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Schroffe Bilder: Grobes fotografisches Korn provozieren

ThomasKategorie: Blog noch keine Kommentare

Sanfte Grautöne, feines Korn, sauber durchgezeichnete Lichter und Schatten: In diesem Beitrag soll mit einem S/W-Film genau das Gegenteil erreicht werden – ein „derber“ analoger Look

viel fotografisches Korn Symbolbild

Ich denke, es gibt viele Interessierte an der analogen Fotografie, die überhaupt nicht die hohe Abbildungsqualität suchen, die im analogen Mittel- oder gar Großformat möglich ist. Vielmehr reizvoll sind hier solche Bilder, wie man sie vielleicht noch von alten Stern-Reportagen der 1970er Jahre kennt – S/W-Fotos im schummrigen Licht, viel Schwarz, grelles Weiß, deutlich sichtbares Filmkorn. Ich besuchte jüngst eine Fotoausstellung mit Bildern von Daido Moriyama (→ einige Fotos im Internet). Dieser ist bei weitem nicht der einzige, welcher als Stilmittel den grob abbildenden S/W-Film mit viel Filmkorn, pechschwarzen und grellweißen Flächen schätzt.

 

Fotos auf einer Ausstellung

Fotografien auf der Moriyama-Ausstellung

Obgleich ich kein großer Freund solcher Bilder bin, weckte dies dennoch für einen Beitrag auf dieser Internetseite meinen Experimentiertrieb und ich überlegte mir:

Wie erhalte ich auf einfache Weise und rein analog S/W-Bilder, die eben nicht „geleckt“ ausschauen sondern eher grobkörnig und wenig schmeichelhaft sind?

Welches Filmformat?

Je kleiner das Filmformat ist, desto höher müssen die Negative später vergrößert werden. Idealerweise nutzt man daher eine Halbformatkamera. So etwas hätte ich gerne. Ich nahm daher einfach meine „Vollformat“ Kleinbild-Spiegelreflexkamera.

Welcher Film?

Ich weiß, zunächst ist es der S/W-Film, welcher bereits durch die Größe seines Korns maßgeblich für den Erfolg des Experiments verantwortlich ist. Daher kommen für mich nur wenige Kandidaten in Frage, denn das gröbste Korn haben hochempfindliche Filme: Den Kodak Tmax 3200 bzw. den Ilford Delta 3200 hatte ich leider nicht parat – aber einen guten alten Bekannten, nämlich den Fomapan 400. Dieser Film ist ziemlich grobkörnig und zudem relativ günstig.

Unterbelichten bzw. Pushen

Belichtet man einen Film viel zu knapp, muss er im Anschluss länger entwickelt werden, damit die Mitteltöne und Lichter wieder zur genügenden Deckung kommen – sie werden sozusagen angehoben bzw. es findet eine Push-Entwicklung statt. Und jetzt kommt’s:

Durch das Pushen wird das Filmkorn betont.

Häufig wird dies als nachteilig empfunden. Dem Wunsch nach grobem Korn kommt dies jedoch entgegen. Außerdem werden dunkle Bildbereiche nun durch die Unterbelichtung oft flächig-schwarz abgebildet. Dieses Nicht-Vorhandensein von Schattenzeichnung verleiht den Bildern meist etwas Düsteres – genau wie bei den Fotografien vom eingangs erwähnten Moriyama.

 Ich belichtete den Fomapan 400 daher so, als hätte er eine Empfindlichkeit von 1600 ASA. Ich stellte an meiner Kamera (bzw. an dessen integrierten Belichtungsmesser) 1600 ASA / DIN 1600 ein. Man kann davon ausgehen, dass der Fomapan 400 tatsächlich nur eine Empfindlichkeit von 200 ASA besitzt. Somit wäre er um drei Blenden unterbelichtet.

Hier kam meine Kamera teilweise bereits an ihre Grenzen: Bei Sonnenschein und eher offener Blende landet man dann schnell bei Zeiten um die 1/4000 Sekunde. So schnell ist meine Kamera nicht. Daher nutze ich in solchen Fällen einen Graufilter.

Grobkörnigen Entwickler nutzen

Rodinal EntwicklerEs ist grundsätzlich zu empfehlen, dass man seine S/W-Filme daheim im Bad selber entwickelt (zumindest wenn man einen solchen häufiger belichtet). Es gibt S/W-Negativentwickler, die das Filmkorn recht fein „heraus arbeiten“, soweit es der entsprechende Film zulässt. Es gibt jedoch auch Entwickler, die in dieser Hinsicht doch recht »rabiat« vorgehen. Rodinal ist ein solcher. Ich habe immer etwas Rodinal im Hause (derzeit unter dem Namen „Adonal“), denn für manche 100-ASA-Filme und weniger empfindlichere bzw. sehr feinkörnige nutze ich es manchmal, da das Konzentrat ewig hält, günstig ist und der Entwickler recht scharf arbeitet (das Korn nicht „rund lutscht“).

Normalerweise empfehle ich Rodinal ganz und gar nicht für den von mir hier verwendeten Foma 400 – generell nicht für höher empfindliche Filme (für ASA-100-Filme und darunter ist er jedoch sehr gut).

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Rodinal (auch unter R09, Adonal, ... vertrieben) steht in fast jeder Dunkelkammer, denn man muss nur einen winzigen Teil des Konzentrats in Wasser verdünnen. Der Entwickler akzentuiert die Kantenschärfe (aber auch das fotografische Korn) und dieser Entwickler ist günstig sowie sehr gut dokumentiert.

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Für meine Testfotos, die ja so richtig schön grobkörnig kommen sollten, verwendete ich Rodinal im Ansatz 1+50 bei 25 Grad Celsius – also sehr warm. Es gibt Hinweise, aus denen hervorgeht, dass dieser Entwickler bei kalten Temperaturen feinkörniger arbeitet. Also verhielt ich mich hier – wie so ein aufmüpfiger Teenager – für meine „frechen“ Bilder genau gegenteilig und setzte Rodinal warm an.

Ob eine erhöhte Temperatur hier auch ein gröberes Korn liefert? Für so eine Behauptung müsste man dann einen A-B-Test machen. Zumindest jedoch verkürzen sich dadurch die langen Push-Entwicklungszeiten (siehe auch → Tabelle abweichende Entwickler-Temperaturen).

Ich entwickelte meinen auf 1600 ASA belichteten Fomapan 400 in 25 °Celsius warmem Rodinal im Ansatz 1+50 15 Minuten lang (jede halbe Minute kippen). Ich empfehle nach Sichten der Negative eine längere Zeit. Ich würde beim nächsten mal gleich auf 20 Minuten gehen.

Beispielfotos mit grobem Korn

Ich hatte eigentlich mit noch etwas „derberen“ Bildern gerechnet. Ich habe aber auch festgestellt, dass dieser grobkörnige »Look« manchen Motiven gar nicht steht, bei anderen auch gar nicht genügend zur Geltung kommt. Die Bilder können per Klick noch etwas vergrößert dargestellt werden, da das fotografische Korn untergeht, je kleiner die Abbildungen sind. Verwendet wurde, wie beschrieben, der Foma Fomapan 400 Film, gepusht und entwickelt in warmem Rodinal.

 

Foto mit provoziertem Filmkorn

Derlei provoziertes Filmkorn sieht man meist sehr gut in homogenen, mittelhellen Flächen. Um nun einen ähnlichen „Look“ zu bekommen wie bei den Fotografien auf der oben gezeigten Ausstellungsansicht, müsste man in der Dunkelkammer mit Bleichmittel auf einem Schwämmchen auf dem Papierabzug noch die Lichter stark aufhellen, dass sie fast »ausbrennen«.

 

Foto mit Filmkorn

Bei Menschen mit heller Haut kommt das Filmkorn besonders gut zur Geltung.

 

ein S/W-Foto mit einem Blatt

Bei diesem S/W-Foto jedoch sieht man das Korn überhaupt nicht – Es verschwindet innerhalb der natürlichen Motiv-Strukturen.

 

ein Schneckengehäuse

Stillleben wie dieses Bild eines Schneckengehäuses erhalten durch das sichtbare Korn etwas Artifizielles. Solche Bilder wirken dann nicht zu glatt. Ich finde hier passt es.

 

eine Landschaftsfotografie

Auch dieser Landschaftsfotografie steht die etwas schroffe Darstellung.

 

Foto mit sichtbarem fotografischem Korn

Detailausschnitt mit Filmkorn

Ein Detailausschnitt. Bei einer höheren Vergrößerung kommt das fotografische Korn auch genügend deutlich zum Vorschein. Der Effekt eignet sich für so ein düsteres Sujet wie diesen Zugfriedhof recht gut. insbesondere jedoch für die Aktfotografie wird er ansehnlich sein können.

Foto mittels Fomapan 400 in Rodinal entwickelt

Foto eines Katamarans an Land

Symbolbild Saisonende

Das viele Schwarz (durch die bewusste Unterbelichtung)  und das Korn (durch die dann lange Entwicklung des Foma 400) eignet sich insbesondere für derlei triste Motive: Die Saison ist zu Ende, der Sommer ist vorbei.

eine Produktabbildung Fomapan 400 Action 135-36

Der Fomapan 400 ist günstiger als die Briten (Ilford, Kentmere), die US-Amerikaner (Kodak) und die Japaner (Fuji). Und an seinem "schlichten Look" wird sich die letzten 40 Jahre auch nichts geändert haben: Er ist ein höher empfindlicher S/W-Film für Porträts und "Street" mit klassischer analoger Anmutung. Im Mittelformat ist er tatsächlich mein Favorit für Porträts.

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Mein Fazit

Ich finde mein Experiment ganz gut gelungen. Ohne Spezialausstattung – nämlich nur mit Fomapan 400 und Rodinal – bin ich doch zu recht körnigen S/W-Fotos gelangt. Bei größeren Vergrößerungen wird das Korn dann natürlich noch deutlicher.

Ich habe mir auch  Gedanken gemacht, wie man die Körnigkeit noch forcieren könnte:

  • Man nutzt später eine Ausschnittsvergrößerung des Kleinbildnegativs bzw. man nutzt zum Fotografieren gleich eine Halbformatkamera. Ich meine auf der oben Erwähnten Fotoausstellung auch gelesen zu haben, dass Moriyama teils eine Halbformatkamera nutzte. Sicherlich wird er in der Dunkelkammer auch stärkere Ausschnittsvergrößerungen aus den Kleinbild-Negativen vorgenommen haben.
  • Foto als Lithprint

    Fotografie in einem Lith-Entwickler entwickelt

    Apropos Dunkelkammer: Mit einem Lith-Entwickler bekommt man ebenfalls teils sehr gekörnte Abzüge zustande.

  • Es gibt Hinweise darauf, anstatt (nur) eines Negativentwicklers auch einen Papierentwickler zur Filmentwicklung zu nutzen, um somit ein sehr grobes Filmkorn zu provozieren.
  • Vermutlich wird das Korn eines Tmax 3200 oder Delta 3200 noch eine Stufe gröber sein als jenes des Fomapan 400.

Sollte mir in Zukunft ein Fotoprojekt vorschweben, bei welchem richtig grobes Korn bei den S/W-Fotos wichtig wäre (wie bei meiner Semi-Lochkamera), würde ich zunächst so vorgehen wie hier in diesem Artikel demonstriert. Ich würde jedoch zusätzlich Ausschnittsvergrößerungen vornehmen. Da hierdurch jedoch künstlich eine Art „Teleperspektive“ erzeugt wird, werde ich bereits bei der Aufnahme die nächst kürzere Brennweite nutzen – anstatt meiner Lieblingsbrennweite 35 mm also ein 28-mm-Objektiv.

Haben Sie / Hast Du auch schon einmal versucht, ein richtig grobes Korn mit konventionellem S/W-Film zu erlangen? Gibt es hierzu noch weitere Tipps?

veröffentlicht: 27.09.23 | letzte Änderung: 18.03.24

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Meine Internetseite bietet übrigens ein klassisches Inhaltsverzeichnis mit allen Artikeln – ordentlich aufgelistet.

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