Filmen mit einer analogen Schmalfilmkamera: Film entwickeln, vorführen, digitalisieren
Analoge Fotografie heißt nicht nur einzelne Bilder fotografieren – Man kann darüber hinaus natürlich auch ganz ohne Elektronik Filme drehen: Für diesen Beitrag haben wir eine simple Schmalfilmkamera mit frischem Film bestückt, einige Sequenzen gedreht und das Ergebnis gibt es auch zu sehen.
In diesem Beitrag möchte ich demonstrieren, wie man auch heute noch recht problemlos und ohne spezieller Ausrüstung ›Schmalfilme‹ belichten-, entwickeln und präsentieren kann. Ich bin auf diesem Gebiet ebenfalls Anfänger und es soll hier auch keine direkte Anleitung geben: Es sollen nur grob die Technik und die nötigen Arbeitsabläufe demonstriert werden. Ein Freund von mir hatte den Dreh organisiert.
Wir hatten frischen Fomapan 100 R S/W-Film belichtet: Obwohl man mit jedem Smartphone eine – technisch gesehen – viel bessere Qualität erhält, wird heute (Stand 2024) immer noch Schmalfilm hergestellt. Es ist offenbar noch ein genügend hoher Absatz an Liebhaber des analogen Filmens vorhanden, dass sich die Produktion weiterhin lohnt.
Die Schmalfilmkamera
Mit dieser kleinen Kamera (eine »Zeiss Ikon Kinamo S10«) hatten wir unser Filmchen gedreht. Sie belichtet Filme im Format 16 mm. Verbreitet ist auch das 8mm-Format sowie das spätere Super-8-Format. Viele dieser Kameras besitzen einen Federmotor: Man spannt ihn mittels der Kurbel und danach transportiert er den Film im Innern. Elektronik gibt es hier keine. Auf dieser Abbildung sind ebenfalls die typischen Filmschachteln zu sehen – und zwar einmal zwei aus den 1930er Jahren sowie zwei aktuelle von Foma. Die Filmkamera selbst tut ihren Dienst seit 90 Jahren – Und sie surrt immer noch wie am ersten Tag.
Eine Übersicht über die verschiedenen Schmalfilm-Formate findet sich auf dieser Seite. Wenn man also eine funktionierende analoge Filmkamera besitzt und damit auch filmen möchte, muss man erst einmal in Erfahrung bringen, für welchen Filmtyp diese gedacht ist und dann ob es im Handel hierfür noch Film gibt.
Film einlegen
Bevor man filmen kann, muss zunächst – wie bei jeder analogen Kamera – der Film eingelegt werden. So schaut die Kinamo-Kamera hierzu geöffnet aus:
Bei diesem Model wird der Film zunächst in eine passende Blechkassette eingelegt, welche danach wiederum in der Kamera selbst Platz findet. Das Einlegen des lichtempfindlichen Filmes in eine solche Kassette muss in absoluter Dunkelheit geschehen. Alternativ nutzt man einen Filmwechsel-Sack im Hellen. Das Einsetzen bzw. Wechseln der Kassetten selbst in die Kamera jedoch kann bei gedämpftem Licht geschehen. Bei anderen Schmalfilmkameras ist dies sicherlich etwas anders gelöst bzw. je nach Model etwas anders. In der Kassette befinden sich zwei Spulen:
Auf dem oberen Foto abgebildet ist zudem ein kleiner Filter (eine Nahlinse) für das Objektiv. Ton kann mit dieser Kamera nicht aufgenommen werden. Diesen müsste man separat aufzeichnen und später Ton und Film gleichzeitig abspielen bzw. synchronisieren (daher auch die ikonische Filmklappe).
Durchschaubare Technik
Die von uns genutzte Kamera ist von recht einfacher Natur: Sie besitzt nur ein „Fix-Fokus-Objektiv“. Ein Scharfstellen ist nicht möglich und meist auch nicht notwendig. Denn durch das leichte Weitwinkel und das recht kleine Bildmaß ist die Schärfentiefe bei diesem Model ohnehin recht hoch, dass nicht genau fokussiert werden muss. Für Nahaufnahmen nimmt man dann einfach eine Nahlinse. Bei unserem kleinen Film, den ich etwas weiter unten eingebettet habe, sieht man auch, dass man solch eine Kamera nicht unbedingt dazu nutzt, um eine hohe Abbildungsqualität zu erlangen. Hierfür gibt es modernere bzw. aufwendiger gebaute Schmalfilmkameras mit besseren Objektiven.
Der Kinamo belichtet 16 Bilder pro Sekunde. Auch dies kann man hier nicht ändern: Die Filmkassette einlegen, den Federmotor mit der kleinen Kurbel aufziehen, Blende je nach Lichtverhältnis einstellen und dann mit dem Finger für die erste Szene den Auslöser niederdrücken. Mehr braucht man hierbei nicht beachten.
Kleine Vorschau: Als Resultat hat man einige Meter belichteten und entwickelten Film. Dieser wird auf einer Spule aufgerollt und in einer solchen Filmdose gelagert.
Belichtungsmessung
Wie eben schon erwähnt: Mit der Blende steuert man hier die richtige Belichtung (und ggf. via Graufilter, wenn es zu hell ist). Eine regelbare „Verschlusszeit“ wie bei einer Fotokamera gibt es so hier nicht. Man ist auf die 16 Bilder pro Sekunde beschränkt. Aber ich weiß dabei nicht, wie lange ein jedes dieser 16 Bilder netto belichtet wird.
Der Freund sagt: Nimm einfach den Blendenwert, welcher dir der Belichtungsmesser bei der 1/30 Sekunde vorschlägt:
Dies ist ein alter Belichtungsmesser (der bekannte ›Lunasix 3‹ von Gossen). Zunächst muss man diesem mitteilen, welche Empfindlichkeit der genutzte Film besitzt. Der von uns genutzte Fomapan 100 R besitzt eine Empfindlickeit von 100 ASA. Nun misst man einfach das Licht (siehe auch → einen externen Handbelichtungsmesser nutzen). Bei dem hier gezeigten Lunasix kann man dann einfach ablesen, welcher Blendenwert der 1/30 Sekunde gegenüber steht (hier Blende 16). Diesen Wert überträgt man auf das Objektiv der Filmkamera. Der hier gezeigte Lunasix hat sogar einen „Cine-Modus“. Man benötigt diese Skala jedoch nicht zwingend.
Man kann zur Belichtungsmessung auch eine Smartphone-App nutzen. Oder – noch einfacher – man nutzt eine simple Belichtungstabelle (wie sie bei der Kinamo sogar am Gehäuse angebracht ist). Man kann auch einen Rechenschieber zum Ausdrucken nehmen. Einen (teuren) Belichtungsmesser benötigt man hier nicht. Den hatte man früher ja auch nicht. Unser Film ist teilweise auch überbelichtet und dann wieder etwas unterbelichtet – dies ist hier, in diesem Bereich, nur charmant – eben analog.
Aufnahmedauer und Kosten
Analog fotografieren und erst recht filmen ist leider ziemlich teuer geworden: Eine Rolle (30,5 Meter) Fomapan 100 R kostet derzeit ca. 40 Euro. Die von uns genutzte Kamera belichtet 16 Bilder pro Sekunde, was umgerechnet ca. eine reichliche Minute Aufnahmezeit pro 10 Meter Film bedeutet. Etwas über drei Minuten filmen kostet hier also 40 Euro.
Den Film entwicklen
Nach der Belichtung muss der Film in absoluter Finsternis aus der Kassette / Kamera entnommen- und in eine solche Filmentwicklungsdose eingespult werden:
Das Prinzip ist hier natürlich ganz ähnlich wie bei der Entwicklung von S/W-Film, welcher in einer analogen Einzelbildkamera belichtet wurde. Nur die Filmdose ist hier viel größer, da der Schmalfilm ja viel länger ist. Und die Fotochemie ist bei der Umkehrentwicklung in ein tonwertrichtiges (nicht negatives) Bild auch etwas anders.
Eine Detailaufnahme. Der gesamte Film wird zur Entwicklung auf diese Spirale gespult (in absoluter Dunkelheit). Sie verschwindet dann im Innern des (lichtdichten) Kanisters und nacheinander werden Chemiebäder ein- bzw. ausgegossen, während dabei die Spirale gedreht wird. Diese Entwicklerdosen für Schmalfilme gab es lange Zeit gebraucht günstig („Lomo Tank“ – heute leider recht teuer). Und derzeit wird eine sogar in kleiner Manufakturarbeit in Deutschland neu produziert (leider auch entsprechend preisintensiv).
Hier abgebildet sind die zur Entwicklung nötigen Chemieflaschen (Erstentwickler, Umkehrbad, Klärbad, Zweitentwickler, der Fixierer fehlt auf diesem Bild). Foma bietet seinen „Fomapan R100 Umkehrsatz“ an. Das ginge aber bei bereits einem 16mm-Film sehr ins Geld. Auf Filmkorn.org sind viele Tipps und Hinweise aufgelistet, wie man auch ohne spezieller Chemie und sogar ohne speziellem Entwicklungstank zu gut entwickelten Filmen gelangt.
Umkehrfilme wie den Foma R kann man übrigens nicht mit einem klassischen S/W-Entwickler entwickeln, da hierbei ein Schleier (Lichthofschutz) auf dem Film bleibt. Das ist schade. Denn wenn man einen solchen Film nur digitalisieren möchte, genügt ja ein Negativfilm, den man am Computer einfach in ein Positiv umwandelt.
Film vorführen
Wie auch bei der klassischen Entwicklung von Filmen der analogen Fotokameras muss der lange Schmalfilm nach der Wässerung trocknen. Danach kann man ihn sich anschauen. Dies geht dann typischerweise mit einem solchen Filmprojektor:
Ein Filmprojektor ist sozusagen eine umgedrehte Kamera: Wieder läuft der Film von einer Spule am Objektiv vorbei auf die andere Spule. Nur befindet sich hinter dem Objektiv eine starke Lampe, welche den Film durchleuchtet und somit eine helle Projektion erzeugt. Eine etwas ausführlichere Beschreibung eines solchen Filmprojektors (auf einfach) findet sich auf dieser Seite. Manche dieser Filmprojektoren sind übrigens recht laut während der Wiedergabe.
Schmalfilm digitalisieren
Zur Digitalisierung von unserem Film, damit ich diesen hier zeigen kann, hatte ich einfach die Projektion des Filmprojektors mit einer Digitalkamera abgefilmt. Hierzu sollte der Raum sehr dunkel sein, damit kein Fremdlicht auf die Leinwand fällt. Die Projektion muss zur Digitalisierung auch nicht groß sein: Ein Bild, welches auf ein Din-A3-Zeichenblatt fällt, reicht bereits aus. Es ist dann auch heller. Vermutlich kann man so etwas auch schon mit einem Smartphone abfilmen.
Allerdings muss am Ende in einer Videobearbeitung am Computer noch entzerrt werden, denn dadurch, dass die Digitalkamera versetzt neben dem Projektor steht und somit leicht gedreht werden muss, erhält man ein leichtes Trapez der eigentlich rechtwinkligen Projektion. Man könnte jedoch auch den Projektor gegensätzlich etwas schräg zur Projektionswand positionieren, damit sich dies ausgleicht. Ich nutzte zum Digitalisieren ein altes Shift-Objektiv, wodurch ein späteres Entzerren am Computer nicht nötig war. Es gibt auch manche Anbieter, die u. a. Schmalfilme mit speziellen Geräten digitalisieren.
Selbst gedrehter 16mm-Film
Jetzt gibt es, wie versprochen, auch noch etwas zusehen, denn ich bin ja kein bloßer Technik-Theoretiker – sondern seit Kurzem sogar Schauspieler:
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(Konzept und Technik: Thomas Pantke)
Wie man sieht, besitzt unser Film visuell doch schon einen recht ausgeprägten, flackernden Nosferatu-Bildstil – Aber ich finde gerade dies sehr interessant. Insbesondere mit dem von uns genutzten 16mm-Format kann man natürlich auch technisch relativ hochwertige Ergebnisse produzieren: Es kommt hier eben (wie bei der „Einzelbild-Fotografie“) darauf an, welchen Kameratyp nutzt man, welches Objektiv, welchen Entwickler, mit welcher Qualität wird projiziert. Bis in die frühen 2000er Jahre hatte man mit diesem Filmformat sogar noch professionell gearbeitet (Dokumentationen, Spiel- und Fernsehfilme).
Kurzum
Bei unserem selbst gedrehten Film erfolgte übrigens kein Schnitt später am Computer – alle Szenen wurden in der Kamera geschnitten. Will meinen: Bei den heutigen Filmpreisen überlegt man sehr genau, was man filmt, wann man den Auslöser drückt. Schneiden kann man dieses Filmmaterial natürlich durchaus – mit einer simplen Schere. Zusammengefügt werden derlei Filmenden dann mit speziellem Transparenzklebeband und einer kleinen Stanze für die Perforationslöcher. So einfach, so analog kann das sein. Viele Begriffe aus dem analogen Filmbereich benutzt man heute ja weiter (Schnitt, Film, Klappe, selbst „Kamera“ – also dunkle Kammer).
Seltsamerweise erscheinen mir bei der wackeligen Projektion solcher analogen Schmalfilme beispielsweise das stumme, vom Knattern des Filmprojektors übertünchte Rauschen von Baumwipfeln im Wind oder das Schlendern eines Passanten auf einem Gehweg viel poetischer, als es bei einer technisch perfekten Filmaufnahme mit heutiger Technik möglich ist. Ich glaube, diese bestimmte Art von Poesie ist der Grund, warum einige Enthusiasten weiterhin kleine Filme mit so einer technisch eigentlich längst überholten Filmtechnik drehen.
Einige Links zu diesem Thema sollen noch folgen:
Gerne können noch weitere Hinweise, Korrekturen, Tipps bzw. Linkempfehlungen zum Thema Schmalfilm über die Kommentarfunktion vorgeschlagen werden.
Hallo Thomas.
Ein wirklich interessantes Projekt, welches Du in gewohnt guter Weise dokumentiert hast. Vielen Dank für diesen Beitrag.
Das Entscheidungen im Hobbybereich selten etwas mit Vernunftsentscheidungen zu tun haben, ist ja hinlänglich bekannt und so ist es auch bei der analogen Filmerei. Manch einer erhebt es ja auch zur Kunstform und kann gut davon leben. Vorausgesetzt natürlich, das er Kunst studiert hat und eine Reihe von Ausstellungen in Übersee hatte. Aber das ist wieder ein anderes Thema.
Was mich etwas verwundert hat, dass diese Filme überhaupt noch angeboten werden. Zugegeben, man lässt sich das fürstlich bezahlen aber die Gewinnmarge dürfte sich doch in engen Grenzen halten. Bei dem Studium Deines Beitrages kam mir auch die Frage in den Sinn, wie man einen solchen ellenlangen Film nach dem Entwickeln trocknet. Oder hab ich da was überlesen?
Schönen Gruß von Günter
Hallo Günter, der Kollege besitzt zwei von den abgebildeten Entwicklerdosen bzw. zwei dieser großen Spiralen: Nach dem Wässern wird die erste mit dem Film etwas abgeklopft, damit das Wasser grob abtropfen kann. Dann wird der Film in die andere, trockene Spirale gespult und darin getrocknet. Da die Länge hier nur max. 15 Meter Film beträgt, kann man diesen auch quer in einem Raum trocknen oder in Schleifen auf einem Tuch auslegen. Es gibt auch drehbare Trommeln, die man sich an die Wand schrauben kann und wo der nasse Film platzsparend zum Trocknen aufgewickelt wird.
Viele Grüße zurück!