Pflanzenporträts analog auf S/W-Film – Bilder und Technisches
An einem verregneten Nachmittag hatte ich mir einige Pflanzen geschnappt und sie mit der analogen Kamera auf S/W-Film fotografiert – ganz sachlich und schlicht. Hier zeige ich die Ergebnisse und schreibe etwas zu den Techniken, welche ich für meine Pflanzenporträts nutzte.
Der Herbst kommt und die Blumen auf dem Balkon gehen ein. Die große Sonnenblume hat auch noch Mehltau. Also zog ich einige Wurzeln aus der Erde, schüttelte sie etwas ab und fotografierte diese mit meiner analogen 6×6-Mittelformatkamera:
Ich finde, das quadratische Format der Mittelformatkamera passt bei diesen Motiven sehr gut!
Ein Foto von der Technik: Zur Aufnahme nutzte ich meine Arax 60 mit dem Zeiss Biometar 80 mm Objektiv. Allerdings benötigte ich für diese Pflanzenaufnahmen Zwischenringe. Denn ich musste das Objektiv recht nah an den Wurzeln positionieren.
Wie man sieht, nutzte ich für die Aufnahmen Kunstlicht (Blitzlicht). Solche Bilder könnte man auch einfacher mit Tageslicht anfertigen oder mit Dauerlicht (ich hatte jüngst einen Artikel über eine LED-Leuchte geschrieben). Ich selbst mache solche Stillleben am liebsten mit solchen alten Blitzgeräten. Man muss sie nur manuell in der Leistung regeln können.
Die Leuchte auf dem Boden strahlt den Hintergrund an. Hier verwende ich eine raue, weiße Plastikfolie. Der Kopf des zweiten Blitzgerätes auf dem Stativ ist gegen die weiße Zimmerdecke gerichtet bzw. zur weißen Wand. Dadurch erhält man ein weiches Rundumlicht (das primäre Licht bei den Aufnahmen).
Der Kopf der dritten Leuchtquelle zeigt schräg versetzt genau auf meine Pflanzen. Dieses harte Licht ist sozusagen das Salz in der Suppe: Es sorgt für den gewissen Pfiff, darf aber nicht zu hell eingestellt sein.
Meine Blitzgeräte hatte ich mittels Funkauslösern bzw. mittels Lichtzelle angesteuert. Wer mehr darüber erfahren mag, kann hier Genaueres nachlesen → analog Fotografieren mit Blitzlicht.
Es ist wichtig, dass alle drei Lampen in der richtigen Balance zueinander in ihrer Leistung eingestellt sind. So etwas überprüfe ich mit einer Digitalkamera. Auch die weißen Wände des Zimmers spielen für die fotografische Darstellung eine Rolle. Ggf. müsste man mit einem schwarzen Karton abschatten, wenn das Licht zu „charakterschwach“ wird. Früher musste man für so etwas viele Polaroidbilder vergeuden, bis man die richtigen Einstellungen getroffen hatte.
So hatte ich mir diese S/W-Pflanzenaufnahmen vorgestellt. Benutzt hatte ich den Film Ilford HP5. Im Mittelformat nutzte ich mittlerweile bevorzugt solche höher empfindlichen Filme. Als Entwickler wählte ich dann einen Feinkornentwickler („Wehner-Entwickler“).
Ohne Makro-Zwischenringe am Objektiv hätte ich diese Wurzeln nicht scharf abgebildet bekommen. Meine Kamera hat die Möglichkeit, dass man den Spiegel vor der Aufnahme hoch klappen kann („Spiegelvorauslösung“). Dies reduziert ggf. Vibrationen. Bei solchen Stillleben nutze ich diese Funktion, denn da habe ich viel Zeit.
Aufgenommen hatte ich die Wurzeln hängend. Hierfür verwendete ich einen Blumendraht. Ein solcher ist für derlei Motive zu empfehlen: Dadurch kann man die Pflanzen ausrichten und sie drehen sich nicht mehr ständig weg, wie es bei einem Bindfaden der Fall wäre.
Ich hatte die Fotos dann gedreht. Diese Wurzeln erscheinen dann abstrakt – fast wie kleine Bäumchen. Dass die Bilder so klar ausschauen und so detailreich sind, liegt am verwendeten Licht (viel weniger an den sonstigen Faktoren). Sicherlich kann man solche Bilder auch bei „available Light“ anfertigen, wenn es entsprechend geeignet ist. Es sollte sich dann aber während des Fotografierens einer solchen Serie nicht ändern. Und: Es müsste absolut windstill sein.
Einmal damit begonnen hatte ich noch mehr auf dem Balkon gefunden:
Gewiss findet man im Internet eine Menge Bilder von bunten blühenden Pflanzen. Ich wollte die Verblühten abbilden. Die Technik war wieder die selbe wie bei den Wurzeln. Die Pflanzenbilder erinnern doch sehr an die bekannten von Karl Blossfeldt – macht ja nichts.
Für diese Aufnahmen musste ich zwei Zwischenringe zwischen Objektiv und Kamera setzen. Ansonsten wäre ich nicht so dicht an die Pflanze heran gekommen (sie ist sehr klein):
Auch hier verwendete ich wieder drei Blitzgeräte (ein schwach eingestelltes für den Hintergrund, eines als „Volumenlicht“ zum Aufhellen von Schatten, gegen die Raumdecke gerichtet und dann das harte Licht, direkt auf das Motiv gerichtet). Die Blume hatte ich zum Fotografieren auf einem Stativ positioniert. Bei solchen Makroaufnahmen sollte man es sich bequem machen können. Sonst macht das pedantische Fokussieren keinen Spaß. Die Zwischenringe schlucken übrigens eine Blende Licht. D. h. dass man dann so rechnen kann, dass der Film z. B. nicht mehr die ursprünglichen ISO 400 „besitzt“ sondern nunmehr eine Empfindlichkeit von ISO 200.
Apropos Fokussieren: Zum Scharfstellen nutzte ich eine starke Taschenlampe. Denn ich kann mit meiner analogen Kamera ja nur manuell nach Sicht fokussieren. Meine Arax besitzt jedoch eine Mattscheibe mit sogenanntem „Mikroprismenring“ – ein solcher ist beim Fokussieren bei Makros bzw. beim Scharfstellen auf Oberflächen sehr hilfreich!
Pflanzenstudien wie die berühmten von Karl Blossfeldt kann man heute auch relativ einfach selber machen. Noch etwas zum Fokussieren: Meist hatte ich auf das erste Drittel des Kopfes der Pflanzen fokussiert. Das Objektiv hatte ich auf Blende 22 abgeblendet, also stark abgeblendet. Und so schaut dies dann vergrößert aus:
Blende ich stark ab, denke ich auch immer an die sogenannte „Beugungsunschärfe„. Bei Blende 22 im Mittelformat ist hier sicherlich noch alles in Ordnung. Mehr abblenden lässt sich mein Objektiv auch gar nicht. Ich mag den „Look“ solcher analoger S/W-Pflanzendetails. Es sollte nicht alles scharf sein. Ich finde, dies sieht wesentlich schöner aus, als viele der schreienden und überschärften digitalen Bilder zu diesem Thema. Das Korn des HP5 kommt dezent zum Vorschein. Durch den Feinkornentwickler wirkt es nicht aufdringlich (ich würde diesen Film nicht mit Rodinal entwickeln). Die hohe Empfindlichkeit des hier verwendeten Ilford HP5 Films schätzte ich bei der Verwendung der Blitzgeräte, die bei so stark abgeblendeten Objektiven ansonsten schnell zu schwach sein können. Blitzt man bei stark abgeblendetem Objektiv (auch noch mit Zwischenringen), freut man sich über jede Blende Licht, die die Blitzanlage liefern kann.
Ich habe die Negative meiner analogen Pflanzenfotos bisher nur digitalisiert. Wenn ich das nächste Mal meine Dunkelkammer wieder aufbauen werde, werden diese Negative die ersten sein, die ich auf schönem Barytpapier ausbelichten möchte. Das werden dann kleine, feine Kunstwerke werden.
Schönheit liegt ja im Auge des Betrachters, aber in technischer Hinsicht wirkt das Alles nur halb bemüht und auch nur halbgar mit halbwissen durchgeführt.
Spiegelvorauslösung für nichts, auch wie die Blitze aufgestellt sind wirkt mehr nach trial and error als nach System.
Die Bilder sind mMn auch einfach schlecht geworden, kein Kontrast, keine Schärfe, viel zu klein im Bild.
Ich liebe Film, aber nur die Tatsache dass das auf Film fotografiert wurde rettet diese Bilder nicht.
Hallo Thomas,
zur Technik habe ich Fragen und Anmerkungen.
warum hast du geblitzt und kein LED Dauerlicht genommen?
Damit hättest du Licht und Schatten perfekt kontrollieren können, mit Blitz ohne Einstelllicht ist das kaum gut zu kontrollieren.
Du schreibst von einer Spiegelvorauslösung, die ist bei Blitz wirkungslos und nicht erforderlich.
Du beziehst dich auf Karl Blossfeld. Der hat seine vielen tausend Motive sehr genau ausgewählt und dann mit 9×12 auf Glasnegativ aufgenommen, und dies bis zur 20 facher Vergrößerung. Es ist nicht dokumentiert, welche Objektive er benutzt hat und mit welcher Blende, aber die Bilder zeigen bei der eingeschränkten Auflösung keine bemerkenswerte Schärfentiefe. Eine 6×6 Kamera mit einem 80mm Objektiv und zwei Zwischenringen ist für mich dafür ungeeignet. Da wäre sicher ein Balgen erforderlich gewesen.
Du schreibst, dass die Bilder sehr an Blossfeld erinnern. Das kann ich nicht bestätigen. Blossfeld hat sehr genau seine Pflanzen ausgewählt und teilweise sogar leicht bearbeitet, wenn Einzelheiten störten. Auch sind es sehr grafische, das Bild weitgehend ausfüllende Motive, die er für den Unterricht erstellt hat. Einfach eine vertrocknete Blüte zu fotografieren bringt die Bilder für mich nicht mit Blossfeld in Verbindung.
VG Dierk
Hallo Dierk, danke für den Kommentar!
Ich habe nur eine vage und grobe Vorstellung von den Arbeiten Blossfeldts. Diese Art, Pflanzen so sachlich in S/W abzubilden, wie hier demonstriert, zähle ich einfach frech dazu. Hätte ich drei schöne LED-Leuchten, hätte ich die Aufnahmen sicherlich damit gemacht. Für so etwas sind ja diese Videoleuchten sehr gut geeignet, seit sie nicht mehr so heiß werden (aber meine Pflanzen lassen ja eh schon die Blätter bzw. Wurzeln hängen). Ich habe meine Blitzanlage und komme damit gut zurecht. Die Blitzer sind ja viel stärker als LED-Leuchten: Ich kann das (wechselnde) Fensterlicht also besser aussperren und muss nicht verdunkeln. Allerdings: Ich nutze stets eine Digitalkamera als „Vorschaugerät“. Ohne Vorschau würde ich mich da nicht heran trauen. Die Blitzer haben eine Abbrennzeit von ca. 1/300 Sekunde. Hier werde ich mit der Spiegelvorauslösung sicherlich keinen Vorteil haben. Die Möglichkeit ist vorhanden bei der Kamera und bei solchen Aufnahmen habe ich Zeit, dass ich sie immer nutze. Beim nächsten Mal werde ich solche Aufnahmen mit der Kleinbildkamera machen. Ich würde mir nämlich eine höhere Schärfentiefe wünschen (Balgen und Ringe sind hier ja technisch gleich). Für die Kleinbildkamera habe ich sogar ein richtiges Makro-Objektiv. Ich bin mit meinen ersten Bildern dieser Art zufrieden und werde sie mal in der Dunkelkammer vergrößern, wenn ich meine wieder aufgebaut habe.
Hallo Thomas,
ich würde dennoch einmal versuchen den Hintergrund heller zu machen. Nicht Persilweiß – eher sehr helles grau. So würden sich die Objekte besser abheben. Wenn Du sie jetzt noch anders ausleuchten würdest dann hätten sie u.U. mehr Tiefe.
Wenn Du Schwarzweiß fotografierst kannst Du auch einen hellen farbigen Hintergrundkarton nehmen. Dann geht es einfacher. Die Dinger gibt es in verschiedenen Größen im Papierhandel (auch im Künstlerbedarf).
Wenn Du einen grauen Karton nimmst dann hast Du problemlos Dein „grau in grau“ und siehst sogar vor der Aufnahme die Wirkung.
Auf jeden Fall sollte der Hintergrund aber gleichmäßig ausgeleuchtet werden – oder wenn ungleichmäßig, dann so daß man sieht daß es gewollt und geplant ist.
Hallo Thomas,
ist es Absicht daß die Hintergründe so ungleichmäßig beleuchtet sind? So sieht es nach Pfusch aus.
In meinen Augen ist die Beleuchtung insgesamt zu flach und der Hintergrund zu dunkel. Ich würde die Sache noch einmal versuchen besser zu machen – vielleicht dann auch mit der Kleinbildkamera. Das hätte im Vergleich zur 6×6 deutliche Vorteile.
Kleiner Tipp: das Gestrüpp weiter weg vom Hintergrund. Das erleichtert auch die Ausleuchtung (2 Blitze!).
Schönes Wochenende
die Müllerin
Hallo Frau Müller, der Hintergrund gefällt mir so dunkel. Eine Version gänzlich kontrastlos „Grau in Grau“ schaut auch sehr interessant aus. Ein „Produktfoto-Hintergrund“ in Weiß wäre nichts für mich bei den Abbildungen. Allerdings gibt es einen Ausleuchtungsverlauf. Beim nächsten Mal muss ich, du schreibst es schon, weiter weg vom Hintergrund.