Analoge Kamera im Trockendock: So testen Sie das Gerät auf Funktion noch vor dem ersten Film
Es werden zwar auch heute noch analoge Kameras neu hergestellt. Die meisten werden ihre Exemplare jedoch sicherlich auf dem Gebrauchtmarkt kaufen. In diesem Beitrag wird demonstriert, wie man einen alten Fotoapparat auf Funktionalität testen kann – und zwar zunächst ohne eingelegten Film.
In den letzten Jahren ging schon so manche alte mechanische Kamera durch meine Hände. Ich selbst habe mit dem Privatkauf über Ebay durchaus gute Erfahrungen gemacht und so sehr viel Geld gespart gegenüber dem Kauf analoger Kameras in einem Fotofachgeschäft (siehe auch → Was ist bei Ebaykäufen zu beachten?).
Aber: Man sollte hierbei ein gewisses technisches Verständnis besitzen und die neue Gebrauchtkamera zunächst testen, bevor man den ersten Film belichtet. Im folgenden Video wird am Beispiel einer klassischen einäugigen Spiegelreflexkamera für das Kleinbild erklärt, worauf man als erstes achten sollte, wenn man eine gebrauchte analoge Kamera erworben hat:
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Denn bevor man den ersten Testfilm einlegt, kann man durchaus schon die wichtigsten Funktionen sozusagen auf dem Trockendock testen. Diese Tipps sind auch für die Leute wichtig, die gerne alte analoge Kameras z. B. spontan auf Flohmärkten kaufen. Denn ob diese überhaupt noch funktionieren, kann man häufig bereits direkt vor Ort in wenigen Minuten ausprobieren.
Prinzipiell lässt sich schnell folgendes ermitteln:
- Funktioniert der ›Verschluss‹, also laufen alle Belichtungszeiten sauber ab?
- Sind die Lichtdichtungen noch in Ordnung?
- Bewegt sich der Spiegel ordentlich und wird er in die richtigen Position zurück geführt? (Betrifft nur einäugige Spiegelreflexkameras.)
- Funktioniert die Springblende am Objektiv ordentlich bzw. springt sie zuverlässig innerhalb eines Sekundenbruchteils? (Betrifft nur einäugige Spiegelreflexkameras.)
- Funktioniert der Filmtransport ordnungsgemäß?
Für den letzten Punkt benötigt man dann tatsächlich einen Testfilm (der aber nicht entwickelt werden muss): Das Objektiv wird abgeschraubt, der Verschluss wird geöffnet („B-Stellung“), mit einem wasserfesten, spitzen Stift werden von vorne hindurch je zwei Striche rechts / links auf dem nun sichtbaren Film gezogen. Der Verschluss wird wieder geschlossen und der Film zum nächsten Bild transportiert. Erneut werden zwei Striche gezogen. Dies wiederholt man mehrmals.
Man nimmt dann den Film aus der Kamera und schaut sich diesen an. Zwischen den Strichen sollte es genügende Abstände geben. Sind diese Abschnitte nicht vorhanden, gibt es später Bildüberlappungen. Diesen Test sollte man insbesondere bei Mittelformatkameras vornehmen, die für Bildüberlappungen berüchtigt sind (Pentacon Six, Kiev).
Alle anderen aufgeführten Funktionen lassen sich, wie man im Video sieht, jedoch auch ohne einen solchen Testfilm und ohne Werkzeug feststellen.
Am Ende des Videos war die Rede vom Überprüfen des tatsächlichen Fokus auf der Filmebene, indem man einfach eine Mattscheibe hinten auflegt. Dieses Foto demonstriert diesen Test: Die Kirchturmspitze, die vorher im Sucher scharf abgebildet war, muss dann auch auf der Filmebene (auf der Mattscheibe) scharf erscheinen, wenn der Verschluss per „B-Stellung“ geöffnet bleibt. Obacht: Dies testest man bei offener Blende und die Mattscheibe muss zum einen mit der matten Seite zum Objektiv zeigen und sie muss korrekt und plan auf der Filmführung aufliegen. Hierzu empfiehlt sich eine stärkere Lupe zur Kontrolle.
Ich nehme dann im Anschluss noch einen S/W-Film und teste durch richtige Belichtungen bzw. Fotos bei offener Blende, ob die Schärfe stimmt, also ob das, was im Sucher meiner analogen Kamera scharf abgebildet-, tatsächlich auch auf dem Film scharf wird. Hierzu bedarf es nur wenige Aufnahmen (s. u.).
In einem Wechselsack schneide ich dann das belichtete Stückchen Film ab bzw. spule es in die Entwicklerspule. Wer S/W-Film selbst entwickeln kann muss also nicht einen ganzen Film zum Testen der analogen Kamera verbrauchen, wenn man nur einige wenige Probeaufnahmen macht.
Auf dieser Abbildung sieht man meinen kurzen Testfilm. Bereits bei offener Blende ist die Schrift im Nahbereich (dies ist der kritische Bereich) noch genügend scharf abgebildet. Bei abgeblendetem Objektiv ist sie noch schärfer, was jedoch daran liegt, dass hier ein sehr einfaches Objektiv verwendet wurde: Das alte Meyer Görlitz Domiplan ist bei offener Blende einfach noch nicht „knackscharf“. Auch, wenn diese Kamera auf die Ferne fokussiert ist (drittes Bild), ist die Schärfe genau da, worauf ich sie zuvor im Sucher eingestellt hatte.
Weiterhin stimmt der Verschluss einigermaßen: Die Helligkeit des ersten Bildes (Offenblende; 1/30 Sekunde) ist fast so wie bei dem zweiten Bild (f/11; 1/2 Sekunde). Dies kann man freilich auch noch für alle anderen Verschlusszeiten prüfen, indem man jene verstellt und proportional dazu die Blende entsprechend ebenso. Die Helligkeit sollte dann immer gleich bleiben.
Die geringe Abweichung hier ist bei einer vierzig Jahre alten Kamera zu vernachlässigen. Und: Ich hatte die Kamera mit dem eingelegten Testfilm gründlich mit einem Blitzgerät beleuchtet! Wozu dies? Um bei dieser Gelegenheit gleich zu testen, ob das Gehäuse auch noch lichtdicht ist. Käme Fremdlicht in die Kamera, hätte man dies dann bei diesem kurzen Testfilm deutlich gesehen.
Der Test mit dem Blitzgerät ging einer kleinen Reparatur der Lichtdichtungen der alten analogen Kamera voraus: Diese waren nach Jahrzehnten klebrig geworden und hielten das Umgebungslicht höchstwahrscheinlich nicht mehr vom Innern des Gehäuses / vom eingelegten Film fern. Es werden teils auch universelle Lichtdichtungs-Kits (bereits geschnitten) angeboten.
Die Schwachstelle vieler alter, gebrauchter analoge Kameras: Die Lichtdichtungen sind porös, klebrig und krümelig. Sie sollten entfernt- und ausgetauscht werden.
Also schnitt ich ganz dünne Streifen Moosgummi zurecht und drückt diese Streifen einfach in die Fugen rund um das Gehäuse. Das Moosgummi hält von selbst. Innerhalb weniger Minuten wurde auch diese Kamera lichtdicht repariert. Es bedarf hierzu nicht unbedingt ein spezieller, zugeschnittener Schaumstoff.
Erst jetzt lege ich einen Film ein und beginne mit dem „richtigen“ Fotografieren. Ich weiß nun, dass meine alte Kamera funktioniert und ich bin vor bösen Überraschungen gefeit.