Fotografie studieren: Erfahrungen zur Mappe, Eignungsprüfung und Praxis
Man kann sie in Deutschland als Lehrberuf bzw. in einer Ausbildung erlernen und man kann Fotografie an einigen Unis, FHs und privaten Schulen studieren. In diesem Artikel möchte ich etwas von Mappen, Bewerbungsgesprächen (eher „Bewerbungsturnieren“) und von der Praxis innerhalb eines Fotografiestudiums berichten und auch auf die Unterschiede zur klassischen Fotografenlehre eingehen.
Kurz etwas zu mir: Ich habe „Visuelle Kommunikation“ in Weimar studiert mit dem Schwerpunkt Fotografie. Erfahrung hatte ich zuvor durch Aufnahmeprüfungen in Hannover und in Bielefeld gesammelt. Auch an der Kunsthochschule Kassel hatte ich mich seinerzeit beworben.
Es gibt zumindest in Deutschland diverse Studiengänge, innerhalb deren man „Fotografie studieren“ kann. Je nach Einrichtung bzw. Uni heißen diese Fächer anders wie z. B. „Fotodesign“, „Kommunikationsdesign“, „Fotokunst“ oder auch „Mediengestaltung“. Vielerorts kann man sich innerhalb seines Faches orientieren. So konnte man bei uns im selben Studiengang (Visuelle Kommunikation) nur den Bereich Video belegen oder Typologie oder über das gesamte Studium hinweg alles „mal besuchen“, was ich eher weniger empfehlen würde. Man sollte sich wohl besser früh spezialisieren, sonst hat man am Ende irgendwas mit Medien studiert.
Dies gilt jedoch freilich nicht für Unis / FHs, bei denen man sich explizit für Fotografie als solche einschreiben kann (z. B. in Bielefeld oder Leipzig). Weitere Studiengänge zu diesem Thema kann man u. a. auch in Berlin, Dortmund, Köln, Essen, Hamburg oder eben Leipzig absolvieren (wenn man denn mit seiner Mappe angenommen wird). Überhaupt gibt es in Deutschland erstaunlich viele entsprechende Einrichtungen so wie auch jedes Bundesland mit mindestens einer Musikhochschule aufwarten möchte.
Der berühmte „Scheiße-Stempel“ (Replik) von Otto Steinert, der zu den Begründern der deutschen akademischen Fotografie zählt und seinerzeit an der Folkwangschule für Gestaltung in Essen lehrte.
Wenn man jedoch zynisch sein möchte, kann man hier aber auch von einem gewissen Kunststudentenkannibalismus sprechen: Studierte Fotografen (Künstler, Handwerker, Praktiker) „ernähren“ sich sozusagen von den neuen Schülern (weil sie sonst keine andere ausreichend bezahlte Arbeit auf diesem Gebiet finden). Dies tue ich ja mit z. B. dieser Infoseite über die Fotografie auch, indem ich Werbung einblende und damit tatsächlich meine Miete bezahlen kann. Bundesländer bzw. Städte halten (wohl eher aus Prestigegründen) entsprechende Studiengänge parat. Zudem gibt es mittlerweile auch viele private „Fotografieschulen“, die – genauso wie die traditionellen Volkshochschulen – entsprechende Kurse anbieten (Fotografie für Einsteiger, Nachtfotografie, usw.). Vielleicht komme ich ja über solche Einrichtungen zu einem tatsächlich soliden Einkommen auf Basis meines Studiums? Obwohl: Jeden Tag Fotos, viele Fotos ansehen und darüber reden? Ich weiß nicht, ob mir dies tatsächlich behagt. Dass man mit seinen Fotografien jedoch einfach in eine Galerie spazieren kann und dass Kopien dieser dann dort regelmäßig veräußert werden, sollte man sich wohl besser gleich aus dem Kopf schlagen: Die Konkurrenz ist viel zu groß, der Markt viel zu klein. Andernorts wird dies nicht rosiger aussehen, denn:
Wer heute Fotografie studieren möchte, dem seien vorsichtshalber gleich am Anfang zwei Sätze auf den Weg gegeben: Jeder kann fotografieren. Und: Nach euch sucht später zunächst keiner. Ein kreatives Studium in diese Richtung taugt hauptsächlich für das eigene Selbstbewusstsein und als Katalysator bzw. als Reputation für andere Bereiche (Kombinationen). Niemand wird einen frischen Absolventen für teures Geld buchen. Das Gegenteil kann freilich der Fall sein, wenn man bereits ein solides Portfolio aufzuweisen hat und kein schüchterner Einzelgänger mit Kontaktschwierigkeiten ist. Rolf Nobel, dem ehemaligen Professor für Fotojournalismus an der Hochschule Hannover, sagt man(Sekundär-) Quelle, abgerufen am 18.05.2017 folgendes Zitat nach:
Keiner von euch wird draußen gebraucht. Ihr bekommt nur Jobs, wenn ihr sie anderen wegnehmt.
Dieses herbe Zitat birgt zwischen den Zeilen aber auch etwas Positives: Wer Kunst oder Fotografie studiert, befindet sich in einem Hort (wo nicht jeder reinkommt), den es auszuschöpfen gilt: Das bedeutet Privilegien genießen und Kontakte (für später) knüpfen (Türöffner). Und: Man kann hier durchaus eine wunderbare Zeit genießen (erst Recht, wenn man BAföG bekommt). Insbesondere für diejenigen, die bereits eine („solide“) Lehre hinter sich haben und noch nicht ans Gründen einer Familie denken oder einfach jung sind oder kein bürgerliches Leben anstreben, kann ein Fotografiestudium durchaus eine Bereicherung sein bzw. zu einer gewissen Charakterbildung beitragen. Ich persönlich habe im Studium eine Menge interessanter Menschen und auch feste Freunde kennen gelernt, meine Freundin. Es war die bisher schönste Zeit in meinem Leben und auch ein wunderbarer Abschluss meiner Jugend – Wenn hier etwas Melancholie gestattet sein darf. Gleichfalls sollen aber auch zwei harte Fakten erlaubt sein: 87% der Künstler in Deutschland können sich mit ihrer Arbeit nicht ihren Lebensunterhalt verdienen Quelle: „Studio Berlin II“, IFSE (06 / 2011) und: 55% der Deutschen ist nicht die Bohne an der Kunst- und Kulturszene interessiert. Quelle: „Kunst in Zahlen“, Brand Eins (12 / 2009)
Unternehmensberaterin Jacqueline Jahn, die den Workshop leitet, sagt: „Die Studenten werden in der HGB behütet wie rohe Eier. Nach dem Diplom werden sie vor die Tür gesetzt und wissen erst mal nicht weiter.“
aus einem Artikel der »Zeit« über das Kunststudium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig (nicht mehr online)
Hilfe: Ich muss eine Mappe machen! Dieses Buch richtet sich an alle zukünftigen Designstudenten, die sich zuvor mit einer schlüssigen und überzeugenden Mappe bewerben müssen. Hier geht es um die Eignungsprüfung, um den berühmten Roten Faden, die Do's und Don'ts und nicht zuletzt um die Vorbereitung auf das Prüfungsgespräch. Auf Amazon kann man einen Blick in dieses Buch werfen:
Ob ein abgeschlossenes Fotografiestudium im Lebenslauf bei späteren Bewerbungen als positiv zu beurteilen gilt, wird sich bei mir noch weisen. Da ich jedoch genügend Zeit hatte, zur (künstlerisch orientierten) Lehre zusätzlich auch (eher autodidaktisch) das fotografische Handwerk selbst zu studieren, glaube ich durchaus an Chancen auf dem angewandten Gebiet bzw. habe gute Erfahrungen darin gemacht. Mein eigener Schwerpunkt liegt hier auf der Produkt- und vielmehr Reprofotografie. Und ja – tatsächlich: Der Hinweis auf mein abgeschlossenes Studium ist hier schon einmal ein recht vernünftiges Argument bzw. wirbt (zumindest theoretisch) für eine gewisse Qualität. Nicht verschwiegen werden soll allerdings, dass es gerade auf dem kreativen Markt letztendlich immer auf Referenzen ankommt. Da kann man noch so imposante Titel tragen: Der Kunde interessiert sich hauptsächlich für die Qualität der bisherigen Arbeit bzw. empfiehlt einen auf dieser Basis weiter.
Die ehemaligen Kommilitonen, die heute tatsächlich im Bereich Fotografie arbeiten, hatten damals jedenfalls alle immer irgendwas am Laufen bzw. nutzen die Zeit im Studium auch außerhalb der regulären Kurse für eigene Projekte oder gar erste kleine Jobs (das sind ironischerweise die, die damals öfter mal im Plenum fehlten). Von denen, die an der Uni brav nur den Pflichtteil erfüllten und danach stets wieder nachhause gingen, hört man eigentlich gar nichts mehr. Man sollte hier schon genügend Eigeninitiative mitbringen. Man wird nicht an die Hand genommen (dies gilt insbesondere für Studiengänge, an denen es keine „Klassen“ gibt bzw. keinen schulisch-linearen Aufbau, wie bei mir damals in Weimar).
Ein absolviertes Kunststudium an einer staatlichen Hochschule bzw. an einer Akademie bedeutet zunächst nur so etwas wie eine Medaille, die man sich ans Revers pinnen kann, wenn man im Anschluss hausieren geht. Es ist eine Reputation. Wenn heute (auch alte) Gemälde auf dem Kunstmarkt beurteilt werden, dann spielt es durchaus eine Rolle, ob der Urheber Autodidakt war oder an einer Akademie studierte – ganz unabhängig vom Bildnis selbst natürlich. Das gilt allerdings nicht für diejenigen, die später eher angewandt fotografieren möchten.
In diesem Beitrag soll eine subjektive Sicht auf das Fotografie-Studium dargestellt werden. Die Hinweise und Einschätzungen bitte nicht als verbindlich betrachten. Es sind meine persönlichen Erfahrungen. Weiterhin sei zu beachten, dass mein Studium selbst einen eher künstlerischen Charakter inne hatte und weniger einen angewandten. Dies sollte beim Lesen meiner Tipps immer im Hinterkopf behalten werden.
Ein paar Bücher und eine brauchbare Kamera: Insbesondere an Kunstunis wird man jedoch auch mit einer „Billigkamera“ oder Polaroidkamera durchs Studium kommen. Für Schulen, die eher angewandt lehren, gilt dies natürlich nicht. Das Fachsimpeln bzw. technische Diskussionen sind eine Domäne der Amateure bzw. Teil einer Fotografenausbildung – ein höchstens sekundärer Bestandteil jedoch im Fotografiestudium: Es reicht hier keinesfalls aus, sich allein für Technik zu begeistern (sondern für das Bild an sich, für die fotografische Serie und deren Konzeption).
Recht spät und nach dem Abi auf dem zweiten Bildungsweg in der Tasche, wollte ich es noch einmal wissen und ich liebäugelte mit einem Fotografie-Studium. Schließlich interessierte ich mich zu diesem Zeitpunkt schon viele Jahre lang für die Fotografie, für Bilder. Auch die Technik war mir kein böhmisches Dorf und ich war tatsächlich entflammt für fotografische Technik (insbesondere für die analoge Fotografie). Dass dies nicht gleich ein Garant für ein erfolgreiches Studium im Bereich Fotografie (zumindest in Deutschland) ist, geschweige denn für eine erfolgreich absolvierte Aufnahmeprüfung, merkte ich dann auch recht schnell. Der fototechnische Part spielt im Studium meiner Erfahrung nach eine untergeordnete Rolle. Da interessiert sich einfach niemand in der Aufnahmeprüfung dafür, dass ihr z. B. bereits mit einer Mittelformatkamera fotografieren könnt, etwas von Lichtsetzung versteht oder dergleichen. Hier zählen ganz andere Dinge (dazu etwas weiter unten mehr) und dies ist auch gut so.
Nebenbei: Ich erinnere mich auch an ein Gespräch mit einem Kommilitonen, der sich vor dem Studium bereits für eine klassische Ausbildung zum Fotografen bewarb: Dort sagte man ihm seinerzeit (er war zu diesem Zeitpunkt autodidaktisch bereits technisch durchaus fortgeschritten), dass man nicht wisse, was man ihm jetzt noch beibringen solle. Der Freund begann daraufhin ein Kunststudium mit guten Voraussetzungen im Handwerklichen.
Recherche nach Ausbildungsstätten
Gibt man bei Google „Fotostudium“ ein, bekommt man eine reichliche Anzahl an Treffer serviert. Auf dieser Seite und auf der Internetseite der Zeitschrift Photonews erhält man eine Vielzahl an Adressen.
Ich glaube, damals hatte ich über solche Linklisten den Weg zu den Einrichtungen gefunden bzw. erfuhr dann oft erst von deren Existenz. Wer wo Fotografie studieren kann, dies war mir seinerzeit kaum bewusst. Es gibt in Deutschland tatsächlich viele Unis bzw. FHs, an denen dies (in unterschiedlichen Gewändern) möglich ist. Weiterhin gibt es einige private Einrichtungen. Hier muss man jedoch sein Studium selbst finanzieren. Bei den „regulären“ Unis werden die Profs bzw. die Dozenten und Mitarbeiter vom jeweiligen Bundesland bezahlt (oder teils durch Unterstützung von Studiengebühren).
Meinem Gefühl nach wird zumindest der Bereich Kunst sehr stark durch die Länder bzw. Kommunen subventioniert. Man kann (derzeit) vielerorts umsonst einen künstlerischen Studiengang absolvieren (von den Semester- bzw. ggf. Studiengebühren natürlich abgesehen). Bisweilen sind jedoch schon Einschränkungen bzw. Budgetstreichungen spürbar. Ein Beispiel hierfür ist z. B. die Streichung von Geldern an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig. Ich möchte darüber (über die Verteilung von Geldern) an dieser Stelle nicht urteilen. Ich bin aber sehr dankbar darüber, dass ich ein solches (vielleicht brotloses?) Studienfach wie Kommunikationsdesign / Fotografie nahezu kostenlos absolvieren durfte. Wer weiß, wie hier die Lage in zehn Jahren aussehen wird? In Zeiten, in denen Zeitungsredaktionen versuchen, kostenlos an Bildmaterial über Ihre Leser zu kommen („BILD-Leserreporter„) und in denen Berufsfotografen deutlich machen müssen, warum sie auf ein bestimmtes Salär bestehen, ist weiterhin anzunehmen, dass man mit der Fotografie später wohl eher schlecht als recht seinen Lebensunterhalt bestreiten kann.
Ob ein Studium an einer privaten Schule einen Vorteil in Praxis, (eigener) Reputation oder Aufnahme bringt? Ich kann es leider nicht sagen. Zumindest die private Berliner „Ostkreuzschule“ genießt zur Zeit einen sehr guten Ruf. Bei meiner Recherche damals spielte dies alles keine Rolle: Ich wollte einfach nur meine Leidenschaft durch ein Studium ausleben und nichts anderes machen. Das klingt etwas unvorbereitet und vielleicht auch infantil. Aber so ging es mir damals halt. Mit dieser eher schlechten Voraussetzung benötigte ich dann aber auch vier Anläufe, in den Kreis der Auserwählten eintreten zu können. Was man beim Bewerbungsgespräch besser nicht zugeben sollte: Die Institution selbst war mir damals eher egal.
Ungern erinnere ich mich an die Internetauftritte der meisten Kunstunis: Hier gab es solch eine schlechte Navigation, dass ich erst unter Mühen die PDF-Formulare zur Anmeldung für die Aufnahmeprüfung bzw. für das Absenden meiner Bewerbungsmappe fand: Viele Formulare bzw. Info-Seiten zur Anmeldung fand ich erst durch eine externe Google-Recherche. Gar fürchterlich finde ich z. B. die Navigation der HGB Leipzig, die bis dato (zumindest beim Erscheinen dieses Erfahrungsberichtes) immer noch so eine seltsame „Punktnavigation“ nutzt. Man hat teils das Gefühl, dass hier einem bereits bewusst die erste Hürde gestellt wird oder dass man an einer Art Experiment teilnimmt. Eine Meta-Suchmaschine wie eben DuckDuckGo oder Google führte dann erst zum Ziel (zu den relevanten Unterseiten).
Viele Studiengänge in Deutschland sind nur mit einem gewissen Abi-Notendurchschnitt (NC) belegbar. Oder man muss Wartesemester hinnehmen. Anders im Bereich Kunst oder Fotografie. Hier muss man zur Bewerbung eine Mappe bzw. eine zuvor gestellte „Hausaufgabe“ einreichen. Bei vielen Einrichtungen muss man noch nicht einmal zwingend ein Abiturzeugnis vorweisen. Dafür sollte man dann aber eine außergewöhnlich hohe Begabung demonstrieren können. Hierzu habe ich für später noch eine kleine Anekdote eingeplant.
Die Mappe – Was soll rein, wie sollte sie aussehen?
Die erste Hürde (abgesehen von der Suche nach den richtigen Bewerbungsformularen auf den Uni-Websites) für die Zulassung zu einem künstlerischen Studiengang bzw. für ein Studium im kreativen Bereich Fotografie wird wohl selbst bei den privat geführten bzw. kostenpflichtigen Unis bzw. Schulen eine Mappe sein.
Jeder, der bereits darüber Informationen eingeholt hat, wie man sich für ein Fotografiestudium bewirbt, wird gleich am Anfang etwas über jene mysteriöse Mappe gelesen haben. Die Studienplätze für den Bereich Fotografie sind beschränkt (es gibt mehr Interessenten als Plätze) und werden sicherlich nirgendwo anhand eines Numerus clausus (NC) vergeben, wie es sonst der Fall ist. Dies bedeutet im Umkehrschluss jedoch auch: Man muss sich für einen solchen Studienplatz mittels einer guten Mappe bewerben. Man muss einfach interessant wirken.
Daher sollte man mit der Bewerbungsmappe nicht lediglich demonstrieren, dass man einen Fotoapparat bedienen kann. Diese Fähigkeit teilt man nämlich nunmehr mit sehr, sehr vielen Menschen: Das Etablieren der digitalen (Foto-) Technik hat das Fotografieren sozusagen demokratisiert und im Gegensatz zu einer Ausbildung zum Fotografen wird es zumindest bei den staatlichen Schulen (die sich ihre Professoren immer noch aus einem gewissen Autorenumfeld holen werden) nicht darum gehen, reine Technik zu erlernen: Hier wird es vielmehr um das Sehen (und Denken) selbst in einem Kontext gehen. Es wird in einem solchen Fotografiestudium nicht gelehrt werden, schöne Fotos zu produzieren, sondern Fotografien nach einem bestimmten, mehr oder weniger überlegten Ansatz abzuliefern. Es wird in den Seminaren, Kursen, Workshops und Projekten später darum gehen, Zusammenhänge zu ergründen bzw. zu erschließen und diese anschließend schlüssig oder vielleicht auch abstrakt (jedoch erklärbar) mittels dem Medium Fotografie (zumeist anhand von fotografischen Serien) darzustellen. Und dies sollte der Bewerber für ein Fotografiestudium bereits mit der Bewerbungsmappe – zumindest in Ansätzen – verdeutlichen können.
Innerhalb der Lehre wird es tatsächlich (in teils ellenlangen Debatten) darum gehen, das Gefundene (Gesuchte) sinnvoll zu sortieren und zu arrangieren.
Die vorherigen Sätze klingen vielleicht gleich etwas altklug. Doch ich habe schon mehrere Kommilitonen erlebt, die sich dessen offenbar nie bewusst geworden sind und enttäuscht (ihre Fotos waren doch schön oder technisch hervorragend gemacht mit Nebelmaschine, Lichtsetting und dergleichen) das Plenum verließen.
Zunächst muss man sich an den Universitäten und ähnlichen Einrichtungen bewerben. Hierzu lädt man sich also entsprechende Formulare von der Internetseite der Schule und schickt diese innerhalb des jeweiligen Bewerbungszeitraumes (hier gibt es jährlich Fristen) ausgefüllt ab. Bei vielen Unis schickt man mit den Formalitäten gleich seine Mappe mit ein. Ich wohnte damals in Kassel und bin mit dem ganzen Paket dann direkt zur Kunsthochschule spaziert bzw. hatte meine Mappe und die Formulare direkt vor Ort abgegeben. Danach heißt es warten: Es wird irgendwann Post kommen. In dem Brief steht dann drin, dass man entweder abgelehnt wurde oder dass man für die Eignungsprüfung eingeladen wird. In Kassel jedenfalls holte ich mir meine erste Mappe später wieder beim Pförtner ab und überlegte danach, was ich wohl falsch gemacht hatte.
Man wird oftmals relativ viel Geld bzw. Aufwand in solch eine Bewerbungsmappe stecken und daher den Wunsch haben, dass man bei einer Ablehnung seine Mappe mit den teuren Drucken oder gar Handabzügen wieder zurück bekommen kann. Dann sollte man diese so gestalten, dass das Sekretariat (denn dort werden sich alle ankommenden Pakete türmen) das Päckchen wieder ohne großen Aufwand zurück schicken kann: Lege einen Adressaufkleber bei sowie Briefmarken als Rückporto. Ich hatte meine Handabzüge so mehrmals für Bewerbungen nutzen können.
Aufbau und Form
Man muss sich die Bewerbungsprozedur zumeist so vorstellen: Die Professoren, Dozenten, manchmal ein, zwei Studenten höherer Semester stehen um einen großen Tisch herum und jede Mappe wird nacheinander geöffnet bzw. vorgestellt.
Es ist daher ratsam, dass man recht großformatige Fotografien (ca. 30 x 40 cm) abgibt, welche sich heraus nehmen lassen. Denn nur dadurch, dass die Bilder ausgebreitet auf dem Tisch liegen und von der Jury sofort im Gesamten begutachtet werden können, hat man gute Chancen, dass in den Fotoarbeiten ein gewisses Potential, eine Struktur, ein roter Faden wahrgenommen werden kann.
Es wird einer Mappe nicht viel Zeit gewidmet werden können, es wird deren viele an diesem Tag geben, die man sich ebenfalls ansehen möchte. Ich empfehle daher nicht, ein kleines hübsches Buch abzugeben, was nur ein einziger (Prüfer) durchblättern kann. Und: Sicherlich liest sich niemand an dieser Stelle lange, klein gesetzte Texte durch. Dafür werden die Prüfer wohl zu wenig Zeit haben (ich schätze drei Minuten pro Mappe). Ich weiß, es gibt Studiengänge bzw. Unis, bei denen Text und Sprache in Kombination mit Bildern nicht unwichtig sind. Für ein „normales“ Fotografiestudium sollte man zur Bewerbung doch besser die Fotos selbst sprechen lassen bzw. zur Bewerbung Serien aussuchen, deren Aussagen auch ohne lange Texte „lesbar“ sind.
Ich hatte als „Mappe“ für die Bewerbung zum Fotografiestudium einfach einen jener Kartons genutzt, in denen Fotopapier verkauft wird (Din A3+). Diesen bunten Karton beklebte ich mit schwarzem Fotokarton und setzte vorne einen weißen Aufkleber mit meinen Daten drauf, ganz schlicht und sachlich also. In diesen Karton legte ich lose großformatige Fotografien (Serien durch Zwischenblätter oder ähnlichem trennen). Obendrauf kam noch das Formular, welches man ausgedruckt beilegen musste. Die Prüfer konnten die Bilder dann großflächig auf dem Tisch verteilen und sich so recht unkompliziert ein Bild von meiner Bildsprache, von meinem Stil machen. Das ist so wie bei Edeka: Die Äpfel werden dort ja auch offen und zum Anfassen gleich beim Reinkommen präsentiert.
Die Bewerbungsmappe für einen Studienplatz ist die erste Sammlung von Werken einer beginnenden künstlerischen Identität.
Anna Rohrbach, Studienberatung Hochschule der bildendenden Künste Essen
Quelle: Kunstzeitung Januar 2020
Die Prüfer wollen häufig bereits schon etwas sehen: etwas Eigenes, ein bestimmtes Anliegen, einen roten Faden, eine künstlerische Identität. Um Perfektion wird es hierbei zunächst selten gehen.
Effekthascherei
Ich erinnere mich an meine Bewerbung bzw. Aufnahmeprüfung an der FH Bielefeld für den Studiengang „Fotografie und Medien“. Dort hatte eine Bewerberin als „Mappe“ eine bemalte Holzkiste mit goldenen Beschlägen auf dem Schoß. Und eine Bekannte von mir versuchte seinerzeit, sich mit Fotografien in alten, bewusst kitschigen Bilderrahmen zu bewerben. Damit bleibt man vielleicht in Erinnerung. Das Aufhübschen der Verpackung halte ich jedoch für unnötig bis kontraproduktiv: Auf den Inhalt kommt es an und dieser sollte, wie gesagt, schnell und ohne Effekte erfassbar sein. Und: Man kann sich sicher sein, dass man, sollte es zu einem Bewerbungsgespräch kommen, gefragt werden wird, warum man ebene jene Verpackung so gewählt hat. Das Argument »Sieht schön aus« kann einem dann schnell zum Verhängnis werden. Ich wurde zum Beispiel gefragt, warum ich für die Aufkleber auf den Trennblättern meiner Fotoserien eine Monospace-Schriftart (Schreibmaschine) nutzte und warum diese Aufkleber abgerundete Ecken haben – kein Scherz.
Anders kann es, wie die Erfahrung gezeigt hat, durchaus mit dem Inhalt der Fotoarbeiten sein. Hier kann man sich – je nach Prüfer bzw. Uni – austoben. Hier kann es, wer es mag, schon etwas gewagter zugehen. In Bielefeld muss man seine Mappe (zumindest war es damals so) direkt zur Aufnahmeprüfung mitbringen und hier hieß es: warten, warten, warten. Glücklicherweise war es warm und so knüpfte man vor dem Gebäude erste Kontakte bzw. tauschte sich über die mitgebrachten Mappen aus. Einer von denen, mit denen ich mich unterhielt, hielt es für wichtig, auf jedem der mitgebrachten Fotografien sein Genital abzubilden. Und der Kollege wurde damit genommen. Ein anderer Bekannter von mir riskierte es tatsächlich, eigene Kackhaufen in Eierbechern fotografisch zu kredenzen. Auch dieses Konzept ging, erstaunlicherweise, auf.
Falsche Freunde oder: Womit man sich besser nicht bewerben sollte
Wer aufgrund seiner Bewerbungsmappe für ein Fotografiestudium eine Einladung zur Aufnahmeprüfung erhält, kann sich freuen: Man stach offenbar unter vielen Mitbewerbern hervor, die eigene Arbeit scheint Potential zu haben, man ist im Rennen.
Viele werden jedoch auch eine Absage erhalten. Man kann sich die Mappe dann abholen (wie ich in Kassel) oder man hat vorher schon sicherheitshalber an Rückporto gedacht bzw. einen an sich adressierten großen Rückumschlag beigelegt. Warum werden die eigenen Fotoarbeiten abgelehnt? Was ist gut, was ist schlecht? Dies lässt sich natürlich nicht immer genau beantworten und manchmal ist man freilich auch von der Laune des prüfenden Professors abhängig. Dennoch wage ich eine Vermutung: Verantwortlich für das Scheitern ist hier meiner Meinung nach eine eher „populäre“ visuelle Bildung und insbesondere das Internet bzw. Fotoforen und Bilderplattformen wie „Flickr“ oder dergleichen.
Keinesfalls sollte man die Meinungen in Fotoforen und Bildbesprechungen im Internet als Maßstab heran ziehen, wenn man sich anschließend mit diesen Bildern für ein Fotografie-Studium bewerben möchte.
Mitglieder in den gängigen Fotoforen oder generell im Internet (Facebook-Gruppen, Fotocommunity, DSLR-Forum, …) sind hier zumeist die „falschen Freunde“. Denn der Anspruch eines visuell normal gebildeten Menschen unterscheidet sich häufig von dem innerhalb eines gewissen Hochschul- oder gar Kunstmarkt-Milieus, was das Verstehen und Lesen von Bildern anbelangt. Es reicht keinesfalls aus, dass die eigenen Fotografien für eine Bewerbungsmappe „schön“ sind. Doch genau dies ist es, was der normale Betrachter von einer Fotografie erwartet – und keinesfalls mehr! Das Bäumchen im Schnee, die nackte Frau im Kornfeld, der verschwommen dargestellte Wasserfall, gar mit Regenbogen: All diese Bilder sollte man natürlich nicht in die Mappe legen (es sei denn vielleicht, man möchte so etwas als Ironie verkaufen).
Nebenbei: Auf solchen Plattformen sollte man meines Erachtens nach nicht als Fotostudent oder gar Absolvent und schon gar nicht als ausstellender Künstler mit seinem tatsächlichen Namen präsent sein. Dies könnte einem zum Verhängnis werden, wenn einen später vielleicht einmal ein interessierter Kurator googelt. Es wirkt einfach nicht seriös. Dummerweise ist es schwer, gewisse „Jugendsünden“ im Internet wieder los zu werden.
Das Selbe gilt auch für die Gewinner bei manchen Fotowettbewerben: Welcher „berühmte“ Fotograf möchte schon auf Ewig als Gewinner des schönsten Frühlingsfotos der Lokalzeitung in den Google-Suchergebnisseiten auftauchen?
Ich benutze hier immer gerne ein Zitat von Gottfried Benn, welches sich zunächst auf die Lyrik bezieht:
Man will mit einem Gedicht nicht ansprechend sein, gefallen, sondern es soll die Gehirne spannen und reizen, aufbrechen, durchbluten.
Überhaupt ist die Lyrik sehr gut mit der Fotografie vergleichbar: Jeder kann mit etwas Geduld einige technisch korrekte Paar- oder gar Kreuzreime kreieren, die lediglich an einen Effekt orientiert sind (z. B. Geburtstagsgrüße in der Lokalzeitung). Eine in sich schlüssige, prosaische Poesie mit dezentem Nachhall aufzusetzen, ist jedoch nicht jedem vergönnt, der richtig schreiben kann. Man sollte schon etwas zu sagen haben. Man sollte sich tatsächlich auf Inhalte konzentrieren.
Nun, so schlimm, wie es klingt, ist es nun beileibe nicht – Schließlich möchte man erst noch studieren. Doch es soll hier bereits dargestellt werden, wohin die Reise bei vielen Professoren bzw. Einrichtungen gehen wird und es ist nicht verkehrt, dies bereits bei den Bewerbungsfotografien im Hinterkopf zu haben.
Meine erste Mappe, mit der ich damals versuchte, mich für ein Fotografiestudium zu bewerben, war so eine Art Fotoalbum (was von der Form schon eher ungünstig ist) mit schwarzem Fotokarton als Seiten (das Schwarz ist hier nicht das Problem, die Seiten sind es, da man sie nicht heraus nehmen- bzw. auf dem Tisch ausbreiten kann). Ich setzte damals u. a. auf kleinere analoge Handabzüge (ca. 20 x 20 cm) auf denen ich darstellte, wie sich die Flora durch Beton und Mauerwerk ihren Weg bahnte. Kein Wunder, dass ich mir diese Mappe wieder abholen konnte: Das Thema ist einfach fotografisch abgegriffen und: Alte Häuser verfallen nun einmal. Da muss man nicht sentimental in schwarzweiß werden. Auch, dass die Fotografien selbst entwickelt- bzw. vergrößert worden sind, ist für das Einschätzen der Qualität völlig Wurscht. Im Internet-Fotoforum fanden diese Bilder aber alle ganz großartig.
Ein Mappenkurs in Buchform: In kompakter Form und auf den Punkt gebracht klärt dieses Buch darüber auf, wie eine Mappe für ein Kunststudium / Designstudium aufgebaut sein soll. Anhand vieler Beispiele kann man seine eigenen Arbeiten strukturieren und so wie im Buch beschrieben anlegen, um bei der Mappensichtung positiv in Erinnerung zu bleiben.
Ein Kollege von der Aufnahemprüfung hatte sich damals leider ähnlich vergriffen: Er meinte, er könne durch den sogenannten „Tilt-Shift-Effekt“ punkten: Die Bilder sehen damit also aus, als habe man eine Miniaturlandschaft fotografiert, da fast alles – bis auf eine kleine Zone – in Unschärfe gehalten ist. Damals war dieser Tilt-Shift-Effekt kaum bekannt. Fotografien aber, die auf bloße Effekte beruhen, werden kaum für eine erfolgreiche Bewerbung an einer Uni förderlich sein, an welcher man Fotografie studieren möchte. Mit solchen Bildern sollte man sich durchaus für eine Ausbildung zum Fotografen bewerben, denn sie demonstrieren lediglich, dass man ein Handwerk versteht. Es ist auch völlig egal, ob diese Effekte nun durch aufwendige chemische Prozesse (z. B. Kollodium-Nassplatte) oder durch einen Photoshop-Filter erzeugt worden sind. Die Mappe wird primär durch Inhalte, durch Ideen, durch gewisse Ansätze punkten.
Ich erinnere mich noch an eine andere Arbeit von diesem Tag, auf die eine Absage folgte: Das fotografische Darstellen von da Vincis Abendmahl. Wenn man sich über mehrere Jahre mit zeitgenössischer Fotografie beschäftigt (was man eben innerhalb eines entsprechenden Studiums tut) wird man derlei Bilder nicht mehr sehen können (Gemälde als Foto nachgestellt). Die Prüfer konnten dies wohl auch nicht mehr. Dieses Thema ist, salopp ausgedrückt, ausgelutscht. Leider weiß man als eher unerfahrener Bewerber so etwas selten.
Meine Bewerbung, mit der ich später angenommen wurde, bestand aus einer einzigen Arbeit. Hier wurde eine „Hausarbeit“ vergeben: Man sollte sich vorstellen, man besäße eine Tarnkappe. Ich fotografierte dann unscharf und technisch betont schlecht vorbeihuschende Tiere im Zoo und stellte diese analog frei. Dann legte ich damals ein Schreiben bei, dass ich die Hausarbeit nicht anfertigen konnte, da diese Tiere mich, trotz Tarnkappe, irgendwie dennoch spürten und alle abhauten. Mein „fotografisches Protokoll“ schickte ich dennoch mit. Der Witz bzw. die Ironie in der Arbeit kam dann gut an, dass ich eine Einladung zum Vorstellungsgespräch erhielt. Ich punktete hier also mit einer Idee und nicht unbedingt mit perfekten Bildern! Technisch bessere Fotografien (ohne seriellen Charakter) legte ich dann der eigentlichen Mappe bei, die es zur Eignungsprüfung mitzubringen galt.
Beispiel: Meine „Hausaufgabe“ damals als erste Hürde für die Bewerbung
Als ich mich – mit der Tarnkappe versehen – den wilden Tieren nähern wollte, deren verhalten ich aus geringster Distanz zu dokumentieren versuchte, wurden diese nervös, sahen sich um, stoben schließlich auf und flüchteten rasch. Ich fühlte mich betrogen. Was war geschehen?
Zwar hatte der Forscher Xiang Zhang mit seiner Technologie, welche sicherlich als Meilenstein der Wissenschaft bezeichnet werden darf, Erfolge demonstrieren können, welche mich anfangs auch überzeugten. Doch bei meinem Tierversuch scheiterte diese Tarnkappe kläglich. Das was sie bewirken sollte, also das Licht so umzulenken, dass ich als Träger faktisch unsichtbar bin, gelang auf Anhieb. Eines blieb bisher aber völlig unbedacht: Nicht nur Tiere reagieren (unbewusst) auf Gerüche. Auch glaube ich an einen gewissen „6. Sinn“, also an ein wissenschaftlich nicht klar definierbares Gespür.
So muss ich Ihnen leider mitteilen, dass es mir unmöglich war, diese Hausaufgabe anzufertigen. Der Vollständigkeit halber sende ich Ihnen aber dennoch mein fotografisches Protokoll zu.
Hinweis: Den Text druckte ich groß (und etwas farblich variiert) auf einen Karton aus (möglichst ohne typographische Fehler [wie hier generiert]) bzw. legte ihn den Fotografien bei. Viel mehr Text sollte es wahrlich nicht sein – Niemand liest sich bei der Mappenschau lange Texte durch!
Man sollte im Übrigen auch nicht signalisieren, dass man bereits eine Menge kann und weiß (was soll einem dann noch beigebracht werden?) oder gar (bei der Aufnahmeprüfung), dass man irgendwie besser als der Prof ist. Letzterer Punkt sei an dieser Stelle auch schon denen ans Herz gelegt, die dann die Eignungsprüfung geschafft- bzw. einen Studienplatz bekommen haben: Man kann sich in den Projektbesprechungen sonst recht schnell unbeliebt bei den Lehrenden machen, was man spätestens einige Jahre später bei der Organisation der Abschlussarbeit hart zu spüren bekommen wird (alles schon erlebt).
Arschkriechen ist natürlich auch nicht empfohlen. Es werden „Charaktere“ gesucht, die jedoch durchaus auch die Meinung bzw. Ideen der Profs berücksichtigen. Man muss sie ja nicht umsetzen – jedoch zusammen besprechen. In einem guten Studium findet ein Dialog statt, kein „Mach einfach, dass es gut ausschaut“. Bereits bei der Mappenschau bzw. bei der Aufnahmeprüfung würde ich als Lehrender (um hier einmal die Position zu wechseln) bereits versuchen zu erfahren, inwiefern ein solcher zukünftiger Dialog, ein Zusammenspiel absehbar ist. Demzufolge ist es als Studienanwerber auch gut, vorher möglichst in Erfahrung zu bringen, wer eigentlich die Prüfer sein werden und auf was sie, salopp gesagt, eigentlich stehen. So etwas macht man ja auch, wenn man an einem der vielen (seriösen) Fotowettbewerbe teilnehmen möchte.
Moden meiden
Noch ein Hinweis: Es tauchen innerhalb der konzeptionellen Fotografie immer wieder gewisse Moden auf (durch Magazine aber hauptsächlich durch das Internet etabliert). Die Gefahr ist groß, dass die Prüfer in der Bewerbungsphase jene bereits als solche ausgemacht haben, sich also langweilen und hier eine Abfuhr droht. Dummerweise wird sich der Aspirant dessen vielleicht gar nicht bewusst sein.
Beispielsweise war in den letzten Jahren das Dekorieren von Menschen sehr beliebt (Frau mit Vogelnest auf dem Kopf starrt in Kamera und dergleichen). Der „Klassiker“ derzeit wird sicherlich das Überstülpen von Tiermasken sein. So etwas stellt eher eine Art Bühnendekoration dar und die Fotografie wird dabei zur simplen Dokumentation reduziert – Es sein denn freilich, man kann solche Bilder erklären bzw. jene besitzen ein schlüssiges Konzept. In den 1980er und -90er Jahren war es die nackte Frau im Abrisshaus, die einem ständig begegnete oder man sah überall Saxophone auf Fotografien. Solche Bilder eignen sich auch heute noch hervorragend für das „Mitmachinternet“ bzw. für die „Fotocommunity“. Auf dieser Internetseite stelle ich auch eines der guten Fotomagazine zur Inspiration vor.
Beispiel mit Fotos
Land, Land – langweiliges Land: Ich besuchte jüngst zwischen den Jahren (das klingt nach einem guten Titel) die „alte Heimat“ und porträtierte nun das, was ich heute etwas anders sehe als seinerzeit als trüber Adoleszenzler. Solche kleinen Serien aus dem Stegreif eignen sich gut als Material für die Bewerbung an einer Kunsthochschule mit einem Schwerpunkt Fotografie. Nur: zu pittoresk sollten die Bilder nicht sein (keine Effekte [Nebel möchte ich hier noch durchgehen lassen], keine Postkartenmotive, keine nackten Menschen, keine Feuerwerke und Rauchbomben, keine durch die Luft fliegenden BMX-Fahrer darüber).
Land, Land – Ich bin doch so ein Landei: Dann erzählen Sie doch einmal etwas davon! Ja: Da gibt es so einiges zu erzählen (Schwank aus der Jugend; Bezug zum jetzigen Ich) und zu zeigen. Und um genau dieses Erzählen (zunächst mittels Bildern) geht es im Fotografiestudium – nicht aber um Bilder, die einem die Augen übergehen lassen (dies wird heute nicht mehr funktionieren).
Wenn Sie mehr über das „bewusste“ Fotografieren bzw. über solche Bildserien erfahren möchten, dann vielleicht mittels der Lektüre dieses Blogartikels.
Mappenberatung, Mappenkurse, Ausstellungen besuchen
Viele Unis, FHs und Privatschulen, an denen man in Deutschland ein Fotografiestudium absolvieren kann, bieten sogenannte „Mappenkurse“ an. Ich selbst war nie auf einer solchen Mappenberatung, hätte dies aber wohl besser tun sollen.
Bei dieser Infoveranstaltung lernt man zum einen die Profs kennen (und diese die zukünftigen Bewerber) und man bekommt eine erste Resonanz für die mitgebrachte, eigene Mappe bzw. für die eigenen Arbeiten. Man kann sich also in erster Linie ein vages Bild vom Geschmack und Anspruch der Prüfer machen. Und: Man nimmt einen ersten Kontakt auf! Hier können sich die ersten auch schon anbiedern oder irgendwie für Auffallen sorgen, dass Sie dem Prof für eine spätere Bewerbung bzw. Eignungsprüfung (möglichst positiv) in Erinnerung bleiben.
Natürlich kann es für die Teilnahme an einem solchen Mappenkurs bedeuten, dass man zunächst stundenlang mit dem Zug fahren- oder gar ein Hotelzimmer mieten muss. Hier muss jeder selbst abwägen, ob es dies Wert ist. Ich war damals zu geizig dafür. Ein solcher Mappenvorbereitungskurs hätte mir, im Nachhinein betrachtet, aber wohl geholfen.
Gasthörer als Vorbereitung
Übrigens: In meinem späteren Studium gab es einen Bekannten, den alle irgendwann nur noch den „ewigen Gasthörer“ nannten. Dies geht bei einigen Einrichtungen nämlich auch: Ganze Semester oder nur einige Sitzungen im Plenum als offizieller Gasthörer zu absolvieren. Hier kann man teilweise sogar die Werkstätten bzw. die Technik der Uni nutzen. So erhält man auch ohne Zulassung bzw. Immatrikulation einen guten Kontakt zu den Lehrenden und kann sich durchaus ein Bild von den im Fotostudium enthaltenen Inhalten machen und hat bei einer späteren Aufnahmeprüfung bzw. bei Abgabe seiner Mappe sicher bessere Chancen.
Abschlussarbeiten ansehen / den Rundgang besuchen
An einigen Universitäten gibt es auch die Möglichkeit, vergangene Bachelor-, Master- bzw. Diplomarbeiten einzusehen. Die geht sicherlich immer jedoch nur nach Absprache. Aber so hätte man einen gar wundervollen Überblick über den jeweiligen fotografischen Stil der Hochschule / des Studienganges, für den man sich bewerben möchte. Je besser man diesbezüglich informiert ist, desto höher stehen die Chancen, aufgenommen zu werden.
Und natürlich: Traditionell veranstalten die meisten Kunstunis bzw. Hochschulen mit kreativen / gestalterischen Studiengängen den sogenannten Rundgang (der heißt manchmal auch anders). Der Rundgang findet meist am Ende der Vorlesungszeit des Sommersemesters statt und ist nicht selten mit einem Fest verbunden. In Weimar waren die Rundgänge (seit einigen Jahren „Summaery“ genannt) immer sehr schön: ähnlich wie bei der Documenta wird hier im Kleinen die gesamte Stadt bespielt. Ein Sommerwochenende lang kann man sich u. a. die Arbeiten der Studenten in den kreativen Studiengängen ansehen und abends gibt es halt Bier und Livemusik. In den Ateliers, Werkstätten und Seminarräumen werden dann die Arbeiten aus den unterschiedlichen Projekten, Fachkursen und Workshops ausgestellt. Hier kann man sich auch sehr gut ein Bild über die Art von Fotografie machen, die die bisher angenommenen Studenten so „produzieren“. Vielerorts stellt der Interessierte dann auch erleichtert fest: Hier wird zunächst auch nur mit Wasser gekocht. Andere Arbeiten (insbesondere die Abschlussarbeiten) sind dann meist schon etwas elaborierter. So soll es ja auch sein.
Die Aufnahmeprüfung
Wenn die eingereichte Mappe bzw. Hausaufgabe gefiel, wird man anschließend zur Aufnahmeprüfung eingeladen. Bei diesem „Bewerbungsgespräch“ sitzen die aufgeregten Aspiranten dann nacheinander oder in kleinen Gruppen den Prüfern an einem Tisch gegenüber. Oft liegt auf diesem dann auch noch die jeweils zuvor eingeschickte Mappe oder aber man muss eine solche noch mitbringen. Das Prüfungsgespräch wird so an die 15 Minuten dauern und man sollte sich sicherheitshalber schon lange vorher die Antworten auf diese zwei Fragen überlegen:
- Wer sind deine fotografischen Vorbilder? Und:
- Warum möchtest du gerade hier studieren? Hast du dich auch woanders beworben?
Insbesondere auf die zweite Frage sollte man sich vorbereiten. Ich glaube, Professoren mögen es nicht, wenn man hier angibt, dass man durchaus noch das Zaumzeug für einige gewisse andere Pferdchen im Stall bereit hält. Abgebrühte Bewerber lügen hier einfach. Realistisch ist eine solche Antwort jedoch eher nicht. Man sollte sich da eine diplomatischere Ausfahrt überlegen mit Fokus jedoch auf die derzeit angestrebte Position. Ein Bekannter von mir wurde dann beim Bewerbungsgespräch an der HFK Bremen etwas ruppig gefragt: »Ja, warum gehen Sie dann nicht einfach nach Essen?«
Die Antwort wäre einfach: Weil es sich hierbei um einen sehr umkämpften Wettbewerb handelt und man nicht jahrelang abwarten kann, bis man eine Zusage für den gewünschten Studienplatz bekommt.
Das weitere Gespräch wird sich eher an der Mappe bzw. Hausaufgabe orientieren. Oft muss man auch eine gewisse Aufgabe lösen. Es empfiehlt sich, aktuelle Nachrichten im politischen oder soziokulturellen Bereich zu studieren. Gerne werden die Bewerber darauf (ggf. in einem fotografischen Zusammenhang) angesprochen (Ich würde es als Prüfer zumindest tun). Ein Beispiel: Betrachten Sie sich diese Fotografie: Ein Tross von Trauernden trägt, ja stürmt regelrecht die Leichen zweier Kinder im Gazastreifen zur Beerdigung. Inwiefern könnte man Kritik an diesem Foto üben und was ist dieses Gaza überhaupt?
Dieses Bild zeigt ein zeitgenössisches Drama. Es ist jedoch so digital bearbeitet, wie man im Barock Gemälde malte – also visuell stark aufgehübschte Darstellungen mit Schattierungen und Highlights, die das Auge des Betrachters ganz bewusst zu lenken vermögen. Dieses Bild gibt zunächst vor, Reportage zu sein, ästhetisiert jedoch (auf Kosten eines Unglücks). Hier gilt es also aufzumerken bei Abbildung – Wirkung – Wirklichkeit. Wer hier nur sagen kann »Das sieht doch geil aus!« wird keine Punkte sammeln können.
Mit Literatur vorbereitet sein
Zur Zeit meines Studiums gab es eine kleine Handvoll an Abhandlungen, die immer wieder gerne zitiert worden sind. Insbesondere waren es dies:
- Susan Sontag – Über Fotografie
- Vilém Flusser – Für eine Philosphie der Fotografie
- Roland Barthes – Die helle Kammer
- Walter Benjamin – Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit
- Texte zur Theorie der Fotografie
Wer an einer Hochschule bzw. Fachhochschule in Deutschland (für andere Länder / Kulturen weiß ich dies nicht) Fotografie studiert und sich bisher nur mit Bildern bzw. Fotografien beschäftigt hatte, der wird wohl innerhalb der Lehre recht schnell mit einem Berufsbild konfrontiert werden, welches bisher vielleicht unbekannt war. Dies ist jenes des Medienphilosophen. Ein solcher stellt in dieser Hinsicht sozusagen das intellektuelle Rückgrat für alle dar, die mehr als nur knipsen wollen. Diese Medienphilosphen schreiben Bücher über z. B. Fotografie, in welchen teils keine einzige Abbildung vorhanden ist.
Kostprobe: Der Medienwissenschaftler Neil Postman diktiert seinen (US-amerikanischen) Studenten (in den 1980er Jahren): »Schließen Sie die Augen und stellen Sie sich bitte ein Bier vor.« Natürlich gab es dann bei allen herrliche Schaumkronen über eiskalten Schopeten in schönen Gläsern serviert mit herab rinnenden Tröpfchen. Dies ist das Bild der Werbung. So sieht in den wenigsten Haushalten ein Bier aus. »Nun stellen Sie sich bitte einen Türken vor […]«
Zu dem Bild vom Bier fällt mir in dieser Hinsicht noch jenes von Tobias Zielony ein, der bei uns an der Uni einmal einen Vortrag über seine Arbeiten hielt: Bei einer seiner Arbeiten („Tankstelle„, mit der er bekannt geworden ist) ist es hier eher die Büchse oder der Discounter. Also eine ganz andere Herangehensweise an das Sujet.
Für eine gute Vorbereitung auf ein Bewerbungsgespräch empfiehlt es sich, solche Standardwerke (bzw. die Urheber) zumindest beim Namen zu kennen. Besser ist, man schaut einmal im Internet nach, worum es dabei eigentlich geht. Gänzlich lesen muss man derlei Literatur jedoch zunächst nicht – Man möchte ja erst noch studieren.
Eigene Erfahrungen mit Aufnahmeprüfungen
Meine erste Aufnahmeprüfung hatte ich an der Hochschule Hannover für „Fotojournalismus und Dokumentarfotografie“ (der Studiengang hieß damals, glaube ich, noch etwas anders). Allein die Einladung zur Prüfung hatte mich schon stolz gemacht: Schließlich wurde meine Mappe von Fachkundigen akzeptiert. In Hannover auf dem Campus angekommen wurde man morgens mit vielen anderen Bewerbern begrüßt und jeder bekam eine Nummer zugewiesen. Anschließend musste man so eine seltsame Bastelstunde absolvieren und eine Art dreidimensionalen Raum aus Papier anfertigen. Selbst der damalige Professor Rolf Nobel entschuldigte sich zwischen den Zeilen dafür, schließlich wolle man doch Fotografie studieren. Die Ergebnisse wurden dann im Flur für die Jury ausgestellt. Zuvor gab es aber noch eine Führung durch das wahrlich große Hochschulgebäude der Fakultät III / Medien auf dem ehemaligen Expo-Gelände in Hannover. Jenes kam mir damals vor wie diese riesigen Kathedralen aus dem Mittelalter, welche dem eintretenden Besucher seinerzeit wohl durchaus Demut bescheren sollten.
Und dann hieß es warten (wieder diese Demut), denn nun wurden immer einzelne Nummern aufgerufen und man ging dann in kleine Grüppchen schwitzend und mit pochendem Herzen in das Gespräch. Zuvor hatte man dann aber noch genügend Zeit, um das Gebäude (unten fand gerade eine Ausstellung statt) und die Konkurrenz näher kennen zu lernen. Mein lieber Herr Gesangsverein: Da liefen schon einige Nerds mit Kamera-T-Shirt und mit Objektivköcher am Hosenbund umher. Ganz besonders in Erinnerung geblieben ist mir aber ein Bewerber, mit dem ich mich etwas näher unterhielt: Der war nämlich schon zum dritten oder vierten Mal bei der Aufnahmeprüfung in Hannover – und sozusagen mit dem Professor bereits auf Du. Sein Problem war, dass er kein Abi hatte und daher mit „außergewöhnlich guten Leistungen“ die Prüfung verlassen muss, um an der Hochschule Hannover für Fotografie aufgenommen zu werden. Er machte auf mich einen sehr „verbissenen“ Eindruck und ich schätze, seine mehrmalige Präsenz wird sich dann auch irgendwann für ihn – auch ohne Abitur – ausgezahlt haben. Er fiel irgendwann auf. Er war dann keiner mehr von vielen. Darum geht es bereits bei den Aufnahmeprüfungen und dies zieht sich hin bis zu dem Punkt, wo man sich später mit seinen Bildern irgendwo bewerben möchte (Idealerweise stellt man eine Marke dar. Zur Not tritt man als Epigone in Erscheinung – Was im Bereich der Fotografie allerdings kaum umgänglich ist).
Meine Strategie hingegen war die des „unvoreingenommenen Autodidakten“ und als dann im Bewerbungsgespräch der Name „Bresson“ fiel, konnte ich es mir nicht verkneifen (ich würde dies heute nicht mehr tun), anzumerken, dass ich diesen Namen noch nie gehört habe und generell der Meinung bin, dass man für gute Fotografien keine anderen Fotografen kennen müsse. Donnerwetter! Damit hatte ich als Novize am Tische offenbar so eine Art Sakrileg begangen (um noch einmal auf die Kathedrale anzuspielen) und ich erinnere mich noch an die herunter geklappte Kinnlade einer ohnehin schon recht streng wirkenden Professorin am Tisch. Dass ich nicht so recht erklären konnte, warum meine mitgebrachten, eigenen Fotografien (die Hausaufgabe mit dem Thema „Davor und dahinter“ oder so ähnlich) analoge Abzüge waren, machte die Sache wahrlich nicht besser. Gegen späten Nachmittag, wieder nach langem Warten, wurden dann die anfangs verteilten Nummern aufgerufen – je mit einem Punktestand. Ab einer gewissen Punktezahl war man dabei. Ich bekam 0 Punkte. Damit fuhr ich dann abends freilich betrübt im blassen Abendlicht mit der Bahn nach Hause. Mir wurde aber auch klar, dass ich den journalistischen Teil beim Fotografiestudium in Hannover gänzlich unterschätzt hatte und dort mit meiner Fotografie tatsächlich fehl am Platze war. Gerne erinnere ich mich an die Verabschiedung durch Rolf Nobel (der damalige Professor), welcher betonte, dass ein Durchfallen nicht unbedingt heißen muss, dass man nicht geeignet für das Fotografiestudium sei und dass er selbst seinerzeit durch die erste Prüfung gefallen sei. So etwas hilft durchaus und ich schreibe hier ja auch mitunter vom Scheitern. Insbesondere bei künstlerischen Studiengängen stößt man nicht selten auf Menschen, die nach außen hin recht kühl oder gar arrogant wirken können. Man wird ja kein Professor an einer Kunstuniversität, weil man ein lustiger und ausgeglichener Philanthrop ist. Eine Abfuhr sollte nicht persönlich genommen werden. Hier besteht ein klarer Wettbewerb.
Als nächstes bewarb ich mich in Bielefeld an der FH für das Studium „Fotografie und Medien“. Soweit ich mich erinnere, musste man hier zunächst keine Mappe per Post einreichen: Jeder konnte (nach voriger Anmeldung per Brief) zur Eignungsprüfung erscheinen. Vor Ort gab man die mitgebrachte Mappe ab (inklusive einer angefertigten Hausaufgabe). Als nächstes bekam man eine weitere Aufgabe, die man fotografisch in der Stadt lösen musste. Hierfür hatte man fast 24 Stunden Zeit, denn die Aufnahmeprüfung für Fotografie an der FH Bielefeld ging über ganze zwei Tage. Am nächsten Tag trafen sich dann wieder alle unten im Gebäude der FH und gab die im Kaufhaus ausgedruckten Fotografien der zuvor gestellten Aufgabe ab (an das Thema kann ich mich nicht mehr erinnern). Der Vorplatz und der Aufenthaltsbereich des Gebäudes war voll von Bewerbern. Es waren sehr viele und nun hieß es, den ganzen Tag über warten. Irgendwann wurde man dann für das Aufnahmegespräch aufgerufen. Hier erinnere ich mich an einen Professor, der schon einen so erschöpften Eindruck machte, dass es einem Leid tat. Die Aufnahmeprüfung hier war ein richtiger Marathon. Im Gespräch wurde über die Mappe, die Hausaufgabe und die Aufgabe vom Vortag geredet. Ich weiß noch, dass man mich fragte, welche Arbeit in der Mappe meine „stärkste“ sei und warum. Dort lief es für mich besser als in Hannover. Schön war für mich auch, dass ich dort gleich mit einigen Leuten ins Gespräch kam und sich heraus stellte, dass einer von ihnen in Bielefeld wohnt und ich durchaus in dessen WG übernachten könne. Am zweiten Tag also, gegen Nachmittag, waren alle Bewerbungsgespräche beendet und jemand von den Prüfern las alle Namen vor, die die Prüfung bestanden hatten. Meiner war darunter, was mich natürlich sehr, sehr freute. Ja, vor Freude rief ich sogar meine Eltern an, was ich durchaus selten tue.
Schließlich immatrikulierte ich mich seinerzeit dann doch an der Bauhaus-Universität in Weimar, wo ich ebenfalls die Zusage bekam (jedoch erst später per Post). Hier war das Aufnahmeprozedere auch viel unkomplizierter: Hausaufgabe einschicken, zur Aufnahmeprüfung erscheinen, nicht lange warten, Gespräch am großen Tisch mit zwei Profs, einem Dozenten und einem Studenten aus einem höheren Semester und danach auf Post warten.
Ein Freund von mir meinte einmal, dass er wohl nur genommen wurde, weil er irgendwie im Bewerbungsgespräch beiläufig erwähnte, dass er einmal Bäcker gelernt hatte. Sein Glück: Denn wie sich herausstellte, hatte der Prof in seiner Jugend ebenfalls am Backofen gestanden und schon befand man sich offenbar in einem wunderbaren Smalltalk, was die ganze Sache deutlich auflockerte. Ich glaube, mir kam zugute, dass ich seinerzeit weggeworfene, handgeschriebene Einkaufszettel sammelte. Kleine Marotten und ein Schwank aus der Jugend: Das ist beim Bewerbungsgespräch für ein kreatives Studium sicher nicht verkehrt. Hier sollte man nicht allzu zugeknöpft und steif auftreten.
Nach bestandener Aufnahmeprüfung bekommt man solch ein Schreiben (hier von der FH Bielefeld bzw. für die Studienrichtung Fotografie und Medien). Erst mit diesem Schein kann man sich dann im Anschluss regulär immatrikulieren. Solch eine Bescheinigung ist also das gleiche wie ein NC (eine bestimmte Abi-Note). Ich hatte die Eignungsprüfung gerade so mit der Note 4,0 bestanden. Dank dieses Schreibens hätte ich mich nun einschreiben können. Die bestandene Prüfung selbst bedeutet noch nicht, dass man nun gleich Student ist. Man braucht einfach nur solch einen Schein, um sich für solch ein Designstudium einschreiben zu können.
Alltag im Fotografiestudium
Insbesondere dieser Abschnitt kann freilich nicht allgemein geltend gehalten werden. Wie sich ein Fotografiestudium in Deutschland in der Praxis gestaltet, hängt sehr vom Lehrplan der jeweiligen Hochschule bzw. Privatschule ab sowie natürlich vom individuellen didaktischen Ansatz der Dozenten, des Werkstattpersonals und nicht zuletzt natürlich vom Anspruch der Professoren.
Bei uns gab es jeweils wöchentlich ein sogenanntes „Projekt“ mit einem fotografischen Thema. Nicht selten hatte dieses eine eher vage oder gar philosophische Fragestellung. Zu diesem Thema galt es dann, sich über das gesamte Semester Gedanken zu machen und freilich auch Fotografien anzufertigen, die jede Woche zusammen besprochen wurden. Dies waren die wöchentlichen „Hausaufgaben“.
Ich selbst nutzte diese Aufgabenstellungen, um mir entlang dieser selbstständig jegliche fotografischen Techniken (Bildbearbeitung, Großformat, Labor, Lichtsetzung) selbst beizubringen. Denn die Hochschule stellte zwar eine hervorragende technische Ausstattung bereit, nebst kompetenter Beratung der Werkstattmeister. Was den großen technischen Part in der Fotografie anbelangt, wurde man jedoch nicht an die Hand genommen. Hier musste man unbedingt durch selbstständiges Arbeiten und eigenes Interesse eine gewisse Lernkurve meistern. Ich nutzte so viele, viele Stunden die Labore, das Fotostudio, die Computerräume und die Bibliothek, um diese ganze Technik beherrschen und verstehen zu können. Hierzu hatte ich aber innerhalb des Studiums ausreichend Zeit, denn glücklicherweise bekam ich BAföG.
Die beiden obigen Beispielbilder sind typische Studentenfotos aus der damaligen Praxis. Hier konnte viel experimentiert und ausprobiert werden – in diesem Fall mit einer zur Lochkamera umgebauten SLR. Für derlei Bilder bezahlt einen später niemand. Aber Spaß machte es und ich erinnere mich sehr gerne an die vielen Stunden des Experimentierens, Nachlesen, Ausprobieren, Präsentieren und Besprechen.
Nicht wenige meiner Kommilitonen hatten jedoch durchaus Probleme mit diesem Konzept: Innerhalb der Besprechungen mit dem Prof und der Gruppe ging man zwar bis ins Detail auf die vorgeschlagenen Ideen und Konzepte ein. Einige schafften es dann aber nicht, diese in der Praxis genügend umzusetzen – allein aus Mangel an technischem Verständnis. Manche taten sich dann zu Zweien zusammen, um mit der professionellen Technik nicht ganz alleine dastehen zu müssen. Diese Konstellationen hielten nicht selten bis zur Abschlussprüfung, die sie dann auch zusammen machten.
Im „Projekt“ wurden dann auch immer durch den Professor diverse fotografische Positionen bzw. Fotografen vorgestellt und, was ich immer am interessantesten fand, der Prof erzählte feine Anekdoten aus seiner Praxis, von seiner Erfahrung als Fotograf. Zwar gab es bei uns auch einmal pro Woche einen sogenannten „Fachkurs“, welcher eher technisch orientiert sein sollte. Tatsächlich ging es dort, meiner Erfahrung nach, letztendlich aber auch wieder mehr um das konzeptionelle Arbeiten.
Weiterhin belegt man in einem guten Fotografiestudium je Semester mindestens ein „Wissenschaftsmodul“. Hier erfährt man dann, dass man sich mit Fotografie auch rein theoretisch auseinander setzen kann und dass es tatsächlich viele Bücher über Fotografie gibt, in denen kein einziges Foto abgebildet ist. Namentlich beschäftigt man sich einmal in der Woche mit Medienphilosophie und auch etwas mit Kunst- und Kulturwissenschaft. Spätestens an dieser Stelle wird man mir den obigen Hinweis zur Bewerbungsmappe, dass man seine eigenen Fotografien nicht im Internet beurteilen lassen sollte, nicht mehr übel nehmen.
Auch werden an guten Unis regelmäßig etablierte Fotografen und Bildredakteure eingeladen, die aus ihrer Praxis kostbares Wissen weitergeben, an welches man sonst kaum gelangt. Wer Glück hat und sich geschickt anstellt, kommt über solche Workshops vielleicht an wichtige Kontakte für später. Hierzu muss man dann vielleicht auch etwas schleimen, penetrant- oder einfach gut sein. Aber so funktioniert dieser Markt. Überhaupt ist es durch den Status Fotografiestudent viel einfacher, Zugang zu Ausstellungen, Preisen oder einfach zu ansonsten nicht öffentlich zugängliche Einrichtungen (z. B. gesperrte Gebäude, Gefängnis, etc.) zu gelangen.
Denn insbesondere, wenn das Studium irgendwann beendet ist, kann man gewisse Privilegien nicht mehr genießen: Interessierten sich z. B. öffentliche Einrichtungen oder die Medien stets für die Arbeiten der kreativen Kunststudenten, so ist man nach der Exmatrikulation aus diesem schönen Kreis entlassen und steht auf eigenen Füßen. Daher sollte man die Möglichkeiten (Gruppenausstellungen) während des Studiums wahrnehmen. Es gibt auch einige Fotopreise (zum Beispiel „Gute Aussichten„), die sich ausschließlich an Studenten der Fotografie wenden. Das selbe gilt für Stipendien. Mit dem Zugang zum Fotografiestudium öffnen sich also auch andere Türen – wenn man denn die Möglichkeiten dazu nutzt. Beispielsweise hatten einige Kommilitonen von mir für ein Projekt an der Uni eine Kooperation mit dem hiesigen Krankenhaus. Sie durften sich dort in einem gewissen Umfang bewegen und u. a. mit einem Röntgengerät arbeiten / fotografieren. An so etwas gelangt man als „normaler“ selbsternannter Künstler nun keinesfalls so einfach. Mit einem Prof im Rücken und dem Stempel der Universität ging dies viel einfacher. Auch die lokale Presse berichtet dann immer gerne über solche Ausstellungen im Anschluss.
Noch etwas zu den Ansichten der Profs: In meiner Studentenzeit gab es zwar schon einen gewissen Generationswechsel. Viele Professoren kamen aber noch aus der alten Schule. Will sagen: Bei mir lehrten Fotografen, die seinerzeit in den 1970er Jahren auf einer westdeutschen Hochschule studierten. Sie brachten also eine gewisse Perspektive ein, mit der manch einer meiner Kommilitonen nicht zurecht kam, nicht einverstanden war, sich falsch verstanden fühlte. Salopp gesagt waren ihnen die Ansichten mancher Profs zu altbacken da sie nicht mehr mit zeitgenössischen fotografischen Positionen einher gingen. Andererseits kommt auch nicht jeder mit einem gewissen modernen Stil von jüngeren Fotografen wie z. B. Jürgen Teller (Professur in Nürnberg) zurecht. Eigentlich sucht man sich sein Fotografie- bzw. dann eher Kunststudium am besten nach den Lehrenden aus. Dummerweise wird man nicht überall genommen. Ich selbst „kollidierte“ nie drastisch mit meinen eigenen Arbeiten mit der Meinung meines Profs. Manche meiner Mitstudenten wechselten aber die Hochschule. Solch ein Wechsel gestaltet sich oftmals einfacher als eine Erstbewerbung.
Zwei Dinge sind für gewöhnlich insbesondere bei einem Kunststudium (hierzulande) üblich:
- In der Lehre wird von den Profs ein gewisses Durchsetzungsvermögen auf die Probe gestellt. So etwas wird im Kleinen oftmals bereits bei der Aufnahmeprüfung getestet. Das bedeutet: Stößt man auf Kritik, so sollte man auch nicht gleich kuschen! Als Student sollte man hierbei ruhig bleiben und klar und konsequent seine Positionen erklären, seinen künstlerischen Standpunkt „verteidigen“ – sachlich freilich. So etwas erwarten manche Professoren und Professorinnen.
Allerdings sollte man sich nicht gleich so altklug geben wie ich damals bei meinem Bewerbungsgespräch in Hannover (siehe oben). Frechheit könnte ggf. belohnt werden. Ich würde mich aber eher konform benehmen. - Das zweite: Hat man ein eigenes, zukünftiges Projekt weit und breit dargestellt, dann kommt es nun darauf an, ob dies auch entsprechend umgesetzt wird. Oder war dies alles nur heiße Luft? Auf Skizzen sollten hier nun auch „Taten“ folgen und diese immer mehr in den einzelnen Vorstellungen (monatlich, wöchentlich, …) in guter Form dargestellt werden. Das Präsentieren und das „Sich verkaufen“ ist häufig ein wesentlicher Teil der künstlerischen Ausbildung an einer Hochschule. Es soll ein Prozess erkennbar sein und dieser sollte im Studium den anderen Studenten und Lehrenden gut demonstriert werden.
Am Ende des Studiums muss man freilich eine Abschlussarbeit anfertigen, für die man mehrere Monate Zeit hat. Ich empfehle, bereits nach der Hälfte des Studiums über das Thema eben jener Bachelor- oder Diplomarbeit nachzudenken (die Semester vergehen schnell). Man sollte überlegen, ob man ein fotografisches Thema, welches vielleicht zu einem Semester-Projekt passt, nicht vielleicht besser für später, für die Abschlussarbeit aufsparen kann, wenn man hierzu besonders viel zu sagen hat. Hinzu kommt dann ja auch noch ein oft nicht unerheblicher theoretischer Teil. So hatte ich einmal ein freies Projekt abgebrochen (so etwas konnte man sich bei uns auch benoten lassen), da mir mittendrin einfiel: »Das machst du besser später als Abschlussarbeit weiter«.
Unterschied eines Fotografiestudiums zur Ausbildung zum Fotografen
Da ich keine klassische Ausbildung zum Fotografen absolviert hatte, kann ich hier freilich nur mutmaßen, worin die Unterschiede zwischen einer Fotografenausbildung und einem entsprechendem Studium liegen. Wer bis hierher gelesen hat, wird sich sicherlich schon denken, worin der Hauptunterschied meiner Meinung nach besteht: Technik.
An vielen Einrichtungen wird man die gesamte Studienzeit über bis hin zur Abschlussarbeit theoretisch auch mit einer Kompaktkamera im Automodus mit integriertem Blitz arbeiten können, wenn diese Technik denn den eigenen Bild- bzw. Konzeptvorstellungen genügt (was ja derzeit auch in ist). Die digitale Mittelformatkamera, die analoge Großformatkamera, den Fuhrpark an Softboxen und Studiolicht: All dies muss man während des Fotografiestudiums nie zwingend anrühren. Anders natürlich bei einer Ausbildung zum Fotografen: Hier ist es Pflicht, diese Technik zu beherrschen. Hier erlernt man das Handwerk. Ich glaube nicht, dass man bei der Ausbildung mit seinem Fotografenmeister eine Stunde lang über eine einzige Fotografie redet und dabei Parallelen zur niederländischen Genremalerei heran zieht. Ebenso wenig wird man sich hier mit Bildwirkung und einer gewissen Bildkultur beschäftigen, indem man Medienwissenschaftler zitiert.
Die 7 Todsünden der Fotografie zeigt dem Leser die Welt von Internet-Communities, Fotoforen und -Katalogen auf und möchte Anreiz zur Selbstreflexion darstellen: »Benötige ich diese Meinungen oder behindern sie mich gar?« Auf Amazon kann man einen Blick in dieses Buch wagen.
Ein Fotostudium ist viel freier, was jedoch auch bedeutet, dass man selbstständig arbeiten muss. Weiterhin gehört immer noch ein wissenschaftlicher Teil dazu, mit dem man Credits sammeln muss (zumindest war es so bei mir). Wem die Auslagen in den Schaufenstern der meisten örtlichen Fotografen gefallen und so etwas selbst professionell erlernen möchte, sollte sich eher nicht für ein Studium (zumindest hierzulande) bewerben. Und: Wenn man einen klassischen Brotjob mit der Fotografie anstrebt, empfiehlt es sich doch eher, eine ebenso klassische Ausbildung vorzuweisen. „Fotografenmeister“ klingt für viele doch noch etwas seriöser als „Fotodesigner“ oder gar „Diplomkünstler“. Einige gelernte Fotografen setzen ein Studium obendrauf. Hat man nur das Studium, so ist dieses natürlich eine sehr gute Reputation, wenn man sich selbstständig macht (und mit dem Master oder Bachelor für sich wirbt). So eignet sich ein solches abgeschlossenes Studium im Medienbereich natürlich auch gut, wenn man bei einer Medienfirma oder gar Medienanstalt anheuern möchte.
Hey Thomas,
danke für den Beitrag. Ist für mich sehr hilfreich, da ich auch gerade an meiner Mappe sitze und du ein paar Dinge ansprichst, die einem wenn man sie nicht weiß wahrscheinlich schnell zum Hindernis werden können.
Mich würde sehr interessieren, wie du die Bilder für deine angenommene Mappe, mit den Zoobildern gemacht hast. Welche Technik hast du verwendet, damit die Bilder so überlichtet sind? Hast du die kamera einfach unscharf gestellt und und die iso und Belichtungszeit erhöht? Wäre sehr dankbar über eine Antwort.
Liebe Grüße
Hallo Pepe, die Bilder hatte ich analog aufgenommen und sie sind auch etwas verwackelt, nicht ganz scharf. Später hatte ich die Negative in der Dunkelkammer vergrößert und zwar teils mittels auf das Motiv zugeschnittene Kartonmasken, die dann einen Teil des Fotopapiers weiß ließen. Daher der teils „grelle“ Bildeindruck. Es ist eine sehr analoge Arbeit einschließlich Bildfehlern und grober Retusche, die sie dann optisch sicherlich besonders erscheinen lassen.
Viele Grüße zurück!
Hallo Thomas,
das mit den Interessen der Seitenleser kann ich mir vorstellen, es wird nach technischen Themen gesucht. Auch Werbung verstehe ich. Ebenso ist mir der Sinn von Bildern in Texten eingänglich. Und auch kann ich nachvollziehen daß zur Illustration nicht immer die besten Bilder notwendig sind.
ABER: gerade viele Anfänger nehmen sich Beispielbilder zum Vorbild. Sei es aus Büchern, Fotozeitschriften oder Foren etc. Wenn auch nicht immer bewußt, so doch unterbewußt werden Stile übernommen die gefallen oder die meisten Klicks bekommen. Ich nehme mich da nicht aus: Mir erging das als Teenagerin so bis mich mein Mentor (Kunsthistoriker und Fotograf) aufs Gleis setzte. Er stellte viele, meist sehr unangenehme Fragen zu meinen Fotos. Nicht nur zur Technik die er mir sehr gut beibrachte. Meist zum Inhalt. Er bohrte nach. Wir blätterten aber auch durch Fotomagazine, Bildbände und gingen in Ausstellungen. Hätte ich mir den Klassiker von den Analogforenknipsern mit den schönen Tonwerten erlaubt ich wäre hochkannt vor die Tür gesetzt worden. Tiefgang war angesagt. Das vermisse ich heute in Bildbesprechungen.
Als Gedankenspiel: wie wäre es mit Bildbesprechungen mit sowohl a) technischen Überlegungen und b) gestalterischen?
Wenn genug zusammen sind könntest Du sogar einmal über ein gedrucktes Lehrbuch nachdenken.
Thomas,
„Ggf. werde ich hier einmal einige Bilder „besprechen“,…“
Das finde ich gut. Hier hast Du im Vergleich zu vielen anderen Bloggern einen haushohen Heimvorteil. Du bist aufgrund Deines Studiums kein visueller Laie und steckst nicht mit dem Kopf ausschließlich in der Techniksuppe. Natürlich wirst Du niemals die klassischen Hobbyknipser mit ihrer einfachen Denke ansprechen. Sie haben andere Werte. Bilder sind es auf jeden Fall nicht. Leute aber, die Spaß an Fotos haben werden Dir dankbar sein.
Über Kameras, Objektive oder Filmentwicklung kann jeder schreiben, über Fotografie so gut wie keiner.
Solange Du nicht so verkopft wie z.B. Mante (FH Dortmund) über Farbe daherkommst (ich fand seine Publikationen schon vor Jahrzehnten als Studentin unlesbar und „schräg“) wirst Du mit Deiner Schreibe Erfolg haben. Ich drücke beide Daumen
Den Mante finde ich selbst auch etwas verschult. Denen, die ihn noch nicht kennen, empfehle ich ihn trotzdem zumindest als Grundlektüre.
An dieser Stelle erinnere ich mich an einen Film, den wir damals im Studium in einem Seminar schauten „Peeping Tom“. Als ganz besonders kluger Student dachte ich, dass hier immer wieder kehrende Farben irgendeine Symbolik darstellen sollen. Aber eigentlich sind derlei Elemente wohl nur für „Nerds“ gedacht, die sich daran festbeißen sollen, oder einfach nur Zufall! Vermutlich war ich hier durch gewisse Prosa-Literatur mit entsprechenden Symbolen geprägt bzw. „vorgeschult“. Auch dies, um einmal die andere Seite zu zeigen, muss man nicht so heiß essen, wie es gekocht wird. Das Vorwort von so manchem Fotobuch ist genau so langweilig wie die Bilder in den Fotografie-Foren, von denen Du redest.
Zu Bildern auf Foto-Info-Seiten bzw. Büchern: Ich bilde hier ja durchaus auch illustratives Material ab. Ich habe keinen Lehrauftrag oder ähnliches, sondern ich schreibe solche teils langen Texte deswegen, weil ich damit auch Geld verdiene (Werbung auf dieser Seite). Ansonsten würde ich so etwas nicht machen. Teils veröffentliche ich auch Artikel, die typische „weiche Kost“ sind, nebst hübschen Bildern. Dieser Artikel ist da etwas anderes und u. a. auch der andere mit den Fotoserien, den du erwähntest. Aber die meisten „Klicks“ bekommt man damit nicht. Just heute hatte ich wieder einen Spaziergang unternommen, weil ich entsprechend illustratives Fotomaterial benötige. Solche Negative wässere ich gar nicht mehr genügend, weil solche Motive einfach nicht mehr wert sind als Staffage. Sie entsprechen sicherlich dem Gros der Bilder, die jeden Tag in Massen entstehen bzw. veröffentlicht werden. Eine der wenigen Seiten zum Thema, die ich teils mit Interesse verfolge, ist photo-philosophy.net. Vielleicht ist dies ja auch etwas für dich.
Hallo Thomas,
ich denke, das ist zusammen mit «BEWUSST FOTOGRAFIEREN UND AUSGEWÄHLT PRÄSENTIEREN MIT DER FOTOSERIE» Dein bester Artikel.
In beiden redest Du nicht von Technik sondern vom Eigentlichen der Fotografie: den Bildern.
Die wichtigsten Sätze des Beitrags sehe ich hierin: «Mitglieder in den gängigen Fotoforen oder generell im Internet (Facebook-Gruppen, Fotocommunity, DSLR-Forum, …) sind hier zumeist die „falschen Freunde“. Denn der Anspruch eines visuell normal gebildeten Menschen unterscheidet sich häufig von dem innerhalb eines gewissen Hochschul- oder gar Kunstmarkt-Milieus, was das Verstehen und Lesen von Bildern anbelangt. Es reicht keinesfalls aus, dass die eigenen Fotografien für eine Bewerbungsmappe „schön“ sind. ….
…..Im Internet-Fotoforum fanden diese Bilder aber alle ganz großartig.»
Ich denke mehr und mehr Du solltest viel stärker auf Bilder eingehen. Hier hättest Du praktisch ein Alleinstellungsmerkmal im Vergleich zu üblichen Fotoblogs. Unzählige enttäuschte Bewerber für eine Ausbildung in der Richtung »irgendetwas mit Medien und Fotografie« wären Dir zu Dank verpflichtet.
Du zeigst hier auf daß die Welt außerhalb der Foren (soziale Medien), der Fotoclubs und den Fotozeitschriften völlig anders tickt. Es interessiert quasi niemand wie ein Bild entstanden ist. Einzig der Inhalt zählt. Technik ist Mittel zum Zweck. Die Bilder welche bei Lieschen Müller ankommen und Otto Normalverbraucher toll findet sind für eine Bewerbungsmappe schlicht ungeeignet. Gut herausgearbeitet finde ich daß Du darauf hinweist daß die allermeisten Mitmenschen überhaupt nicht in Bildern denken können, daß sie in Denkmustern verharren die für ein Studium viel zu banal sind. Sie lieben Ansichten welche schon vor 50 Jahren als altbacken angesehen wurden. Außer daß man heute völlig unsinnig bei jeder sich bietenden Gelegenheitheit die Blende aufreißt erfolgte keine Weiterentwicklung; zumindest nicht bei den Hobbyknipsern. Will man unter ihnen Erfolg haben dann bedarf es weniger bekannter Mittel. Immer gerne gesehen sind kleine Kinder, romantische Sonnenuntergänge und nackte Titten.
Es wird bei Mappen auf den Inhalt (Semantik) der Bilder geschaut und niemand liebt Plagiate. Man mächte erkennen ob jemand zu einer eigenen Bildsprache fähig sein kann. Ideen, Bildinhalte sind gefragt, nicht ob man das neueste und beste Objektiv benutzte oder das fünftausendste Eisvogelbild mit Fisch im Schnabel abgelichtet hat.
Wer sich von Fototechnik angesprochen fühlt sollte sich um eine Stelle im Verkauf bemühen. Hinter der Ladentheke sind solche Leute gut augehoben. Dort können sie den lieben langen Tag über Technik quasseln. Selbst eine klassiche Fotografenlehre ist für diesen Personenkreis wahrscheinlich keine gute Idee. Die Ausbildung ist zwar praxisbezogener, techniklastiger und verschulter (Berufsschule), aber wer im Job überleben möchte muß für Bilder leben und nicht für die Ausrüstung. Wer keine Phantasie hat wird es im Leben als Fotograf schwer haben wenn er nicht den lieben langen Tag Passfotos aufnehmen möchte. Selbst bei Repros von Gemälden wird es sonst knapp wenn sie für mehr als den Katalog im elektronischen Auktionshaus dienen sollen.
Alle diejenigen die mehr in Bildern sehen, die gar Kunst machen wollen empfiehlt sich ein dementsprechendes Studium. Aber immer aufgepaßt: es handelt sich u.U. um ein reines Kunststudium. Ob man nachher damit Geld verdienen kann steht auf einem anderen Blatt. In den meisten Studiengängen ist Technik Nebensache. Sie wird so gut wie gar nicht unterrichtet.
Übrigens, zwei kleine Anmerkungen:
a) ich habe bei allen meinen Aufnahmeprüfungen für ein Fotostudium im ersten Anlauf problemlos bestanden. Ich kam, redete, zeigte Fotos und bekam die Zusage. Ein schwerer Nachteil wie ich schmerzhaft lernen durfte. Ich wähnte mich im Anschluß auf einem (viel zu hohen) Ross von dem ich erst absteigen mußte.
b) das Beispiel mit den Pimmelbildern kann ich gut nachvollziehen auch wenn es mich irgendwie an Manzonis «merda d’artista» erinnert. Auffallen, Konzept und gute Bildinhalte sind die halbe Miete um fürs Kunststudium angenommen zu werden. Nix buntes Landschaftsgeknipse, Frolleinkitsch und ähnlicher Quatsch den man in den Foren und Blogs sieht.
Hallo Frau Müller, danke für deine An- und Einsichten. Wieder einmal sehr interessant! Ggf. werde ich hier einmal einige Bilder „besprechen“, wie es im Studium der Fall ist. Vermutlich werde ich das dann aber anhand von Fremdmaterial tun. Danke und Gruß.
Sehr gerne gelesen. Ich wurde damals in Bielefeld nicht genommen und habe im Anschluß eine Ausbildung gemacht. Es war schön, auch mal über das Studium zu lesen, das hätte mir gut gefallen. Da es schon meine 2. Ausbildung war, fehlte mir die Zeit für viele weitere Anläufe. Studium und Ausbildung sollten eigentlich zusammengeführt werden, beides würde sich von den Inhalten perfekt ergänzen. LG