoge“ Bildbearbeitung statt bzw. ein gewisser „schöpferischer“ Prozess, welcher sich von einer reinen Kopie des Negativs unterscheidet und sich somit klar von einer maschinellen Bilderzeugung distanziert.
Ich habe in dieser Kategorie meiner Seite nun bereits ein hübsches Sümmchen an einzelnen Artikeln verfasst, welche sich jeweils mit den Techniken für einen ausdrucksstarken Handabzuges befassen bzw. zunächst mit dem Entwickeln von Filmen. Es gibt auch eine umfassende Anleitung – Schritt für Schritt für Anfänger geeignet – um vom simplen fotografischen S/W-Negativ im eigenen Fotolabor zum „normalen“ Positiv zu gelangen. In dieser Anleitung (die Sie gerade lesen) geht es nun deutlich mehr ums „Finetuning“.
Es ist auch durchaus möglich, mit Glück Zeit zu sparen bzw. bereits durch einen eher willkürlichen „Workflow“ zu einem aussagekräftigen Handabzug zu gelangen. Bei dem nächsten werden Sie dann aber wahrscheinlich weniger Glück haben und der zuvor erreichte Zeitgewinn wird sich auf Dauer nicht amortisieren können. Lassen Sie sich durch meine ausführliche Anleitung nicht abschrecken. Überfliegen Sie diese zunächst, speichern Sie sich diese in den Favoriten ab und lesen Sie sie später noch genauer nach.
All meine Hinweise und theoretischen Betrachtungen können Sie auch überspringen, um direkt zur eigentlichen Vergrößerungs-Strategie zu gelangen. Für später empfehle ich jedoch, auch die nun folgende Herangehensweise zu einem aussagekräftigen und sauberen Handabzug zu studieren:
Ich habe in den letzten Jahren selbst einige Techniken entwickelt, mittels derer ich (ohne besonderes Zubehör) zu durchaus gut gemachten „Prints“ gelange. So gehe ich davon aus, dass einige meiner Techniken für Sie wahrscheinlich neu sein werden bzw. dass Sie dies bisher noch nicht in einem Lehrbuch vorfanden, zumal es von den wirklich guten nur sehr wenige gibt.
Das heißt jedoch gleichzeitig, dass diese Techniken eben meinen persönlichen Weg zum Ziel, zum eigenen „Vintage Print“ darstellen. Und deren Wege kann es bekanntlich viele geben. Dennoch würde ich mich mich freuen, wenn Sie mir hier sozusagen über die Schulter schauen.
Dieser Beitrag ist nun durchaus lang geworden! Überfliegen Sie diesen vielleicht zunächst.
Im Prinzip ist es recht einfach, zu einem fotografischen Handabzug zu gelangen, wenn man systematisch vorgeht. Letzten Endes gibt es aber keine Abkürzung zum „feinen“ Bild.
Als „Retrospektive“ möchte ich hier schon einmal die Summe der Probestreifen sowie Strategie-Notizen zeigen, die für meinen Handabzug, auf den ich in diesem Artikel eingehen werde, notwendig waren. Für einen sogenannten „Fine Art Print“ kommt man leider nicht umhin, einen gewissen Aufwand zu betreiben.
Betrachtung zum Abbild
Zunächst soll jedoch noch etwas Raum für ein wenig Theorie erlaubt sein: Ich begreife das fotografische Negativ als eine Art Vorlage, an der man sich orientiert, von der man jedoch nicht unbedingt eine Eins-zu-eins-Kopie erstellen muss. Vielmehr betone ich gewisse Merkmale und mildere andere ab. Das Ergebnis ist ein Positiv, welches etwas Neues ergibt: Ich arbeite also zum Teil beim Vergrößern entgegen den Negativinformationen. Ich betreibe bei fast allen meiner „Prints“ analoge Bildbearbeitung.
In unserer visuellen Kultur ist längst akzeptiert, dass eine Schwarz-Weiß-Fotografie bereits per se einen enormen künstlichen Charakter birgt. Hier darf ruhig weiter entgegen der ursprünglichen Erscheinungsform des eigentlichen Motivs gearbeitet werden, ohne dass das Abbild zu früh zu künstlich wirkt. Anders sieht dies bei Farbfotografien aus: Diese besitzen einen viel näheren formal-visuellen Bezug zur Realität und bei solchen würden sich Bearbeitungsschritte, wie ich sie im S/W-Labor anfertige, sehr schnell als unlogisch, gekünstelt oder „kitschig“ erweisen. Bei meinen Farbfotografien, die ich jedoch ausschließlich am Computer bearbeite (und nicht zu knapp), achte ich sehr genau darauf, dass jegliche Bildbearbeitung nicht auffällt. Bei meinen S/W-Fotografien ist dies völlig anders. Hier besteht diesbezüglich also eine viel größerer Freiheit, die man ausnutzen kann.
Über das Motiv selbst
In diesem Artikel möchte ich die Herangehensweise zu folgendem Abzug erläutern:
Das Niveau zum Vergrößern bzw. zum Anfertigen dieses Handabzugs würde ich als „Mittel“ bezeichnen – ein gutes Beispiel für eine solche Anleitung. Sie sehen auch schon, worum es mir bei dieser Fotografie ging: Beinahe schon surreal breitet sich diese große Pfütze in der Landschaft aus. Darüber wölbt sich eine Art Bogen. Störende Elemente, die vom Motiv ablenken, sind nicht vorhanden. In der Ferne ist etwas Wasser und einige Häuschen zu sehen. Das Motiv eignet sich sehr gut für die S/W-Fotografie: Es geht bei dieser Landschaftsfotografie um Form, nicht um Inhalt. Das Motiv selbst beinhaltete bereits den Kontrast zwischen Erdboden und heller Tränke. Diesen galt es jedoch im Fotolabor noch zu verstärken.
Ich hatte das Bild vor einigen Jahren auf der Insel Rügen bei einem Spaziergang aufgenommen. Diese Region ist stark von Landwirtschaft geprägt, was sie meiner Meinung nach auch recht belanglos erscheinen lässt. Diese Pfütze, die sich durch Regen in einer Senke bildete, interessierte mich jedoch und ich bildete das Motiv mit meiner Kleinbildkamera ab. Eine solche Kleinbildkamera ist für derlei Landschaften weniger geeignet, da man beim näheren Herangehen an einen (größeren) Abzug gewisse Details in deren Auflösung bzw. Mannigfaltigkeit vermissen wird. Doch werden Sie mir zustimmen, dass eine kleine Messsucherkamera, die man beim Wandern bequem in der Tasche führt, immerhin besser ist als gar keine Kamera.
Es ist bei der Landschaftsfotografie sehr wichtig, auf das vorhandene Licht zu achten. Hier gab es ein sehr diffuses, da sich vor der Sonne viele Wolken befanden, die sozusagen eine riesige „Softbox“ bildeten: Alles wurde gleichmäßig ausgeleuchtet. „Harte“ Kontraste sind nicht zu vorhanden. Ich bevorzuge ein solches „demokratisches“ Licht gegenüber hartem Sonnenlicht. Weiches Licht kann das Motiv allerdings auch schnell „langweilig“ erscheinen lassen. Dem kann man jedoch in der nachträglichen Bildbearbeitung entgegen wirken, wie ich weiter unten erläutern werde.
Ich entwickele meine Schwarzweißfilme in einer Art Standardverfahren, welches ich für mich selbst festgelegt hatte. Es ist keinesfalls nötig, hierbei gewisse Handstände auszuüben, „Wunderfilme“ oder „Wunderentwickler“ zu benutzen, wie sie mancherorts in viel zu langen Debatten besprochen werden. Viel bedeutender für einen aussagekräftigen Handabzug ist der individuelle Positivprozess. Ich werde auch nicht schreiben, welche Kamera, welches Objektiv, welchen Film und welche Entwickler ich verwendete. Dies alles ist in dieser Hinsicht völlig irrelevant.
Die Nullkopie: das Negativ beurteilen
Es ist wichtig, sich zunächst das tatsächliche Bild genau anzusehen. Hierzu fertigt man vom Negativ eine sogenannte „Nullkopie“ an. Jene Nullkopie ist ein Positiv, welches folgende Kriterien erfüllt:
- Der gesamte Bildausschnitt ist erfasst. Es wird noch kein Ausschnitt festgelegt.
- Es wird kein maximales Schwarz und kein maximales Weiß abgebildet (= geringer globaler Kontrast).
- Es wird weder abgehalten noch nachbelichtet: Der tatsächliche Tonwertumfang des Negativs wird in seiner ursprünglichen Form 1:1 auf das Positiv übertragen.
Die Nullkopie ist ein sogenannter „Fullscale Print“ oder auch „Straight Print“, jedoch ohne tiefstem Schwarz und ohne hellstem Weiß. Sie zeigt das Bild so, wie es ist: Die Schattenzeichnung ist in allem sichtbar wie auch die Zeichnung der Lichter. Das Helligkeitsverhältnis einzelner Regionen bezüglich anderen ist noch nicht verändert bzw. zeigt die natürliche Form auf.
Ich opfere hierfür nicht extra teures Fotopapier. Ich scanne mein Negativ einfach am Computer ein und zwar so, dass die eben genannten Punkte nicht missachtet werden. Hierzu ist allerdings ein gewisses Maß an Erfahrung im Umgang mit der entsprechenden Software nötig. In diesem Artikel hatte ich dies bei dem Programm „Silverfast“ erklärt (Stichwort „Rohscann“).
Im Übrigen fertige ich schon lange keine Kontaktkopien meiner Negative an: Ich scanne sie in einem „Rutsch“ bei Verzicht auf eine Kontrastanpassung und in etwas höherer Auflösung und erhalte allein dadurch schon meine „Nullkopien“, die mir später für das Vergrößern wichtige Hilfsmittel sein werden.
So sieht mein Motiv als „Nullkopie“ aus:
Jedes Bild, welches ich im Labor vergrößern möchte, betrachte ich zunächst auf dem Computermonitor. Hier experimentiere ich dann auch mit eventuellen Bildausschnitten herum und überprüfe, ob das Motiv horizontal gespiegelt nicht vielleicht besser zur Geltung kommt, sofern möglich. Letzterer Schritt ist übrigens nicht selten der Fall. Bei dieser Landschaftsfotografie verzichtete ich jedoch darauf.
Vielleicht erscheint Ihnen dieser Schritt redundant. Doch werden Sie im Verlauf des Artikels lesen, dass ich später gewisse Regionen des (Null-) Abbildes zu analysieren versuche, um später genau hier verschiedene „lokale“ Kontraste zu setzen. Es muss also zunächst eine neutrale Version des Bildes vorhanden sein!
Extrempunkte: Lichter und Schatten finden
Ich bleibe noch etwas vor dem Computermonitor sitzen, bevor es endlich ins Labor gehen wird. Es ist bei einem digitalisierten Negativ nämlich recht einfach möglich, die „Extrempunkte“ im Bild ausfindig zu machen. Diese Punkte werde ich nämlich beim Vergrößern noch benötigen, denn nur darauf werde ich meine Probeschnipsel (zunächst) legen. Gemeint sind die Lichter und die Schatten: Die hellsten und die dunkelsten Stellen im Bild.
Ich arbeite mit dem Bildbearbeitungsprogramm „Photoshop“. Öffnet man darin die Nullkopie und hernach das Werkzeug „Tonwertkorrektur“, so lässt sich bei gleichzeitigem Drücken der ALT-Taste und Verschieben der beiden äußeren Regler sehr schnell und präzise ermitteln, welche Stellen im Bild die dunkelsten (das Negativ ist hier am „dünnsten“) sowie die hellsten (die dichtesten Stellen des Negativs) sind.
Bei Landschaftsaufnahmen wird letzterer Punkt zumeist der Himmel sein. Da jener ohnehin nachbelichtet werden muss, sollte man den rechten Regler noch etwas weiter schieben bzw. eine weitere Lichterstelle („L2“) suchen. Diese wird später beim Anfertigen von Probestreifen äußerst relevant sein!
Wenn Ihnen die Geschichte mit dem Computerprogramm zu suspekt ist, können Sie freilich auch drauf verzichten. Sie müssen dann die Lichter und Schatten per Auge auf der Nullkopie suchen bzw. schätzen. Für alle, die nur Kleinbild-Negative vergrößern, lohnt sich ggf. so ein Günstig-Scanner von Lidl, um entsprechende Vorschaudateien anzufertigen.
Lichter und Schatten notieren
Wenn Sie Ihre Nullkopie mit einem Blatt Fotopapier angefertigt haben, lassen Sie genügend Rand stehen! Wenn Sie diese – so wie ich – am Computer erstellen, drucken Sie sie auf einem herkömmlichen Drucker aus. Sie muss nunmehr keine besondere optische Qualität besitzen. Sie wird fortan nur noch als Dokumentation dienen:
Hier sehen Sie den Ausdruck meiner Nullkopie. Ich gebe zu: Die vielen Markierungen sind an dieser Stelle meiner Anleitung didaktisch noch etwas unpassend. Ignorieren Sie sie bitte zunächst. Beachten Sie aber unbedingt die L und S Markierungen! Sie erinnern mich daran, wo genau bei meinem Negativ die Schatten und die Lichter liegen. Und genau auf diese Stellen werde ich später meine Probestreifen hinlegen müssen, nirgendwo anders zunächst sonst!
Bei der obigen Abbildung sehen Sie, dass bei meinem Motiv die Schatten (S) gleich unten im Acker liegen. Was man nicht gut erkennen kann, ist, dass es jene auch noch in der Baumreihe über der „Pfütze“ gibt. Dies hatte ich mir selbstverständlich notiert. Nun zu den Lichtern. Wie vermutet befindet sich an einer ganz bestimmten Stelle des Himmels ein solcher Lichter-Bereich (L1). Da der Himmel später eh nachbelichtet wird, suchte ich mir jedoch eine zweite Lichterquelle heraus. Diese befindet sich genau in der Pfütze, welche ja nichts anderes als eine Spiegelung des Himmels darstellt. Und Spiegelungen sind immer etwas schwächer / dunkler als die gespiegelte Region selbst. Diesen zweiten Lichterpunkt bezeichne ich als „L2“. Auf der kleinen obigen Abbildung ist dies jedoch nicht mehr sichtbar. Diese Pfütze wird aber später noch sehr wichtig für das Anfertigen der Probestreifen sein, da sie (abgesehen vom Himmel) das deutlich hellste Motivelement ist.
An dieser Stelle endet die Vorbereitung zum Motiv selbst. Sie sehen: Um einen guten Handabzug anfertigen zu können, bedarf es ein gewisses Maß an Vorarbeit. Sie möchten nichts dem Zufall überlassen. Sie sollten systematisch und reproduzierbar an den Handabzug heran gehen. Es ist nicht notwendig, hierzu einen Computer zu benutzen. Ein solcher kann jedoch hilfreich sein.
Es sollen nun noch einige Tipps zur technischen Ausstattung folgen. Diese können Sie überspringen, um direkt zur eigentlichen Vergrößerungs-Strategie zu gelangen.
Den Arbeitsplatz einrichten und säubern
Nennen Sie mich pedantisch. Doch ich habe mir in den Jahren meiner Arbeit im S/W-Labor angewöhnt, vor jeder Sitzung zunächst meinen Arbeitsplatz aufzuräumen und zu säubern. Kennen Sie einbelichtete Staubfusseln auf den Abzügen? Ich nunmehr nämlich kaum. Ich trage auch keinen fusselnden und hellen Wollpullover beim Vergrößern und nenne ein wichtiges Arbeitsgerät mein Eigen: Einen Kosmetikpinsel.
Als erstes säubere ich damit meinen Vergrößerer und zwar von oben nach unten. Ich achte auch darauf, dass auf dem Rotfilter kein Staub liegt und im Innern des Balgens. Insbesondere die Unterseite der Diffusorbox bzw. des Kondensors säubere ich, denn hier wird später das Negativ platziert. Auch schaue ich mir das Vergrößerungsobjektiv natürlich genau an. Benutzen Sie einen solchen Pinsel bitte nicht für die Negative! Dies würde feine Kratzer entstehen lassen. Meine Negative säubere ich mit einem (größeren!) Blasebalg und einem gewöhnlichen Brillenputztuch.
Ich säubere mit dem Pinsel ebenso die Negativbühne sowie den Vergrößerungsrahmen. Als letztes wische ich den Tisch ab und platziere dort den Rahmen. Befinden sich der Vergrößerungskopf, die Negativkassette und das Grundbrett noch genau parallel zueinander? Ich prüfe es mit einer Wasserwaage.
Funktioniert der Fixierer noch? Ich teste es schnell mit einem Stückchen Film (siehe hier). Ob das Stoppbad noch funktioniert, erkenne ich an dessen Farbe, denn meines besitzt eine sogenannte „Indikatorfunktion“. Ist der Entwickler noch in Ordnung? Ich werde es merken, wenn die sogenannte „Bildspurzeit“ über der gewöhnlichen liegen wird (ca. 30 Sekunden bei Barytpapier).
Ein Raster benutzen
Ich empfehle jedem, sich ein „Raster“ anzufertigen. Was soll das sein? Mit „Raster“ meine ich einen Ausschussprint, der genau die gleiche Größe und auch möglichst Stärke besitzt wie das zu verwendende Fotopapier (aber absolut plan sein muss!). Auf dessen Rückseite wird zum einen ein Raster eingezeichnet, welches letztendlich eine hohe Anzahl an Rechtecken ergibt. Zum anderen werden hier verschiedene Randmarkierungen angezeichnet, an welche man die Maskenbänder des Vergrößerungsrahmen positioniert!
Alle Vergrößerungsrahmen, die mir bisher untergekommen sind, besitzen nämlich schiefe Bänder! Nur durch eine Rasterunterlage ist es möglich, diese Bänder genau rechteckig zu positionieren. Weiterhin dient das nun eingelegte „Dummy-Fotopapier“ zur exakten „Höhenlage“ des eventuell zu verwendenden Kornscharfstellers zum Scharfstellen der Projektion. Jedoch ergibt dies freilich nur einen marginalen und schließlich nicht sichtbaren Vorteil.
Insbesondere bei der Landschaftsfotografie ist ein solches Raster auf der Projektionsebene des Vergrößerers bzw. auf dem Grundbrett sinnvoll: An ihm können Sie präzise den Horizont ausrichten. Bei Architekturaufnahmen können Sie daran überprüfen, ob Vertikalen gerade sind (und ggf. entzerren). Doch Obacht! Nicht jeder exakt gerader Horizont wird letztendlich auch gerade erscheinen, wenn parallel dazu schräge Motivelemente das Bild dominieren. Hier lässt sich das Auge / das Gehirn leicht täuschen! Bei meiner Landschaftsfotografie mit der großen Tränken-Pfütze hatte ich Glück: Die Wölbung darüber ist auf beiden Seiten gleichmäßig abfallend. Wäre dies nicht so, könnte es sein, dass ein akribisch gerade gerichteter Horizont dennoch schief wirken würde (obwohl er es nicht ist). Hier müsste man dann freilich beim Vergrößern künstlich entgegen wirken, indem man das Grundbrett entsprechend leicht dreht.
Da sich die Ecken meines Raster-Fotopapiers bald abnutzten bzw. leicht verbogen, hatte ich sie einfach mit einer Schere leicht abgeschrägt / abgeschnitten.
Negativ einlegen und scharf stellen
Ich lege das Negativ in die Bildbühne. Idealerweise legt man hierzu die Bildbühne auf einen Leuchtkasten und kann es so prima platzieren, damit es auch wirklich so liegt, dass die Masken der Bildbühne das Bild nicht beschneiden. Als nächstes schalte ich den Vergrößerer ein und nutze dessen Licht zur Kontrolle, ob sich noch Staub auf dem Negativ befindet:
Bei diesem Foto aus meinem Archiv halte ich nur das Negativ selbst in der Hand. Genau so lässt es sich aber auch überprüfen, wenn es bereits in der Bildbühne sitzt: Durch das harte Gegenlicht des Vergrößerers lässt sich sehr gut sehen, ob Staub auf der Oberfläche des Filmes sitzt. Diesen gilt es dann mit einem Blasebalg wegzupusten. Tun Sie dies nicht mit dem Mund! Sie würden dadurch das Negativ anfeuchten, wodurch der Staub kleben bleiben würde.
Das Buch Analog Fotografieren und Entwickeln - die Eigene Dunkelkammer ist eines der wenigen modernen Fachbücher, die sich noch der analogen Bildverarbeitung widmen (derzeit in der 4. aktuellen Auflage). Demzufolge werden hier auch die heute erhältlichen Filme, Papiere und aktuelle Chemie besprochen. Wer sich nicht durch die vielen einzelnen und verstreuten Artikel im Internet durchwühlen möchte, findet hier das gesamte Standard-Wissen für einen gut gemachten Handabzug vor, und zwar aus zeitgenössischer Sicht. Auch dieses Buch kann man auf Amazon virtuell durchblättern.
Wenn Ihre Filme Trocknungsflecken aufweisen (was Sie durch das harte Gegenlicht sofort sehen werden), müssen Sie das Negativ noch einmal aus der Bildbühne heraus nehmen, es dann tatsächlich anhauchen und die Flecken mit einem Brillenputztuch wegwischen. Dies funktioniert sehr gut. Trockenflecken (die immer nur auf der glatten Trägerseite entstehen) werden später beim Nachbelichten des Himmels (insbesondere mit einer harten Gradation) sichtbar werden. Ich spreche da aus Erfahrung.
Zuletzt wird fokussiert – und zwar bei Offenblende! Später, bei den einzelnen Belichtungen, wird das Objektiv auf zwei bis drei Werte (ausgehend von der Anfangsöffnung) abgeblendet. Mein Objektiv besitzt eine Anfangsöffnung von 1:4. Um drei volle Werte abgeblendet bedeutet also eine Arbeitsblende von 11. An dieser Stelle besitzt mein Objektiv seine besten Abbildungseigenschaften (hoffe ich zumindest).
Wahl der Objektivbrennweite und der Mischboxgröße
Normalerweise nutzt man für eine Vergrößerung vom Kleinbild ein Objektiv der Brennweite von 50 mm und eine für das Kleinbild ausgelegte Mischbox bzw. einen entsprechenden Kondensor*. Ich handhabe dies etwas anders: Ich wähle für jedes Negativformat stets die nächstgrößere Variante. So nutze ich bei meiner Kleinbildvergrößerung ein 80 mm Objektiv und eine Mischbox für das Mittelformat. Warum? Das 80 mm Objektiv besitzt einen größeren Bildkreis als das 50 mm Objektiv. Ich kann also sicher gehen, dass das Negativ tatsächlich bis zu den Rändern hin gleichmäßig ausgeleuchtet wird. Darum nutze ich auch die große Mischbox: Diese leuchtet viel gleichmäßiger aus als die Kleinbildmischbox des Vergrößerers.
*Falls sich bei Ihrem Vergrößerer die Mischbox / der Kondensor gar nicht austauschen bzw. umschalten lässt, trifft dieser Hinweis für Sie nicht zu.
Ein weiterer Vorteil ergibt sich aus meiner Wahl: Die Lichtstärke sinkt natürlich bei diesen Komponenten. Es ist wichtig, bei einer Grundbelichtungszeit von ca. 25 Sekunden zu landen. Ich benötige diese langen Belichtungszeiten zur Bildbearbeitung (Abhalten / Nachbelichten)! Nur bei größeren Abbildungsmaßstäben, wenn ich also auf ein Papier der Größe 30 x 40 belichte, nutze ich beim Kleinbild das 50 mm Objektiv und / oder die 35 mm Mischbox, da die Belichtungszeiten dann zu lang werden, was insbesondere beim Anfertigen der vielen Probeschnipsel nervig werden kann. Zwar könnte man für die Probestreifen die Blende des Objektives wieder öffnen. Doch dies unterlasse ich: Ich achte beim Anfertigen von Proben darauf, tatsächlich die selben Einstellungen zu nutzen, die ich auch später beim „finalen Print“ nutzen werde.
Gute Vergrößerer besitzen einen regelbaren Graufilter. Durch diesen lässt sich eine nötige viel zu kurze Belichtungszeit ebenfalls verlängern.
Nun soll es losgehen. Ich werde nur mit sogenanntem Multikontrastpapier arbeiten. Es ergibt für mich keinen Sinn, „normales“ Fotopapier mit nur einer fixen Gradation zu nutzen. Vielleicht besitzen diese Papiere gewisse Vorteile beim Tonen. Dass man jedoch bestimmten Motivregionen unterschiedliche lokale Kontraste zuweisen kann, ist eine Eigenschaft, die mich lehren lässt, nicht mehr auf das „Multigrade-Papier“, wie es im Englischen heißt, verzichten zu können.
Sie benötigen also einen Vergrößerer mit sogenanntem „Farbkopf“, welchen man auch prima für S/W-Multikontrastpapier nutzen kann, da dessen Gelb- und Magentaregler genau so gut die beiden Schichten in dem Papier ansprechen können wie „Multigradefilter“, die man in den Strahlengang des Vergrößerers einschwenken kann. Von letzteren rate ich eher ab: Ich werde für ein und dasselbe Fotopapier während den Einzelbelichtungen unterschiedliche Gradationseinstellungen nutzen. Und hierbei sollte der Vergrößerer möglichst nicht bewegt werden, wie es beim Auswechseln von Filterscheiben der Fall ist. Es drohen sonst minimale Verstellungen bzw. Unschärfe.
Weiterhin sei natürlich erwähnt, dass man keinesfalls jahrzehntealtes Fotopapier nutzen sollte: Diese werden zum einen zu „weich“ sein. Zum anderen können sie leicht einen Grauschleier besitzen. Derlei „Kellerfunde“ sind für einen Fine Art Print gänzlich ungeeignet. Kaufen Sie nur frisches Papier. Ich nutze seit Jahren das „Fomabrom Variant“ der tschechischen Firma Foma. Dies ist ein gutes Fotopapier und es kostet deutlich weniger als Ilford-Fotopapier.
Motivregion mit in sich selbst geringstem Kontrast auswählen
Ich suche mir zunächst auf meiner Nullkopie die Region des Motivs heraus, welche in sich selbst den geringsten Kontrast aufweist. Bei fast allen meiner Motive beinhaltet diese Region bereits den Punkt S: die Schatten, die ich ja vorher ermittelt hatte. Dies sind die dunkelsten Partien des Bildes, um welche sich herum noch hellere befinden. Und in manchen Regionen (um die es hier geht) ist deren Helligkeit von geringer Natur. Dies muss verstärkt werden: Der Kontrast muss an dieser Stelle angehoben werden! Dies würde nicht der Natur entsprechen. Ein unnatürlich hoher sogenannter Lokalkontrast kommt den meisten S/W-Fotografien jedoch visuell zugute, so auch hier: Der Acker auf meiner Fotografie besitzt naturgemäß einen geringen Lokalkontrast. Ich möchte ihn erhöhen, damit die einzelnen Grashalme besser abgebildet werden bzw. sich von ihrer Helligkeit besser vom Boden abheben können. Durch diesen Vorgang werden weiterhin Kanten im Bild verstärkt: Der Schärfeeindruck erhöht sich. Allerdings wird dadurch gleichfalls das fotografische Korn akzentuiert, was eben gerade bei Kleinbildvorlagen stören könnte. Bei meinem Motiv empfinde ich dies nicht als störend.
Die grün eingekreist Motivregion ist die, welcher ich mich als erstes zuwende. An dieser Stelle besitzt das Negativ einen geringen Lokalkontrast, den es zu verstärken gilt. Weiterhin befinden sich in dieser Region einige der vorher analysierten Schatten (S). Die Lichter (L) des Motivs befinden sich hier nicht. Den Lichtern werde ich mich später widmen.
Ich bin bei meinem Bild gleich auf Gradation 5 gegangen. Dies ist die maximal härteste Gradation, die zur Verfügung steht. Der Lokalkontrast ist hier so gering, dass ich diesen Maximalwert wagte. Bei meinem Vergrößerer stelle ich Gradation 5 ein, indem ich den Magenta-Regler des Farbkopfes auf den höchsten Wert von „130“ drehe. Alle anderen Regler (insbesondere der Regler Gelb [Y“]) stehen hierbei freilich auf „0“.
Anfertigen der Probeschnipsel für diese erste Region
Nun werde ich nacheinander Probeschnipsel auf einen Teil dieser Motivregion legen. Ich missachte hierbei die Ihnen wahrscheinlich bekannte Methode der sogenannten „Treppenbelichtung„. Diese entstammt einem Niveau, bei dem es eher darum geht, überhaupt auf die Schnelle zu einem Handabzug zu gelangen und wird leider immer wieder tradiert. Für ein „feines“ Bild ist die Methode der additiv angelegten Probestreifen jedoch gänzlich ungeeignet. Ich hatte einen ausführlichen Artikel über das Anfertigen von Probestreifen geschrieben, den Sie gerne lesen können.
Ich fertige Probestreifen also immer auf der selben Stelle an, und zwar nacheinander. Hierzu platziere ich einen Gegenstand auf dem Grundbrett (z. B. eine nicht gebrauchte flache Negativmaske), an dem ich den jeweiligen Streifen exakt anlegen kann. So muss ich nicht jedes Mal das Licht des Vergrößerers mit Rotfilter einschalten, um den Streifen zu platzieren.
Natürlich vermerkte ich mir auf der Rückseite jeweils die Belichtungszeit mit einem Kugelschreiber.
Es ist bei der Verwendung von Barytpapier weiterhin wichtig, die zumindest aussagekräftigsten Probestreifen zu trocknen! Denn Barytpapier dunkelt beim Trocknen nach. Ich nutze hierzu einen kleinen „Ofen“, welcher nichts weiter ist als ein Fön mit Schubladenfach. Sie können auch eine Trockenpresse hierzu verwenden, sollten dann aber bedenken, dass hierbei das Tuch schnell verschmutzt, da ich nicht annehme, dass Sie die Teststreifen ausreichend lange wässern werden (was viel zu lange dauern würde). Manche nutzen hierzu auch eine Mikrowelle oder eben eine kleine, ausrangierte Presse, bei der das Tuch ruhig verschmutzt werden kann.
Ich betrachte mir zunächst den lokalen Kontrast innerhalb des Grases: Dieser ist nun (dank Gradation 5) ausreichend hoch und dürfte sogar noch höher sein können. Doch ich habe ja leider bereits die maximal härteste Gradation erreicht. Es hätte jedoch auch sein können, dass mir das Gras im Vordergrund nun zu „stachelig“ erscheint. Dann wäre der lokale Kontrast zu hoch gewählt! Ich hätte dann erneut die Streifen angefertigt (jedoch mit Verzicht auf die Zeiten 8 und 11 Sekunden, da zu hell) bei einer geringeren Gradation.
Sie sehen auch, dass ich die Streifen etwas länger wählte: Glücklicherweise nämlich befindet sich bei diesem Motiv der Lichterbereich (L2), also die Pfütze, in unmittelbarer Nähe. Damit ich für diese Region bereits ein Gefühl bekommen kann, bilde ich sie bereits mit auf den Streifen ab. Das selbe gilt auch für die Bäume im Hintergrund. Denn diese stellen ebenfalls die Schatten (S) und dieser Schattenbereich lässt sich besser beurteilen als jener im Gras ganz unten.
Die Belichtungszeiten
Ich arbeite mit „logarithmischen“ Belichtungszeiten für die ersten Probestreifen: 4 Sekunden / 5,6 / 8 / 11 / 16 / 22 / 32 usw. Klar, das sind die selben Werte, die auch auf einem Objektiv aufgedruckt sind. Diese Zeiten sind ideal und lassen sich leicht merken. Denn es ist wichtig, dass sich der Abstand zwischen den Zeiten immer weiter vergrößert! Ansonsten werden die visuellen Unterschiede der einzelnen Streifen bei längeren Belichtungszeiten immer kleiner.
Nach welchen Kriterien wählte ich die richtige Zeit aus?
Dass Gradation 5 für die untere Region mit schwachem lokalen Kontrast genau richtig ist, hatte ich ja schon festgestellt. Ich muss hier also nichts mehr ändern. Nun schaue ich mir die Schatten an! Ich orientiere mich hierbei an den Bäumen im Hintergrund sowie an dem Schwarz im Vordergrund / im Gras. Bei dem Vordergrund soll das maximal vom Papier darstellbare Schwarz gerade so erzeugt werden. Keinesfalls dürfen hierbei jedoch die Detailinformationen innerhalb dieses Bereiches zulaufen, also ebenfalls schwarz abgebildet werden! Es kann hier also nur eine ganz bestimmte Belichtungszeit geben und diese muss gefunden werden.
Bei meinem Beispiel wäre dies eine Belichtungszeit von ca. 27 Sekunden gewesen. Doch ich wählte diese Zeit zunächst nicht:
Nun kommt es zu einer Besonderheit
Bei 27 Sekunden wäre also das gerade so maximale Schwarz sowohl in den Bäumen hinten als auch im Boden vorne erreicht. Die Schattenzeichnung wäre bei dieser Zeit noch nicht zugelaufen. Formal alles korrekt.
Doch betrachten Sie sich den Probestreifen für 22 Sekunden: Mir gefiel hier die Helligkeit des Bodens hinter der Pfütze. Diesen hellen Wert wollte ich an dieser Stelle beibehalten! Dies hat zur Folge, dass ich später den Vordergrund noch um 5 (27 minus 22) Sekunden nachbelichten muss, damit dieser wieder sein maximales Schwarz erreichen wird.
Jenes tiefes Schwarz ist für die Bäume im Hintergrund nämlich gar nicht notwendig: Für unser „visuelles Verständnis“ ist es nur normal, dass entferntere Bereiche auf einer Fotografie etwas heller erscheinen bzw. kein richtig tiefes Schwarz besitzen. Dies nennt man auch Luftperspektive. Und diese Luftperspektive kann ich durch analoge Bildbearbeitung durchaus verstärken, obwohl sie so auf dem Negativ gar nicht „vermerkt“ ist!
Letzten Endes entschied ich mich für eine Grundbelichtung von 23 Sekunden bei Gradation 5 sowie für das Nachbelichten des Vordergrundes um 4 Sekunden bei gleicher Gradation. Dann komme ich für letzteren Bereich (wo ja das maximale Schwarz [man nennt es auch Dmax„] erzeugt werden soll) wieder auf eine Summe von 27 Sekunden. Auf das normalerweise erforderliche Nachbelichten der Bäume im Hintergrund verzichtete ich schließlich, denn ich wollte hier ja die Luftperspektive erhalten bzw. verstärken.
Die helle Pfütze (die Lichter) interessierte mich beim Anfertigen dieser Probestreifen zwar auch. Doch es war mir vorher schon klar, dass jene selbst bei 32 Sekunden keine Zeichnung erreichen wird. Die Gradation (5) ist hierfür einfach zu hart. Ich hätte dann normalerweise eine weichere Gradation (wahrscheinlich 3) wählen müssen. Doch dann wäre ja der schöne hohe Lokalkontrast innerhalb des Ackers dahin! Hier muss anders vorgegangen werden:
Die Lichter „auffüllen“
Statt nun also global zu einer weicheren Gradation zu greifen, um die nötige Lichterzeichnung zu erhalten, kann / sollte man die hellsten Bereiche aber auch lokal behandeln. Denn ich möchte ja unbedingt den hohen Partialkontrast (Lokalkontrast) innerhalb der dunklen Bereich wahren!
Ich nenne das „Lichter auffüllen“ und zwar arbeite ich hierbei nur mit Gradation 0! Denn bei einer maximalen Gelb-Einstellung / Gelbfilterung werden beim Belichtung zunächst nur die hellsten Bereiche aktiviert! Die dunklen Bereiche daneben (bei mir der Acker) werden davon kaum angegriffen. Es findet hier also eine automatische Maskierung statt und ich muss die Karton-Maske nicht so exakt genau auf meine Pfütze zurecht schneiden.
Zunächst musste ich aber die erforderliche Zeit zum Nachbelichten ermitteln. Ich hätte nun auch für diesen Bereich nacheinander Probeschnipsel anfertigen können. Doch die Genauigkeit der Belichtung für die Lichter muss nicht so penibel ermittelt werden wie für die Schatten und kann mit etwas Erfahrung grob geschätzt werden. Ich behielt mir zunächst im Hinterkopf, dass ich später bei meinen finalen Probestreifen für das ganze Bild das Nachbelichten der Pfütze nicht vergessen darf.
Wichtig für diese Region wäre, dass man diesen Bereich zunächst immer mit der vorher ermittelten Grundbelichtung (23 Sekunden / Grad. 5) vorbelichten muss und erst danach die jeweilige Belichtung bei Gradation 0 erfolgt!
Weiterhin ist wichtig zu wissen, dass die Differrenz zwischen den einzelnen Filter-Gelb-Probeschnipseln deutlich höher sein sollte als bei den Filter-Magenta-Probestreifen: Die Gelbfilterung arbeitet viel „zögerlicher“. Ich wähle dann immer die doppelte Menge (5 Sekunden / 10 Sekunden / 20 Sekunden usw.).
Die vierte Region meines Bildes
Bei meinem Beispielbild hatte ich mir bisher drei Regionen genauer angesehen:
- Den Vordergrund mit dem geringen Lokalkontrast,
- die äußerst helle Pfütze (die Lichter)
- die Wölbung und die Bäume im Hintergrund die durchaus etwas heller ausfallen sollen als normal.
Bis auf das Nachbelichten der Pfütze habe ich bereits alle Belichtungszeiten ermittelt (23 Sekunden Grundbelichtung + 4 Sekunden den Vordergrund nachbelichten). Es gibt bei meiner Fotografie aber noch einen weiteren Teil, dem es sich zuzuwenden gilt. Hiermit meine ich die natürliche Luftperspektive: Das Wasser, die Wälder und die Häuschen in der Ferne.
Diese Bereiche erscheinen bereits auf meiner Nullkopie sehr zart. Dies liegt am Dunst bzw. an der Schichtung von winzigen Wassertröpfchen in der Luft. Denn die Kamera muss ja hier über viele Kilometer in die Ferne schauen bzw. einen hohen Grad an „Luftschichtung“ durchdringen. An den vielen Wassertröpfchen spiegelt und bricht sich das Sonnenlicht und daher erscheint uns (bzw. der Kamera) die Ferne heller als der Vordergrund.
Es stellte sich mir beim Analysieren meines Motives die Frage: Inwiefern wird diese natürliche Luftperspektive bei meiner doch sehr harten Grundbelichtung (bei Gradation 5!) abgebildet?
Auf dem Probestreifen für 24 Sekunden konnte ich einen kleinen Teil der Luftperspektive abbilden. Hier hatte ich nicht aufgepasst: Ich hätte diese Probeschnipsel doch etwas großzügiger in der Fläche wählen sollen. Doch dieser kleine Teil reichte mir: Die Luftperspektive schien mir bei der Grundbelichtung zu blass! Denn ich möchte ja diesen Bereich zunächst nur mit 23 Sekunden bei Gradation 5 belichten (Grundbelichtung). Hier muss auch an dieser Stelle nachgeholfen werden! Auch dieser Bereich muss etwas „aufgefüllt“ werden.
Und genau so, wie ich mit der äußerst hellen Pfütze verfahren werde, werde ich die mir zu zarte Luftperspektive ganz in der Ferne etwas mit Gradation 0 nachbelichten.
Zunächst belichtete ich den ersten Probeschnipsel mit meiner vorher ermittelten Grundbelichtungszeit von 23 Sekunden bei Gradation 5. Danach drehte ich den Magenta-Regler auf 0, dafür den Gelbflter auf den Maximalwert und belichtete den Schnipsel mit 8 Sekunden.
Als nächstes legte ich den zweiten Testschnipsel an genau die gleiche Stelle (Sie erinnern sich an meinen Gegenstand auf dem Grundbrett zur Positionsbestimmung) und belichte diesen diesmal erst mit Gelb (13 Sekunden), denn der Gelbfilter ist ja noch eingedreht. Dann drehte ich diesen auf 0 und dafür den Magenta-Filter auf die maximale Stellung (Grad. 5) um dem Papierstückchen noch die Grundbelichtung zu geben. Das gleiche tat ich mit dem dritten Probeschnipsel.
Es ist ja für das Multigrade-Papier egal, mit welcher der beiden Filterungen zuerst belichtet wird.
Bei meinem Test erwies sich bereits das Auffüllen der Luftperspektive durch eine reine Gelbfilterung bei 8 Sekunden als ausreichend! Diesen Wert merkte ich mir, indem ich genau diesen Probeschnipsel bereit hielt bzw. die anderen beiden beiseite legte. Natürlich hatte ich mir auch hier auf der Rückseite mit einem Kugelschreiber die Belichtungswerte notiert (23 Sekunden Grad. 5 + 8 Sekunden Grad. 0).
Anfertigen von finalen Probestreifensets
Nun wird es konkreter. Als nächstes lege ich über mein gesamtes Bild größere Probestreifen und teste meine bisherigen ermittelten Werte. Bei diesem Beispiel bedurften noch zwei weitere Regionen ein „Auffüllen“ mittels Gradation 0: Die Pfütze sowie der Himmel. Zum Schluss spendierte ich den Rändern meiner Fotografie je noch eine weitere Ladung Licht, ebenfalls mit Gradation 0. Diese Methode nennt man Ränder nachbelichten und sie sorgt dafür, dass das Auge zum Zentrum des Bildes „gelenkt“ wird.
Hier sehen sie zwei Probestreifen-Sets. Ein solches Set beinhaltet alle kritischen Regionen des Bildes. Normalerweise müsste ich auf der Rückseite eines jeden Streifens die ganzen Belichtungswerte notieren! Dies würde aber bei recht vielen Streifen irgendwann nerven. Daher fertige ich mir für jedes Bild eine Tabelle an:
Ich hatte insgesamt drei Probestreifen-Sets angefertigt. Jedes Set hat eine Nummer (1 bis 3). Ich schreibe also einfach die jeweilige Nummer auf die Rückseite der Streifen: Bei allen Streifen von Set 1 einfach immer nur die 1, bei allen Streifen von Set 2 die 2 usw.
Weiterhin hatte ich Buchstaben zu den einzelnen Regionen des Bildes zugeordnet (A bis D, sowie für die Randbelichtung [R“]). Bei meinem Motiv stehen die Buchstaben für folgende Regionen:
- A: Dies ist der vordere Bereich des Ackers, der mit Grad. 5 nachbelichtet werden soll.
- B: Dies ist die natürliche Luftperspektive ganz in der Ferne, die mit Grad. 0 nachbelichtet werden soll.
- C: Dies ist die Pfütze, die ebenfalls mit Grad. 0 „aufgefüllt“ wird.
- D: Dies ist der Himmel. Da der Himmel sozusagen die Lichtquelle des Motivs- und ebenfalls auf dem Bild ist, ist dieser natürlich viel zu hell. Auch er muss nachbelichtet werden, wofür ich auch hier Gradation 0 wählte, da ich diesen eher samtig abbilden wollte bzw. mit einem geringen Lokalkontrast. Mit Gradation 5 wäre er richtig dramatisch gekommen. Dies widersprach aber meiner Bildvorstellung.
- R: Dies sind die Ränder. Ich belichte als letzten Schritt die Ränder mit Grad. 0 etwas nach, um das Auge zum Zentrum „zu führen“.
In der oben abgebildeten Tabelle notierte ich zunächst die dazugehörigen Werte (die Zahlen) in der ersten Spalte (unter der 1), die ich für plausibel hielt bzw. die ich teilweise bereits durch die einzelnen Probeschnipsel zuvor ermittelt hatte.
Ich platzierte die Streifen auf dem Grundbrett. Die Grundbelichtung betrug ja 23 Sekunden bei Gradation 5. Zunächst belichtete ich also alle Streifen des Sets mit genau dieser Einstellung.
Als nächstes widmete ich mich der Region „A“. Dies ist der Vordergrund, welcher ebenfalls mit Grad. 5 nachbelichtet werden muss, damit hier das maximale Schwarz im Bild erscheinen kann. Diese Zeit hatte ich ja bereits ermittelt: 4 Sekunden. Daher bleibt diese Zeit bei jedem der drei Sets gleich (wie die Grundbelichtung).
Nun folgte die Region „B“: Die natürliche Luftperspektive. Ich drehte den Magentafilter heraus bzw. wechselte auf Gradation 0. Alle einzelne Streifen des aktuellen Sets blieben liegen! Es soll hiermit ja das finale Bild simuliert werden (nur ohne ein ganzes Fotopapier zu opfern). Ich nahm einen Karton und hielt diesen über den gesamten unteren Bereich. Ich belichtete nun 5 Sekunden lang bei Grad. 0 indem ich den Karton leicht bewegte, um harte Karten zu vermeiden.
Nun folgte die Belichtung für Region „C“: der Pfütze. Hierfür hatte ich noch keine Teststreifen ermittelt. Ich schätzte die Belichtungszeit auf ebenfalls 5 Sekunden bei Grad. 0. Ich fertigte mir eine Lochmaske aus Karton an, bei der die Aussparung ungefähr die Form der Pfütze hatte, jedoch etwas kleiner. Diesen Karton hielt ich über das Grundbrett und startete die Belichtung, dass hierbei möglichst nur die Pfütze (nach-) belichtet wurde.
Nun wandte ich mich dem Himmel zu, Region „D“: Der Himmel hatte bereits zweimal Licht bekommen: Einmal natürlich durch die Grundbelichtung und einmal durch die Belichtung für Region „B“. Denn bei letzterer hatte ich ja nur den unteren Bereich des Bildes mit einem Karton abgehalten.
Ich schätzte die Zeit für das Nachbelichten des Himmels bei Set 1 auf ebenfalls 5 Sekunden. Auch hier arbeitete ich nur mit Gradation 0.
Als letztes galt es, die Ränder nachzubelichten. Vielen Motiven stehen leicht dunklere Ränder, die immer mehr zum Bildinnern heller werden. Ich möchte mich an dieser Stelle nicht wiederholen, denn ich hatte über das Nachbelichten der Ränder einen separaten Artikel geschrieben. Ich schätzte die Zeit auch hier auf 5 Sekunden bei Gradation 0.
Wie zu erwarten, stimmten die Zeiten bei Set No. 1 noch nicht: Die Natürliche Luftperspektive in der Ferne geriet mir etwas zu dunkel, die Pfütze war noch zu hell (immer noch keine Zeichnung), der Himmel war mir auch noch zu hell, ebenso schien sich das Nachbelichten der Ränder bei Set 1 um 5 Sekunden noch nicht bemerkbar zu machen. Also fertigte ich das Set No. 2 an und korrigierte hier die Werte:
Region A blieb unverändert. Region B reduzierte ich auf 4 Sekunden. Die Pfütze, der Himmel und die Ränder bekamen nun aber mehr Licht ab.
Erneut legte ich wieder Streifen auf die jeweiligen Regionen und schrieb vorher auf jeden die Ziffer des aktuellen Sets („2“).
Schnell kam ich mit dieser Methode auf den richtigen Mix an Einzelbelichtungen!
Natürlich mussten die Streifen der Sets zuvor erst getrocknet werden. Ansonsten ist bei Barytpapier keine vernünftige Beurteilung möglich! Ich habe ja diesen kleinen „Ofen“, mittels dem dies schnell vonstatten geht.
Anfertigen des finalen Abzuges
Mein letztes Probestreifen-Set (No. 3) beinhaltet die nun jeweils für mich richtigen Zeiten. Die Pfütze hat nun ihre nötige Durchzeichnung. Auch der Himmel hat die von mir gewünschte Helligkeit. Die natürliche Luftperspektive in der Ferne besitzt die nötige Durchzeichnung, ist aber nicht zu dunkel. Das Nachbelichten der Ränder fällt kaum auf, macht sich auf dem Bild jedoch bemerkbar. Diesen Schritt muss man nicht unbedingt tätigen. Für mich ist er mittlerweile obligatorisch geworden.
Nun nahm ich meine kostbare Tabelle mit den ermittelten Zeiten wieder mit in die Dunkelkammer und legte endlich das Fotopapier in den Vergrößerungsrahmen ein. Ich achte hier immer penibel darauf, dass das Papier auch richtig am Anschlag anliegt (und nicht etwa schief). Zuvor überprüfte ich noch einmal die Bildschärfe und entfernte das Rasterpapier. Ich stellte Gradation 5 am Vergrößerungskopf ein, blendete wieder auf Blende 11 ab und startete meine Grundbelichtung von 23 Sekunden.
Als nächstes stellte ich die Zeitschaltuhr des Vergrößerers auf 4 Sekunden und belichtete den Vordergrund nach (immer noch bei Gradation 5). Nun musste die Gradation gewechselt werden:
Es ist hierbei wichtig, möglichst keine Vibrationen auf den Vergrößerer auszuüben! Vorsichtig und langsam drehte ich den Magenta-Regler auf die Stellung 0 zurück und drehte dafür den Gelbfilter auf das Maximum.
Ich schwenkte den Rotfilter ein und stelle den Vergrößerer auf das Einstelllicht. Nun hielt ich den Karton gerade so über den Hügel, dass die Ferne noch nicht abgedeckt war. Denn nun wollte ich ja Region „B“ (die Fernsicht) etwas mit Gradation 0 auffüllen, ohne dass der Bildbereich darunter hiervon Licht ab bekam (dessen hoher lokaler Kontrast wäre dann dahin). Ich stellte den Vergrößerer wieder aus, schwenkte den Rotfilter beiseite und belichtete 4 Sekunden lang die Ferne nach, indem ich den Karton leicht bewegte, um keine Kante zu erzeugen.
Das selbe tat ich dann nacheinander mit der Pfütze und dem Himmel, jeweils natürlich mit den hierfür vorher ermittelten Zeiten. Um die Ränder nachzubelichten hielt ich den Karton zunächst über das gesamte Bild und zog diesen jeweils zu einer Seite des Fotopapiers weg und zwar nur so weit, bis maximal die Hälfte des Papiers freigegeben wurde. Dies tat ich bei allen vier Bildseiten. Lesen Sie meinen Artikel über das Nachbelichten der Ränder. Dort gehe ich konkreter darauf ein.
Das Fotopapier entwickeln
Nachdem nun alle Regionen des Bildes mit ihrer jeweiligen Zeit und Gradation belichtet worden sind, nahm ich das Papier aus dem Vergrößerungsrahmen und legte es mit der Schichtseite nach unten in die Entwicklerschale. Das Papier wird hier nun mehrere Minuten entwickelt und man würde einen leichten Grauschleier durch das Rotlicht der Dunkelkammer riskieren, würde das Papier mit dem Bild selbst nach oben im Entwickler liegen. Man könnte dies natürlich mit einem Schleiertest überprüfen. Doch ich bin hier lieber etwas zu vorsichtig.
Die Entwicklungszeit richtet sich nach der sogenannten Bildspurzeit! Mit der Bildspurzeit ist jene Zeit gemeint, bei der in den mittleren Tönen der Fotografie die ersten Schwärzungen erscheinen. Bei meinem Papier und bei meinem (frischen) Entwickler beträgt diese Bildspurzeit ca. 30 Sekunden. Diese Zeit muss man nun messen und danach mit 6 multiplizieren, um auf die gesamte Entwicklungszeit zu kommen. Irgendwann wird der Entwickler leicht „erschöpfen“ und um dies zu kompensieren, muss man die Entwicklungszeit verlängern. Da sich bei einem leicht verbrauchten Entwickler auch die Bildspurzeit verlängert, kann man sich die nun nötige Zeit leicht ausrechnen. Wenn Sie noch etwas mehr zu dem Thema erfahren möchten, lesen Sie meinen Artikel zur Bildspurzeit.
Es ist klar, dass meine gesamten Probestreifen zuvor genau so entwickelt worden sind. Denn diese sollten ja möglichst authentisch sein.
Etwas zur Konzentration des Entwicklers: Es hat sich heraus gestellt, dass jene bei mir nicht das Bildergebnis bestimmt. Das heißt: Setzen Sie Ihren Positiventwickler ruhig fett an. Sie werden mit kürzeren Bildspurzeiten belohnt, was insbesondere bei Barytpapier wichtig ist. Ferner hält sich ein hoch konzentriert angesetzter Entwickler viel länger. So kann ich auch nicht bestätigen, dass ein höher konzentriert angesetzter Positiventwickler den Kontrast des Fotopapiers erhöht, schön wär’s. So hätte ich meinem Acker noch etwas mehr Pfiff geben können, hätte dann aber gleichzeitig auch die Gradation-0-Nachbelichtungen etwas länger halten müssen. Dies aber nur am Rande, denn das Foto schwimmt noch im Entwickler: Ich bewegte das Bild kontinuierlich in diesem, indem ich leicht die Schale an einer Ecke anhob und wieder abstellte. Der Entwickler sollte natürlich an allen Stellen gleichmäßig wirken. Nach drei Minuten war meine Gesamtentwicklungszeit herum und ich hob das Papier an einer Ecke hoch, um es abtropfen zu lassen. Bei großen Formaten nutze ich hierzu direkt die Hände und benutze auch keine Handschuhe. Das Bild war nun ausentwickelt. Es wäre nicht mehr viel passiert. Ich hatte bei manchen Leuten beobachtet, dass diese das Fotopapier beim Abtropfen schütteln. Dies sollte man insbesondere mit PE-Papier nicht tun: Schnell hat man dadurch Knicke in der Kunststoffoberfläche.
Das Stoppen im Stoppbad führe ich ganz nach Herstellerangabe durch.
Die Zweibadfixierung
Nur beim Fixieren gönne ich mir einen leicht höheren Aufwand: Ich fixiere meine Fotografie gleich zwei Mal: In der ersten Schale wird ein hoch konzentrierter Fixiereransatz verwendet, indem das Bild für genau eine Minute fixiert wird. Hernach kommt es in die zweite Schale, welche mit einem Fixierer-Ansatz gleicher Konzentration gefüllt ist. Auch hier beträgt die Fixierzeit nur eine Minute. Das reicht völlig aus! Mit einem Stückchen Film überprüfe ich die Aktivität des ersten Fixierers. Lässt diese nach, entsorge ich den ersten Fixierer (der stets am meisten erschöpft ist) und fülle diese Flasche mit dem zweiten auf (der stets am geringsten erschöpft ist). Der zweite Fixierer wird neu angesetzt und bleibt somit immer frisch. Ein erhöhter Verbrauch an Chemie findet nicht statt. So ist eine absolut sichere Fixage garantiert und dies bei sehr kurzen Zeiten: Ich muss das Fotopapier später nicht so lange Wässern!
Das Wässern des Abzuges
Meinen Handabzug konnte ich bereits im zweiten Fixierer betrachten. Denn an dieser Stelle schalte ich immer das Raumlicht ein. Als nächstes lege ich das Papier in eine leere Schale und hielt diese unter den Wasserhahn. Hier wurde schon einmal der gesamte äußere Fixierer abgespült. Hernach legte ich die Fotografie in eine größere Schale mit Wasser, wie man beim Angeln die Fische in einen Eimer legt.
Es ist nicht unbedingt nötig, stets für frische Wasserzufuhr zu sorgen, selbst bei Barytpapier. Vielmehr sollte das Wasser ab und zu gewechselt werden. Denn ein Abzug wässert, indem durch einen Konzentrationsaustausch die Fixiererreste von innen nach außen gesogen werden. Dazu kann das fotografische Papier ruhig still im Wasser liegen. Man kann diesen Prozess anfangs sogar anhand kleiner Bläschen an den Kanten des Papiers beobachten. Nur ab und zu stupse ich das Papier an. Nach ungefähr 30 Minuten im Wasserbad nahm ich meine Fotografie heraus und gönnte ihm eine Selentonung. Hinweis: PE-Papier kann kürzer gewässert werden. Bei kleineren Formaten nutze ich generell einen Papier-Wascher (Bild rechts). Hier wird beständig ein Rinnsal Wasser oben eingegeben, unten fließt das Wasser mit der Chemie wieder heraus. So etwas könnte man sich aber auch selber bauen. Zum Wässern von Fotopapier hatte ich auch einen separaten Artikel geschrieben.
Noch einmal der Hinweis: Es ist nicht notwendig, das Papier zum Beispiel minutenlang unter einer Duschbrause zu Wässern: Wässern heißt nicht Waschen. Beim Wässern muss ein Stoffaustausch realisiert werden. Die Chemie muss aus dem Papier heraus gesogen werden und dies wird ganz von alleine durch einen natürlichen Konzentrationsausgleich realisiert werden. Die Chemie wird dann zum Boden sinken. Idealerweise besitzen Wässerungsvorrichtungen daher unten eine kleine Öffnung zum Abfließen und darüber ein Sieb, damit das Papier oben bleibt. Von oben kann dann frisches Wasser hinein rieseln. Händische Wasserwechsel erfüllen diesen Zweck jedoch genau so gut. Immense Wassermassen müssen Grundsätzlich nicht verbraucht werden. Der Vorgang der Wässerung kann durch ein zwischengeschaltetes Auswässerungs-Beschleunigerbad zeitlich verkürzt werden. Ich nehme dazu (bei Barytpapier) einfach eine Handvoll Soda-Pulver aus dem Edeka. Man sollte nämlich auch daran denken, dass das Fotopapier durch zu exzessives Wässern zerstört- oder wenigstens in dessen Struktur verändert werden kann.
Finish: Die Selentonung
Hinweis: Diesen Schritt müssen Sie nicht unbedingt vornehmen. So etwas machen nur Leute, die hier recht perfektionistisch sind. Ich tone meine Barytabzüge immer im Selentoner. Die Bildwirkung wird sich marginal verändern: Insbesondere ein gewisser Grünstich, den manche Papiere aufweisen, wird hierbei eliminiert. Weiterhin wird leicht das Maximalschwarz angehoben. Über das Tonen im Selentoner hatte ich auch einen eigenen Artikel geschrieben.
Nach dem Tonen muss das Papier erneut gewässert werden!
Das Barytpapier plan trocknen
Wenn Sie PE-Papier verwenden, dann werden Sie hier keine Sorgen haben: Sie kleben das Papier einfach gegen eine Fliese und wenn es trocken ist, gleitet es einfach zu Boden. Es wird ausreichend plan sein. Bei kartonstarkem Barytpapier funktioniert dies leider nicht. Ich setze auf das Trocknen mittels Nassklebeband:
Bei der Klebebandmethode, die ich in diesem Artikel ausführlich vorstelle, erhält man endlich einen absolut planen Abzug ohne die hässlichen Wellen an den Rändern.
Finish 2: Das Fotopapier polieren
Wenn Sie Hochglanz-PE-Fotopapier nutzen, ist dieser Schritt nicht relevant. Falls Sie versuchen werden, Glanz-Barytpapier in eine Trockenpresse mit Hochglanzfolie einzuspannen ebenso. Wenn Sie jedoch, so wie ich, Baryt-Glanzpapier lufttocknen, dann können Sie noch ein Quentchen mehr Brillanz heraus holen, wenn Sie das kartonstarke Fotopapier anschließend ganz dünn mit Bienenwachs einreiben bzw. polieren. Je nachdem, wie viele Schwärzen das Motiv besitzt, werden diese danach augenscheinlich noch etwas schwärzer abgebildet: Der Partialkontrast erhöht sich ganz leicht. Insbesondere bei Fotopapier mit matter Oberfläche zeigt dies Wirkung. Zur Technik des Polierens habe ich einen separaten Artikel geschrieben.
Arbeitsschritte notieren
Sie haben nun mitbekommen: Ich fertige keine reine Positiv-Kopie des Negativs an, sondern arbeite immer mit einer gewissen analogen Bildbearbeitung. Damit ich die einzelnen Arbeitsschritte später in gleichen Verhältnissen wiederholen kann, fertige ich mir hierzu Notizen an. Ganz oben hatten Sie ja bereits Einblick in die „Nullkopie“ des Motivs nebst den Notizen. Hierzu führe ich einen Ordner, in welchen ich all diese Drucke einhefte:
Hier haben Sie einmal den Blick auf ein ganz anderes Motiv – nebst den erwähnten Notizen. Damit das Bild visuell wirkt, wende ich eine gewisse Bildbearbeitung an. Im Kern wird das Multigradepapier immer nacheinander für verschiedene Regionen mit unterschiedlich farbigem Licht belichtet, um unterschiedliche Regionen unterschiedlich hart (bzw. weich) abzubilden. Dies notiere ich mir für spätere Abzüge in meinem Ordner. Nebensächliche Bildelemente werden in sich selbst weich abgebildet. Konkrete Elemente werden in sich selbst hart dargestellt*. Das Auge wird zum Hellen geführt. Dies ist das Geheimnis einer guten Bildbearbeitung bzw. Interpretation des Negativs.
*Dies geht nur mit Multikontrastpapier. Beim obigen Beispielfoto z. B. durfte die vordere Wiese nicht zu stachelig erscheinen, da sie nebensächlich ist: Sie wurde primär mit gelbem („weichem“) Licht belichtet. Die Baumstämme im Hintergrund erhielten jedoch mehr „Gradation 5“ bzw. Magentalicht. Diese Region sollte härter abgebildet werden.
Diese Neuerscheinung richtet sich an Fortgeschrittene in der Dunkelkammer: Es werden Techniken wie beispielsweise das Vorbelichten von Fotopapier, das Entwickeln von Farbnegativen sowie einige Edeldruckverfahren und andere Kreativtechniken behandelt.
Zusammenfassung
Wie Sie festgestellt haben (wenn Sie so lange durchgehalten haben), bedarf es für einen qualitativ guten Handabzug ein gewisses Maß an Vorbereitung und Arbeit. Insbesondere das Analysieren des Bildes nach den Kriterien des lokalen Kontrastes und der Helligkeit von Bildelementen gegenüber anderen ist ein Prozess, der meines Erachtens nach sehr wichtig ist. Meine Farbfotografien bearbeite ich ausschließlich am Computer. Das Vorgehen ist hier genau das gleiche wie in der S/W-Dunkelkammer. Die Prinzipien sind völlig gleich.
Grundlegendstes Merkmal meiner Fotografie ist das Führen des Auges: Es gelangt vom Dunkeln ins Helle. Und dieses Bildzentrum leuchtet sozusagen. Es entspricht einer gewissen Seheigenschaft, dass man ein „Ziel“ immer im Hellen vermutet.
Dieses Prinzip machte ich mir zu Nutzen, indem ich die Bereiche um das helle Zentrum bewusst dunkler gestaltete. Ich bin mit dem Vordergrund meines Bildes noch nicht ganz zufrieden: Beim nächsten Mal werde ich diesen etwas kürzer nachbelichten. Die hierzu ermittelten Zeiten hatte ich mir ja auf dem Ausdruck meiner Nullkopie notiert. Bei einer späteren Vergrößerung muss ich die einzelnen Zeiten nur in Prozentwerte umrechnen und würde dann wesentlich schneller zur Vergrößerung gelangen.
Für meinen S/W-Handabzug hatte ich ca. drei Stunden gebraucht, bis die Fotografie im Wasserbad schwamm. Durch meine „Probeschnipsel-Methode“ benötigte ich lediglich ein einziges weiteres Blatt Fotopapier. Vielleicht sind drei Stunden für Sie eine lange Zeit. Doch ein Abzug, der nicht nur eine bloße 1:1-Kopie des Negativs darstellen- sondern einen schöpferischen Prozess beinhalten soll, benötigt in der Anfertigung einfach ein gewisses Maß an Zeit.
So fotografiere ich auch sehr selten bzw. ziehe nur wenige Bilder ab. Ich setze hier mehr auf Qualität als auf Masse.
Hallo Thomas, ich schließe mich den Vorrednern an und sage „Danke!“ dafür, daß du das Thema Analoge Fotografie so klasse erklärst.
Da ich eine etwas ältere Duka-Ausrüstung vor der Verschrottung retten konnte möchte ich mich nun dem Thema wieder verstärkt widmen.
Die ersten sw-Filme sind entwickelt, Kleinbild und Mittelformat (eine Pentax 645 war auch in der Erbmasse), jetzt gehts an das Vergrößern.
Dank deines tollen Blog werden viele viele Fragen beantwortet; nicht alle, aber bei dieser Kunst muss man seinen eigenen Weg finden!
Bleibe bitte am Ball, sodass dieses wunderbare Hobby vielen Menschen wieder nähergebracht werden kann! LG, Sebastian
Hallo Sebastian, das freut mich 🙂
Moin, danke für den Artikel. Ich hab eine Frage. Es gibt die sogenannte solarcan, bei der man 0,5-1 jahr durch ein kleines loch s/w Fotopapier belichtet. Die meisten scannen im anschluss das papier wodurch das bild zerstört wird. Meine Überlegung ist, kann man das papier nicht einfach fixieren? Grüße Arne
Hallo, das hatte ich mir auch schon einmal überlegt. Das wird aber vermutlich nichts bringen. Denn das Fixieren kann man eigentlich als „Ausbleichen“ bezeichnen: Alles Bildsilber auf dem Papier wird ausgespült – außer das, welches a) belichtet und b) entwickelt wurde. Da bei einer Solargraphie keine Entwicklung im Entwickler statt findet, wird vermutlich das gesamte Bild sofort durch den Fixierer weiß werden, genau so wie ein belichteter Film schnell transparent wird, wenn man ihn gleich im Hellen in den Fixierer taucht.
Viele Grüße zurück!
Super Artikel.
Kennst du jemanden im Bonner Raum der meine Fotografien so ausbleichen könnte? 🙂
Leider kenne ich da niemanden.
Lieber Thomas, ich mache das alles zwar ein bißchen anders, vielleicht geprägt durch meine Vergangenheit: Vor 30 Jahren gab es kein Multigradepapier. Dennoch ist dies eine anschaulich dokumentierte Vorgehensweise, welche auf die Feinheiten des Bildes Rücksicht nimmt. Und auf diese kommt es letztlich an.
Vielen Dank für diesen tollen Artikel – mein erster Abzug liegt noch vor mir, aber Deine Erfahrungen, die Du hier so ausführlich vermittelst, werden mir helfen den Einstieg zu finden.
Vielen Dank für diesen tollen Artikel.
Ich bin gerade dabei meine Dunkelkammer einzurichten um endlich echte Bilder in den Händen zu halten.
Dein Artikel beantwortet schon eine Menge meiner Fragen und macht Lust weiter auf deinen Seiten zu stöbern.
Grüße aus dem Taunus
Aaron
Wow! Ich bin zwar (noch) ein Neuling auf dem Gebiet, aber ich hab deinen Artikel verschlungen! Super erklärt! Überhaupt, die gesamte Page ist für mich der Hammer! Wie du am Anfang geschrieben hast, in deutscher Sprache gibt es leider kaum Infos…
Großes Dankeschön, liebe Grüße Daniel 😉