Stimmt die angegebene Empfindlichkeit meines Filmes?
Ein 100-ASA-Film hat eine Empfindlichkeit von 100 ASA und ein „400er“ eine von 400 ASA. So steht’s zumindest auf den Verpackungen. Doch kann ich mich auf diese Angaben verlassen?
Generell gehe ich erfahrungsgemäß mit den Angaben auf den Verpackungen konform – zumindest was Filme bis 100 ASA anbelangt. Bei der 400er Fraktion bin ich manchmal etwas vorsichtiger und frage mich, ob diese tatsächlich so empfindlich sind. Doch dies lässt sich leicht testen.
Für solche Tests nutze ich gerne meine Kleinbildkamera. Denn hier kann ich einfach die gewünschte Anzahl Aufnahmen machen, die Kamera in der Dunkelkammer (oder im Wechselsack) öffnen und den Film einfach durchschneiden bzw. nur das belichtete Stückchen Film entnehmen. Es muss keinesfalls ein ganzer Film verschossen werden!
Was ist Filmempfindlichkeit?
Natürlich kann man diese Frage wissenschaftlich beantworten. Ich möchte anders herangehen und mich hierbei nur an der Praxis orientieren: Ein schwarzer Gegenstand, welcher für unserer Auge noch gerade soviel Licht (zu uns) reflektiert, dass Zeichnung sichtbar ist, muss auch auf dem Film gerade so noch Zeichnung abbilden. Für den „schwarzen Gegenstand“ verzichte ich zur Erklärung gerne auf den Gegenstand und nehme hierzu einen schwarzen Pudel (der, der bereits schon in anderen Artikeln hier aufgetaucht ist, neben einigen Katzen übrigens). Jener soll ja auf meinem Bild keinen schwarzen Klecks abbilden sondern soll noch ganz leichte Schattierung im Schwarz des Fells aufweisen. Schattierungen sind sehr wichtig für das Suggerieren von Dreidimensionalität auf einem zweidimensionalen Medium (Foto).
* Mit „meinem Prozess“ meine ich beispielsweise die Art, wie ich Licht messe. So muss Ihr Belichtungsmesser ja nicht unbedingt das gleiche anzeigen wie meiner. Ich meine damit aber nicht die Filmentwicklung. Denn hier kann – und dies wird häufig falsch verstanden – die Filmempfindlichkeit kaum bis gar nicht beeinflusst werden. Mit der Länge der Filmentwicklung wird lediglich der Kontrast gesteuert (also der Abstand der Lichter zu den Schatten [zum Schwarz“]), was in diesem Beitrag aber nicht relevant ist.
Der Test
Natürlich habe ich keinen schwarzen Pudel daheim und jener würde ohnehin nicht still sitzen. Ich nehme daher einfach einen anderen Gegenstand der „Farbe“ Schwarz (aber keinen, der glänzt oder schimmert), dessen Detailzeichnung für meine Augen gerade so erkennbar ist und so freilich auch für den Film erkennbar sein soll. Ich habe für den Test einfach das schwarze Täschchen meines Belichtungsmessers genommen, Sie können auch einfach eine schwarze Baumwollsocke nehmen:
Klicken Sie bitte auf die Belichtungsreihe zu einer größeren Ansicht. Wie Sie erkennen, habe ich zusätzlich noch eine Graukarte sowie ein weißes Taschentuch abgebildet. Bitte beachten Sie für diesen Beitrag lediglich den schwarzen Gegenstand.
Zunächst hatte ich sicher gestellt, dass während des Testes stets das gleiche Licht vorherrschte. Man sollte so einen Test am besten in einem Raum mit Nordfenster machen bei bewölktem Himmel. Denn sollte sich das Licht während der Belichtungsreihe ändern, wäre alles dahin! Ich wäre auch vorsichtig bei künstlicher Beleuchtung: Jene hat ja nun eine andere Farbtemperatur als Tageslicht. Es ist nicht gewiss, ob Ihr Film für diese Farbtemperatur genau so empfindlich ist wie für jene des Tageslichtes.
Gemessen hatte ich das Licht via Lichtmessung: also mit vorgeschobener Kalotte an meinem Handbelichtungsmesser (ich nutze seit Jahren den kleinen Gossen Digisix). Alternativ hätte ich auch die Graukarte mit dem in der Kamera eingebauten Belichtungsmesser anmessen können. Hierzu geht man soweit an die Karte heran, bis sie formatfüllend im Sucher erscheint. Vorsicht aber vor dem eigenen Schatten! Dieser darf bei der Messung nicht auf die Karte fallen. Eine exakte Belichtungsmessung ist sehr wichtig für den Test.
Bei meinem Empfindlichkeitstest ging es darum, ob mein 400-ASA-Film tatsächlich wie 400 ASA belichtet werden kann, bzw. ob bei dieser Kalibrierung meines Belichtungsmessers auch alle schwarzen Gegenstände noch genügend Zeichnung haben werden. Hierzu machte ich nun einfach eine Belichtungsreihe und zwar änderte ich hierbei die Blende am Objektiv um jeweils eine Blende und nicht die Verschlusszeit der Kamera. Denn ich weiß ja gar nicht, ob die Verschlusszeiten meiner Kamera präzise sind.
Das Ergebnis überrascht nicht: Bei einer korrekten Belichtung von 100% (also genau der Wert, den mir der Belichtungsmesser vorgab) ist die Detailzeichnung im Schwarz noch gut erkennbar*. Bei bereits einer Blende knapperer Belichtung ist diese Detailzeichnung lediglich noch erahnbar.
Die Mauer und die Graukarte sind jedoch etwas zu hell. Das bedeutet, dass zu lange entwickelt wurde (Kontrast bzw. Anstieg zu hoch) und nicht dass zu lange belichtet wurde! Denn mit der Länge der Belichtung steuert man die Schattenzeichnung. Mit der Länge der Entwicklung steuert man davon ausgehend die Helligkeit der Mitteltöne und Lichter, also den Kontrast.
*Hinzuzufügen sei an dieser Stelle, dass auf Ihrem Monitor die Schattenzeichnung auf dem Beispielbild nicht genügend dargestellt werden könnte, je nachdem wie hell er eingestellt ist.
Schlussfolgerung
Mein getesteter Film erreicht gerade so die nötige Empfindlichkeit, um all das abzubilden, was das Auge sieht. Ich muss hierzu aber genau „auf die Schatten messen“. Dieser Satz bedeutet übrigens nicht, dass ich die Schatten (das Schwarz) direkt anmesse, sondern dass ich eben so das Licht messe, dass die Schatten durchgezeichnet werden: also via Lichtmessung oder Graukarte (oder „Zonensystem“ – aber dies würde den Rahmen sprengen).
Ich werde diesen Film, wenn möglich, sicherheitshalber immer etwas reichlicher belichten, wenn ich mit meiner Messsucherkamera unterwegs bin und nicht via Handbelichtungsmesser eine exakte Lichtmessung vornehmen kann. Hierzu richte ich meine Kompaktamera auf eine Fläche durchschnittlicher Helligkeit (mittlerer Grauwert / z. B. der Boden) und messe an dieser Stelle das Licht. Hernach visiere ich das eigentliche Motiv an (muss freilich im gleichen Licht sein) und verwende den vorigen Messwert. So sitzt meine Belichtung immer und die Schatten sind gut durchgezeichnet.
Für Anfänger gedacht: In diesem Buch erfährt man, was beim Kauf einer analogen Kamera beachtet werden sollte, wie man damit auf S/W-Film fotografiert und auch, wie man den Film selbst entwickeln kann.
Ich lese in den entsprechenden Internetforen immer wieder, dass viele Leute mit großer Wissenschaft an das Thema „Film eintesten“ herangehen bzw. korrekt „auf die Schatten“ belichten. Im Positivprozess hingegen wird diese Akribie oftmals aber wieder zunichte gemacht, indem die Schatten dann durch Unachtsamkeit wieder „absaufen“. Wie Sie diese Schattenzeichnung später im Positivprozess auch korrekt auf das Papier bringen, lesen Sie in meinem Beitrag „Der richtige Probestreifen: Achte auf Lichter und Schatten„. Dies aber nur am Rande.
Vielen Dank für die ausführlichen und gut nachvollziehbaren Tipps zum Thema Filmbelichtung. Ich habe gestern meine erste Dunkelammersession gehabt. Da jedoch mein Ausgangsmaterial, das Negativ, oft nicht optimal belichtet wurde, helfen mir diese Infos weiter, um zu wirklich zufriedenstellenden Ergebnissen zu kommen. Was Testreihen in der Dunkelkammer und ähnliches betrifft, habe ich hier ebenfalls bereits hilfreiche Infos gefunden. Sehr schön!