Ein Fotowettbewerb nur für analog fotografierte Bilder
Mit „Analog gewinnt – das Beste aus über 100 Jahren analoger Fotografie“ startet ein über mehrere Monate laufender Fotowettbewerb. Nun sind derlei Wettbewerbe nichts ungewöhnliches. Bei diesem darf man als Voraussetzung jedoch eben nur mit analogen Fotos teilnehmen.
Derzeit (Frühjahr & Sommer 2019) läuft ein Fotowettbewerb, welcher ausschließlich analog fotografierte Bilder zulässt. Das bedeutet hier: Die Bilder (Negative, Sofortbilder, Abzüge) müssen vom Einreichenden in gescannter bzw. digitalisierter Form vorliegen. Denn die Fotos müssen auf der Seite des Betreibers hochgeladen werden. Zunächst einige Informationen hierzu. Im Anschluss darf auch etwas Kritik gestattet sein. Hinweis: Die Ausschreibung ist bereits beendet.
In diesem Artikel soll es jedoch um dieses Ausschreiben gehen:
Analog gewinnt – das Beste aus über 100 Jahren analoger Fotografie
Hierzu wurde eine eigene Internetseite eingerichtet: analog-foto-wettbewerb.de.
Das Prinzip hierbei ist Folgendes: Sie müssen sich zunächst einmal auf der Seite registrieren, und zwar offenbar mit Ihrem Klarnamen, also mit tatsächlich zutreffenden Angaben. Danach können Sie bis zu 10 eigene Fotos hochladen, die mit einer analogen Kamera (Film / Sofortbild) ursprünglich angefertigt worden sind. Diese Bilder werden dann anonymisiert präsentiert.
Warum ein „Analogfotowettbewerb“ und die Prämisse, dass nur digitale Daten eingesandt werden dürfen? Die Betreiber werden sicherlich nicht mit Posteinsendungen überschwemmt werden. Der Aufwand „tatsächliche“ Fotografien zu betrachten wäre hier kein missliebiger. Der Grund liegt vielmehr darin, dass der Fotowettbewerb von LaserSoft Imaging und Plustek veranstaltet wird. Beides sind Firmen, die Produkte für die Digitalisierung von analogem Film herstellen – also Scanner bzw. Scan-Software. Von LaserSoft stammt z. B. die populäre Software SilverFast, die ich ja auch nutze.
Dass es in der Vergangenheit auch Fotowettbewerbe gab, die nur analoge Bilder annehmen aber eben auch für tatsächliche „Prints“ offen sind, zeigte Jobo artisan vor einiger Zeit.
Etwas stutzig lässt mich der Titel zurück: „das Beste aus über 100 Jahren analoger Fotografie“. Wo die (analoge) Fotografie doch weit älter ist als nur „über“ einhundert Jahre. Oder sind damit die Mitmachenden gemeint bzw. deren Alter? Schließlich kann man freilich nur selbst fotografierte Arbeiten einreichen.
Natürlich finden derlei Wettbewerbe nicht deswegen statt, weil man auf der Suche nach überragenden Fotografien ist. Sie sind ein reines Marketing-Instrument. Das ist ja auch nicht schlimm: Es ist ein „Win-Win-Konzept“. Nur, wenn man als Einreichender Bildrechte abtreten muss (das Kleingedruckte), wird es schwierig. Bei diesem Wettbewerb ist dies nicht der Fall. Der Veranstalter behält sich lediglich vor, eingesandte Fotografien im Sinne der Werbung für diesen Fotowettbewerb zu publizieren.
Dummerweise besinnt man sich auch hier auf ein viel zu bequemes „Voting-System“. Übersetzt: Nur wer möglichst viele z. B. „Facebook-Freunde“ mobilisieren kann, seinen Bildern auf der Seite der Veranstalter eine Stimme zu geben, hat überhaupt eine Chance in die Endrunde zu kommen. Denn normalerweise verirren sich ja keine bloßen Fotofreunde auf die Internetseite eines Wettbewerb-Veranstalters sondern nur diejenigen, die selbst mitmachen möchten. Und von denen drückt freilich niemand sein Entzücken für andere Einreichungen aus.
Am Ende bleiben 20 Fotografien übrig und erst jetzt wird eine Beurteilung / Auswahl durch eine (in diesem Fall allerdings nicht unkompetente) Jury erfolgen.
Die 7 Todsünden der Fotografie zeigt dem Leser die Welt von Internet-Communities, Fotoforen und -Katalogen auf und möchte Anreiz zur Selbstreflexion darstellen: »Benötige ich diese Meinungen oder behindern sie mich gar?« Auf Amazon kann man einen Blick in dieses Buch wagen.
Die 20 Preise werden dann an diese 20 übrig gebliebenen Teilnehmer verteilt. Was gibt es zu gewinnen? Vom Mittelformat-Scanner über Studiolicht bis hin zu Software (SilverFast) und anderem nützlichen Zubehör für den (Analog-) Fotografen, der mitunter auch an einer präzisen Digitalisierung seiner Negative interessiert ist. Denn genau dafür stehen ja die Veranstalter. Also alles durchaus lohnenswerte Preise im Verhältnis zum Aufwand, den man hierfür leisten muss.
Der Einsendeschluss ist zunächst für den 30. Juni 2019 vorgesehen. Man behalte sich jedoch eine etwaige Verlängerung vor. Vermutlich wird es auch soweit kommen. Denn umso länger läuft ja dann auch die mit solchen Fotowettbewerben zusammen hängende PR.
Meine Meinung hierzu: Dass insbesondere Fotowettbewerbe von Firmen veranstaltet werden, die eben auf diesem Gebiet tätig sind, ist keine Seltenheit. Es ist gut so, denn ansonsten gäbe es viel weniger solcher Ausschreibungen. Ich würde so etwas auch in Erwägung ziehen, wäre ich für das Marketing eines Herstellers verantwortlich. Allerdings wünsche ich mir hier mehr Klasse:
Solche Wettbewerbe ohne einem konkreten Bildkonzept sorgen für – etwas garstig ausgedrückt – belangloses Bildmaterial bei einem eher zweifelhaften Bewertungssystem. »Die besten Fotos aus über 100 Jahren analoger Fotografie« als Überschrift wirkt hier dann doch etwas irritierend.
Doch man muss auch die Veranstalter verstehen: Bei zu hohen Anforderungen wird es sicherlich zu wenig Resonanz geben. Die Gegenleistung (für die Preise, für die Organisation und die Bezahlung der Jury) ist in diesem Sinne ja Werbung bzw. PR und muss erbracht werden. Auch das besagte Bewerten (über „Facebook-Freunde“ und andere darauf aufmerksam gemachte Bekannte) ist sicherlich bewusst so gedacht (Teilen in sozialen Netzwerken). Und deswegen verzichtet man vermutlich auch auf per Post zugesandte Papierbilder. Schließlich kann diese (bzw. die Veranstaltung) niemand „liken“ bzw. „teilen“. Es gibt durchaus auch unabhängige Fotowettbewerbe, bei denen man allerdings zunächst einmal bezahlen muss (z. B. 15 €), um überhaupt mitmachen zu können. Dies ist hier freilich nicht der Fall. Alles ist mit wenigen Mausklicks getan.
Hallo Thomas,
Der Wettbewerb mit diesen Titel ist etwas peinlich und schnulzig.
Etwas bescheidener sollte man schon sein, wenn man belanglose Bilder bewerten möchte. Gelungene Aufnahmen sind dabei. Aber sie sind belanglos.
Die Fotoausstellung die bei mir den stärksten Eindruck hinterlassen hat, fand irgendwann in den Deichtorhallen statt. Ein namhafter Fotograf hatte Menschen porträtiert die durch Schönheit-Chirurgie entstellt wurden.
Faszinierend und schockiert zu gleich war ich von dieser Art von Perfektion und von dem Leid dieser Menschen. Worte können das nicht beschreiben was diese Fotografien vermittelten.
Beschämt und irritiert verlies ich die Ausstellung. Meine Erwartungshaltung änderte sich und frustriert packte ich 1 oder 2 Jahre später mein Fotozeug auf den Spitzboden.