GAS: Etwas Kamera-Schau der Linhof Technika Großformatkamera
Dieser Artikel soll hauptsächlich etwas fürs Auge sein: Jüngst hatte ich die Möglichkeit, mir eine 4×5 Inch Großformatkamera auszuleihen, eine Linhof Technika Laufbodenkamera. Eine wunderschöne und vor allem von den Ingenieuren sehr durchdachte Kamera. Aber sehen Sie selbst!
Zunächst soll sich aber noch kurz diesem seltsamen Begriff aus dem Titel gewidmet werden, welcher seinen Ursprung sicherlich erst durch das Internet erfuhr: GAS. Das Präsentieren von wunderschöner alter Kameratechnik gleicht doch einer Modenschau im besten Licht und „GAS“, was ist denn das? Hierbei handelt es sich um ein Akronym und die Buchstaben bedeuten ausgeschrieben „Gear Acquisition Syndrome“, also ins Deutsche übersetzt soviel wie (zwanghaftes) Technik-Anschaffen-Syndrom.
Die Linhof Technika im Einsatz.
Hier geht es also um die Faszination für technisches Gerät, ohne dass man dieses rein praktisch unbedingt benötigt. Weiterhin ist die Abkürzung auch in der Psychologie vertreten und meint eine „Generalisierte Angststörung“, was jedoch nichts mit dem Thema Fotografie zu tun hat – Nur vielleicht, wenn man Angst hat, dass die begehrten Kameras bei Ebay immer teurer werden, weil die Nachfrage (wieder) steigt.
Dieses fotografische GAS muss sich dabei freilich nicht auf schöne analoge Kameras beschränken. Gerade aber auf diesem Gebiet gibt es aber so manch herrliche Fototechnik zu entdecken. Und hier zeige ich einmal ein gar wundervolles Schmuckstück: eine alte Linhof Technika 4×5 Inch Großformatkamera, welche geschätzt in den 1960er Jahren gebaut wurde:
Die Technika ist eine sogenannte Laufbodenkamera: Sie lässt sich zum Transport zusammenklappen. Die Vorderseite kann man dann ausklappen und auf diesem „Boden“ läuft dann die sogenannte Standarte, an welcher sich das Objektiv (mit Verschluss) und ein Balgen befindet. Man nennt u. a. solche Typen oft auch Balgenkameras. Besser ist die Sache mit dem Laufboden auf diesem Foto zu sehen:
Ganz im Sinne des Camera Porn wird bei dieser Abbildung auch etwas mit Effekten gespielt: Denn wie bei den meisten Großformatkameras kann man freilich auch bei der Linhof gewisse Verstellungen vornehmen. Ob man diese überhaupt für die fotografische Praxis benötigt, sei einmal dahin gestellt. Das sogenannte Tilt benötigt man zum Beispiel, um ein Schachbrett ohne äußerst starkes Abblenden komplett scharf abbilden zu können. Aber wer fotografiert schon Schachbretter? Solche Kameras wurden also seinerzeit insbesondere für die Werbe- und Produktfotografie hergestellt (und mussten weiland verdammt teuer gewesen sein).
Mit dem Hebelchen vorne lässt sich das Objektiv vorne „shiften“.
Wesentlich mehr Sinn für die fotografische Praxis wird die Möglichkeit des sogenannten „Shift“ ergeben. Hier kann man das Objektiv nach oben, unten und zur Seite bewegen, man kann es shiften bzw. (den Bildkreis) verschieben. Dadurch nämlich, dass hierbei z. B. die Kirchturmspitze wieder ins Bild geshiftet werden kann, kann die Kamera selbst absolut lotrecht bzw. waagerecht platziert werden: Es werden keine stürzende Linien auftreten, welche man später entzerren müsste. Dies ist der zweite, wichtige Anwendungszweck einer solchen (verstellbaren) Großformatkamera: Die Architekturfotografie.
Eine weitere Besonderheit solcher Laufbodenkameras ist die Möglichkeit, die Welt durch eine Mattscheibe zu betrachten:
Mit Hilfe einer solchen Mattscheibe lässt sich das tatsächliche Bild sehr genau komponieren, da hierbei (im Gegensatz zu einem Spiegelreflexsystem) nichts beschnitten wird. Zum Scharfstellen benutzen viele Großformatfotografen eine Lupe, die man auf die Mattscheibe setzen kann. Weiterhin ist das obligatorische schwarze Tuch hierbei über dem Kopf sinnvoll. Mit diesem sperrt man ungünstiges Sonnenlicht beim Betrachten der Mattscheibe aus. Ist alles eingestellt, schließt man vorne den Verschluss und schiebt eine Planfilmkassette zwischen Mattscheibe und Kamerabody. Man spannt den Verschluss, zieht den Schutzschieber aus der Kassette und löst aus. Danach nicht vergessen, den Schutzschieber wieder in die Planfilmkassette zu schieben.
eine 4×5 Inch Planfilmkassette
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Hier sehen Sie sowohl die angesprochene Planfilmkassette und den hierzu nötigen Planfilm im Format 4×5 Inch. Eine Kassette fasst zwei Planfilme – auf jeder Seite einen. Für das zweite Bild muss man die Kassette umdrehen. Das Fotografieren mit einer Großformatkamera beansprucht Zeit und Konzentration. Weniger die sehr hohe Auflösung, die damit erreicht werden kann, als eben diese bedachte Art des Fotografierens, macht für viele Hobbyfotografen heute den Reiz dieser analogen Kameras aus (und natürlich das GAS).
Und wie funktioniert das mit dem Hoch- bzw. Querformat? Muss man die Kamera beim Wechsel drehen? Mitnichten: Man kann an der Linhof Technika das Rückteil drehen!
Zum Schluss dieser kleinen Vorstellung soll noch ein Bild mit dem Zubehör der Linhof folgen. Hier sieht man auch die Kamera selbst im zusammengeklappten Zustand. Weiterhin ist auf dem Foto ein Handgriff zu sehen, den man recht einfach und stabil an das Gerät anstecken kann und der dazu dient, dass man diese Großformatkamera tatsächlich auch aus der Hand, also ohne Stativ, nutzen kann! Hierzu verfügt die Linhof auch über einen gekoppelten Entfernungsmesser, damit man ohne Mattscheibe scharf stellen kann. Was hierbei allerdings auf dem Bild fehlt, ist der (jeweils zum Objektiv passende) Aufstecksucher.
Weiterhin zu sehen ist eine Planfilmkassette und ein Rollfilmrückteil. Denn man kann mit der Linhof Technika durchaus auch auf normalen Rollfilm fotografieren. Zudem ist ein Wechselobjektiv zu sehen. Jedes Objektiv sitzt in einem „Verschluss“ (damit werden die exakten Belichtungszeiten realisiert) und dieser sitzt auf einer „Platine“. Diese Platine wird zum Objektivwechsel einfach in die Standarte eingesetzt und verriegelt. Weiterhin sind auf dem Bild noch eine Lupe für die Mattscheibe und eine Sonnenblende zu sehen.
Und dies war die kleine Vorstellung der Linhof Technika.
Hallo
Ein sehr interessanter Beitrag.
Bis in die 60er Jahre wurden diese Kameras auch als Pressekameras eingesetzt.
Andere Beispiele fuer Pressekameras sind Graflex Crown und Graflex Speed.
Meine Kamera ist eine Graflex Graphic View 4×5 mit einem alten Voigtar Objektiv.
Das Objektiv hat keine Verguetung das bedeutet eine Einschraenkung auf Schwarz Weiss.
Warum nicht einmal ein Schachbrett ablichten? Die Schaerfe auf eine Figur einstellen, Tilt und Swing so schwenken das nur eine Figur scharf abgebildet wird.
Das Ausprobieren der Schaerfe und die Verstellung der Standarten ist interessant.
Es ist ein Erlebnis ein 4×5 Negativ zu betrachten.
Die Dias im 4×5 Format muss man gesehen haben, macht Ringe um jedes Kleinbild Dia.
Noch ein wichtiger Hinweis. Man muss laenger belichten wenn man das Objektiv weiter von der Mattscheibe entfernt.
Die Schaerfentiefe ist viel geringer als bei einer Kleinbildkamera.
Ich selber besitze eine Grossformat Kamera 4 x 5″ .
Habe daraus eine Handy-Kamera gemacht; Objektivplatte Original von Cambo mit Schneider Objektiv 47mm
Rückteil 4 x 5 “ Standarte mit Rollfilmkasette 6 x 12 cm
Das Zwischenstück habe ich aus Teakholz gefertigt,
Die Bilder sind hervorragend
Das Fotomaterial ist Diafilm und dann habe ich einen hochauflösenden Durchlichtscanner, damit bekomme ich Bilder , die nur mit sehr, sehr teuren Digiback erreicht werden können.
Ein Panoramabild hat dann etwa 600MB und eignet sich für sehr grosse Bilder
Meine Kunden sind vorwiegend Herstellfirmen von Grossbild Foto-Kalendern