Die Sonne-16-Regel (und Sonne-11-Regel) – Belichten ohne Elektronik
Mittels der Sonne-16-Regel (englisch: Sunny 16) lässt sich einigermaßen treffsicher die Belichtungszeit bzw. Blende an Kameras ohne internen Belichtungsmesser ermitteln. Hier gibt es zwei Grafiken als PDF-Datei zum Ausdrucken und Aufkleben auf die Kamera.
Die Sonne-16-Regel (Sunny 16) als Aufkleber auf einer analogen Kamera ohne Belichtungsmesser
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Es ist natürlich immer besser, wenn man einen genauen elektrischen Belichtungsmesser für das Ermitteln der korrekten Belichtungszeit bzw. Blende an der analogen Kamera nutzt. Sei es im Notfall, wenn die Batterien hierfür leer sind oder einfach nur aus Purismus und der Freude an simpler, durchschaubarer Technik: Man kann auch einfach nach der Sonne-16-Regel belichten und benötigt für die analoge Fotografie Null Elektronik:
Dank der Regel hat man sowohl die Belichtungszeit wie auch den Blendenwert bei unterschiedlichem Licht (Wetter) zur Hand. Diese Grafik kann ausgedruckt- bzw. zur Benutzung gespeichert werden. Etwas weiter unten gibt es sie auch als PDF-Datei (inkl. Gebrauchsanleitung) zum Download.
Im Englischen wird diese Regel auch „Sunny 16 rule“ genannt. Die Sonne-16-Regel ist einfach zu verstehen. Allerdings ist sie nur bei völlig manuell bedienbaren Kameras (analog wie digital) gescheit anwendbar. Belichtungszeit und Blende muss man also getrennt voneinander und in mehreren Stufen frei einstellen können:
Solch eine alte Klappkamera eignet sich sehr gut für die Sonne-16-Regel, denn an ihr kann man sowohl die Belichtungszeiten wie auch die Blendenwerte manuell in vielen Schritten einstellen. Und da sie keinen internen Belichtungsmesser besitzt, kommt man bereits mit der Sunny-16-Regel zu einigermaßen korrekt belichteten Fotografien.
Die Belichtungszeit
Die Belichtungszeit ergibt sich aus der Filmempfindlichkeit. Zunächst muss man also in Erfahrung bringen, welche (feste) Filmempfindlichkeit („ISO“) der eingelegte Film überhaupt besitzt:
Der hier abgebildete Agfaphoto APX 100 Kleinbildfilm besitzt eine Filmempfindlichkeit von ISO 100. Diese Angabe steht irgendwo auf der Verpackung und viele Filme tragen diese Angabe (50, 100, 200, 400, …) auch im Namen – wie beispielsweise der Tmax 400 (ein Film mit der Empfindlichkeit von ISO 400) oder der Adox CHS 25 (ISO 25).
Laut der Sunny-16-Regel ist die Belichtungszeit der Kehrwert der Filmempfindlichkeit:
Belichtungszeit = 1/Filmempfindlichkeit
Dies ist der erste Wert, welcher bei dieser Regel zu beachten ist.
Als Beispiel bleiben wir bei dem oben abgebildeten APX-100-Film mit der Empfindlichkeit von ISO 100 (bzw. 100 ASA):
Jetzt wissen wir die an der Kamera manuell einzustellende Belichtungszeit – 1/100 Sekunde. Allerdings lässt sich diese 1/100 Sekunde nur an den ganz alten analogen Kameras einstellen. Bei den meisten ist dann die 1/125 Sekunde der korrekte Wert bei der Verwendung von einem ISO-100-Film (also der nächste bzw. naheliegendste Wert).
Nutzt man einen ISO-400-Film in der Kamera wäre die an der Kamera manuell einzustellende Belichtungszeit eigentlich die 1/400 Sekunde. Doch diesen Wert gibt es bei den Zeiteneinstellungen der analogen bzw. mechanischen Kameras nicht. Hier stellt man dann einfach die Zeit 1/500 Sekunde an der Kamera ein usf.
Für die Sunny-16-Regel bleibt diese Belichtungszeit (zunächst) stets fest eingestellt – egal bei welchem Licht. Wir benötigen noch den zweiten Wert:
Die Blende
Daher also auch der Begriff – Sonne-16-Regel.
An einem schönen Sonnentag belichtet man Motive, welche direkt von der Sonne beschienen werden, bei einem ISO-100-Film also mit der Belichtungszeit 1/125 Sekunde und Blende 16 – Ganz einfach.
Bei bewölktem Himmel
Doch was ist, wenn die Sonne von Wolken bedeckt ist, wenn es deutlich dunkler ist? Auch hier lässt sich die Regel, etwas abgewandt, anwenden – Hierzu sei noch einmal die Grafik vom Anfang abgebildet:
Bei Wolken bzw. bei nicht direktem Sonnenschein variiert man die Blende (die Belichtungszeit wird nicht verändert). Diese Grafik kann man sich im Smartphone abspeichern. Oder man druckt sie als Aufkleber aus oder man legt sich den Zettel ins Portmonee.
Alles ist hier Grau in Grau: kein heiteres Wetter. Man nehme bei solch einem Licht den Wert unter der dunkelsten Wolke bei dem Aufkleber (Blende 5,6). Würde hier die pralle Sonne auf das Motiv scheinen, sollte man wiederum die Blende 16 am Objektiv einstellen. So einfach ist dies zunächst.
Sollte es richtig regnerisch (düster) sein oder sollte die Sonne bereits unter gehen, dann empfiehlt sich ein noch weiteres Öffnen der Blende (Blende 4). Im Zweifel nimmt man die Blendeneinstellung mit dem geringeren Wert.
Der Twinmate L-208 von Sekonic ist der wohl günstigste externe Handbelichtungsmesser, den es auf dem Markt zu kaufen gibt. Er misst das Umgebungslicht entweder direkt (Motivmessung) oder via Kalotte (tatsächliche Lichtmessung). Gerade durch letztere Methode ist eine sichere Messung- bzw. ein korrekt belichtetes Bild möglich.
Blende und Zeit zusammen ändern
Die Sonne-16-Regel ist ziemlich simpel, weil man stets die Belichtungszeit unverändert lässt und je nach Lichtverhältnis bzw. Wetter einfach die Blende des Kameraobjektives variiert. Solch eine simple Grafik ist ja ein gutes Hilfsmittel hierfür.
Wer kein Anfänger innerhalb der Fotografie ist, weiß sicherlich, dass man mit dem Ändern der Blende die Schärfentiefe ändert.
Es ist sicherlich häufig gewünscht, die Blende nicht so weit zu schließen, um bei Porträts einen unscharfen Hintergrund zu erreichen.
Angenommen, es ist leicht bewölkt aber heiter und man verwendet in der Kamera einen Film mit der Empfindlichkeit von 100 ASA (ISO 100) wie zum Beispiel den Kodak Ektar 100. Dann müsste man laut der Grafik bei der Belichtungszeit von 1/125 Sekunde (1/100 Sekunde) die Blende 11 (f/11) wählen. Damit wäre das Bild sicherlich gut belichtet.
Bei Blende 11 hat man jedoch bereits eine sehr hohe Schärfentiefe und der Hintergrund wäre ggf. zu scharf widergegeben.
Man muss einfach beide Einstellungen um je einen Wert gleichzeitig verändern:
Man stellt hierzu die Blende um einen vollen Wert auf f/8 und gleichzeitig das Zeitenrad um einen vollen Wert auf die 1/250 Belichtungszeit. Dies ginge freilich noch weiter: Man stellt die Blende weiter um einen vollen Wert auf f/5.6 und gleichzeitig das Zeitenrad auf die nächst schnellere Belichtungszeit von 1/500 Sekunde usw. usf. So bleibt das Verhältnis zwischen Blende und Belichtungszeit immer gleich – Die Lichtmenge ist stets die Selbe!
Sonne-11-Regel
Die Sonne-16-Regel ist vielerorts beschrieben und nichts Neues. Es ist m. E. nach empfehlenswert, besser die „Sonne-11-Regel“ zu nutzen:
Dies ist natürlich nichts anderes als die Sunny 16 Regel, nur dass die Blenden um einen vollen Wert herunter gerutscht sind: Man belichtet hier etwas reichlicher – und zwar um einen vollen Wert, also um einen ganzen EV-Wert reichlicher bzw. um eine Blende reichlicher – je nachdem welches fotografische Vokabular man hier bevorzugt.
Insbesondere bei prallem Sonnenschein wird es viele Schatten im Motiv geben. Diese werden bei zu knapper Belichtung gerne pechschwarz abgebildet, ohne Zeichnung. Wer einen eher konservativen Anspruch an die Schattenzeichnung bei den eigenen Fotografien hat, sollte daher besser nach der „Sonne-11-Regel“ belichten.
Grundsätzlich ist es ohnehin anzuraten, im Zweifel lieber etwas länger zu belichten, falls möglich (Ausnahme: Die Verwendung von Diafilm statt Negativfilm).
Download als PDF
Beide Grafiken sind als PDF-Datei im Din-A4-Format zum Download verfügbar:
Dieses Formular enthält noch einmal eine Anleitung. Man kann sich die Bilder dann einfach ausschneiden und z. B. als Aufkleber auf die Kamera kleben:
Fazit
Mittels der Sonne-16- bzw. der Sonne-11-Regel (für die konservativen Geschmäcker) kommt man zur Not ebenfalls zu korrekt belichteten Fotografien. Dies funktioniert bei homogenen Beleuchtungssituationen recht gut (meist Landschaften unter freiem Himmel). Besser als solch ein Aufkleber auf der Kamera ist ein Belichtungszeiten-Messschieber zum selber Bauen. Die verschiedenen Lichtverhältnisse sind dort feiner abgestuft und: Man kann die gewünschte Zeit- Blendenkombination ohne Umdenken direkt ablesen, wenn man bei einer bevorzugten Blende belichten möchte. Und natürlich gibt es auch min. ein Programm für das Smartphone.
Ansonsten ist so ein simpler Aufkleber bestens für Fotofreunde geeignet, welche keine große Wissenschaft aus der Fotografie machen- und ohne Messerei sofort loslegen wollen. Wer noch weniger Entscheidungsfreiheit innerhalb der analogen Fotografie wünscht, sollte sich unbedingt einmal die alte Boxkamera ansehen. Denn dort kann man (fast) gar nichts einstellen und gelangt trotzdem zu interessanten Fotografien.
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Sunny 16 kann man nur jedem Analogfotografen ans Herz legen. Ich nutze sie zwar nur selten, bin aber froh, drauf zurückgreifen zu können und mache dabei eigentlich nur extrem selten Fehler.
Ich übe sie, unabhängig davon, ob ich sie nutze oder nicht, aber auch wirklich bei jeder Fototour. Auch dann, wenn ich eine Kamera mit Zeitautomatik (Nikon FM3a) oder eine mechanische mit internem (Nikon F2AS) oder Handbelichtungsmesser (Rolleiflex 3.5E und Hasselblad 501CM) verwende. Ich überlege grundsätzlich nach ehe ich die Kamera ans Auge hebe (oder den Lichtschachtsucher öffne), was denn meiner Meinung nach die passende Belichtung wäre, ehe ich sie dann anschließend mit den Messmitteln verifiziere. Meistens liege ich auf eine halbe Blende genau richtig und das reicht vollkommen (im Zweifel bei Negativfilm immer die niedrigere Blende, also ein bisschen mehr Licht).
Das Einschätzen von Lichtverhältnissen bezogen auf die Belichtung eines Filmes einer bestimmten Empfindlichkeit ist sicherlich eine „Königsdisziplin“. Nur wenige können das heute noch bzw. sind komplett auf elektronische Hilfsmittel angewiesen. Ich denke, früher (vor 80 Jahren) konnten dies damalige Fotografen noch viel häufiger bzw. hatten sich hierfür auch ein Gefühl, so wie Du, antrainiert. Mit den Ableitungen der Sunny-16-Regel klappt es auch einigermaßen bei wolkigem Wetter gut. Man muss halt etwas nachdenken. Nur in Innenräumen wird es damit etwas schwierig. Da ist es dann meist immer „stark bewölkt“.