Anleitung um Cyanotypien selber anzufertigen (mit fertigem Set)
Das Anfertigen von Cyanotypien ist sehr einfach und auch für Anfänger kein Problem. Allerdings benötigt man hierzu zwei Tütchen Rohchemie. Glücklicherweise gibt es aber auch bereits fertige Cyanotypie-Sets, die diese in sehr kleiner Menge enthalten. Ein solches Kit lag mir vor und nun folgt eine kleine Anleitung mit Fotos.
Eine Cyanotypie kann man ohne Dunkelkammer ganz schnell selber anfertigen. Ich nutzte hierzu ein Negativ. Typischerweise legt man zum Belichten aber einfach Blätter oder Folien auf das selbst beschichtete Papier.
Die analoge Fotografie ist ziemlich mannigfaltig: Man kann mit teuren Apparaten technisch hochwertige Fotografien anfertigen. Man kann aber auch auch mit ganz simplen Mitteln und Techniken kleine Kunstwerke zaubern. Zu letzterem zählt die Cyanotypie. Eine Kamera bzw. ein fotografisches Negativ ist hierzu nicht notwendig (man kann ein solches natürlich auch nutzen).
Ich hatte vor Jahren das letzte Mal Cyanotypien angefertigt. Damals gab es – soweit ich mich erinnere – keine fertigen Sets mit der hierzu nötigen Chemie (zwei Sorten Pulver) zu kaufen. Unter uns Studenten hatte einer beim Chemiehandel zwei Fässchen mit der Chemie besorgt und wir teilten das dann auf. Auf dem Rest bleib er sitzen. Dies ist generell ein Problem, wenn man sogenannte »Edeldruckverfahren« ausprobieren möchte. Heute bietet der Handel für bestimmte Nischen etwas mehr:
Set von »tschitscherin« (Instagram)
Im Internet-Fachhandel (beispielsweise bei ›Fotoimpex‹ oder bei ›Franalog‹) gibt es fertige Sets mit kleinen, verbraucherfreundlichen Teilmengen zu kaufen. Mein hier abgebildetes Set hatte ich von einem kleinen, lokalen Anbieter erworben (es wird eigentlich für Workshops hier vor Ort zusammengestellt). Wie ich gesehen habe, gibt es sogar fertig beschichtetes Papier zu kaufen. Das muss man dann gar nicht mehr selber bestreichen. Aber hier würde mir bereits ein wichtiger Schritt des „analogen Handwerkes“ fehlen.
Kurzanleitung
- Ein saugfähiger Karton wird mit einer Tinktur bestrichen und getrocknet. Eine Dunkelkammer ist nicht nötig.
- Der Karton wird in die Sonne gelegt, darüber z. B. ein Baumblatt. Man wartet nun ca. 10 Minuten (besser etwas länger, s. u.).
- Der Karton wird für ca. 8 Minuten unter Wasser gespült. Danach wird er getrocknet.
Fertig ist die Cyanotypie.
Nun soll es aber etwas detaillierter werden:
Was benötigt man?
Mein Cyanotypie-Kit beinhaltet:
- Chemie-Pulver Teil A (»rotes Blutlaugensalz«); 2 g
- Chemie-Pulver Teil B (» Ammoniumeisen(III)-Citrat«); 5 g
- destilliertes Wasser (in der schwarzen Dose); 100 ml
- mehrere kartonstarke, saugfähige Papierkarten (»Finnpappe«)
- einen breiten Schwammpinsel
- eine Anleitung (und ein kleines Beutelchen)
Optional nötig: eine Glasscheibe (für die spätere Sandwich-Belichtung).
Mehr ist nicht notwendig. Der Prozess ist auch sehr einfach. Auch Kinder können Cyanotypien anfertigen – und lernen dabei einen grundlegenden Punkt der Analogfotografie: Das Negativ-Positiv-Verfahren und wie ein Bild die Welt erblickt.
Die Chemie ist übrigens auch recht harmlos bzw. nicht giftig (glaube ich) – sofern man dabei nichts in den Mund steckt, versteht sich.
Dieses Cyanotypie-Set enthält die beiden Chemie-Teile A & B. Man löst beide in Wasser auf und erhält die Arbeitslösung, um saugfähige Materialien damit zu bestreichen.
Und schon geht es los:
Schritt-für-Schritt-Anleitung
Hinweis: Man benötigt zum Anfertigen von Cyanotypien weder eine Dunkelkammer noch besondere Werkzeuge. Aber man benötigt später zum Belichten die pralle Sonne.
Chemie in Wasser auflösen
Als erstes wird die Chemie ›Teil A‹ in dem destilliertem Wasser aufgelöst. Danach wird der Inhalt des zweiten Beutelchens ›Teil B‹ in die Lösung geschüttet und dort ebenfalls verdünnt. Damit hat man bereits den Entwickler angesetzt.
Den Entwickler kann man mehrere Wochen (lichtgeschützt) aufbewahren.
Papier einstreichen
Nun wird das Papier / der Karton mit der Lösung eingestrichen:
Ich mache so etwas in der Dusche. Es kann das Badezimmer-Licht brennen bleiben. Dunkelheit ist nicht nötig. Nur grelles Licht sollte vermieden werden. Man sieht auf diesem Foto meiner Anleitung auch, wie bereits Chemie-Reste auf die Duschwanne gelangt sind. Das passiert. Man kann diese aber ganz einfach wieder wegspülen / wegwischen. Es gibt keine Rückstände.
Ich streiche hier meinen Karton recht üppig ein. Er sollte sich aber nicht komplett vollsaugen. Übertreiben sollte man diesen Schritt nicht.
Papier trocknen
Nun muss der Karton trocknen:
Ich war ungeduldig: Ich trocknete meinen Cyanotypie-Karton einfach mit dem Fön. Das geht recht schnell. Auf diesem Foto sieht man auch, wie das Papier nun eine gelbe Farbe angenommen hat.
Aber was war das?
Plötzlich veränderte sich das Papier beim Trocknen: es wurde bereits leicht bläulich und Ränder zeichneten sich ab. Vermutlich hatte ich hier in meiner Eile nicht genügend sauber beim Einstreichen mit der Chemie-Lösung gearbeitet bzw. nicht gleichmäßig genug eingestrichen. Aber das ist halt analog. Solche „chaotischen“ Fehler stören mich hier nicht unbedingt. Jedes Blatt ist ein Unikat.
Belichten
Nachdem das Papier / der Karton (Baumwollstoff geht übrigens auch) getrocknet ist, folgt die Belichtung. Wie man bereits gesehen hat, hatte ich für mein Beispielbild keine Pflanzen, Blätter oder ähnliches kopiert – sondern ein fotografisches Negativ. Es ist ein solches aus einer Großformatkamera. Man kann natürlich auch Negative kleinerer Formate nehmen. Aber dann wird das Ergebnis schon arg winzig und äußerst gering aufgelöst.
Die Belichtung erfolgt im Sonnenlicht:
Die Vorlage wird auf das beschichtete, getrocknete Papier gelegt. Mittels einer Glasscheibe wird beides zusammen gepresst. Bei Wind wäre es ja auch wichtig, dass sich die Vorlage während der Belichtung nicht bewegt. Dann hätte man ein „verwackeltes“ Foto. Beim Belichten wird bereits ein Bild sichtbar. Aber erst durch das Wässern (s. u.) kommt es erst richtig zum Vorschein.
Man beachte auch die Hinweise unten, welche Glassorte man besser nicht nutzen sollte.
UV-Licht ist wichtig (pralle Sonne)
Ganz wichtig ist für die Belichtung Sonnenschein ohne Wolken. An einem trüben Tag hat man hier keine Chance.
Als Alternative kann man einen UV-Gesichtsbräuner („Bräunungslampe“) nutzen. Dann benötigt man die Sonne nicht. Aber mit welchem Gerät dies nun gut geht, das weiß ich leider nicht. Vielleicht hat hierzu jemand einen Tipp und mag ihn in die Kommentare schreiben.
Wie lange dauert die Belichtung?
Eine Cyanotypie sollte für ca. 10 Minuten belichtet werden, wenn man die pralle Sonne hierfür benutzt. Diese Zeit war bei meinem Cyanotypie-Set so vorgegeben und ich denke, bei anderen wird es ähnlich sein, da die Chemie sicherlich stets die Gleiche ist. Außerdem hatte ich im Spätsommer belichtet. Vielleicht ist der UV-Anteil im Sonnenlicht im Winter geringer und im Hochsommer höher? An so etwas müsste man hierbei denken.
Wie man unschwer erkennen kann, erscheint die Blaufärbung des Kartons nun deutlich tiefer, satter. Daher empfehle ich tatsächlich eine noch längere Belichtungszeit. 10 Minuten halte ich für zu kurz (pralle Sonne im September in Mitteldeutschland). Überbelichten kann man solche Motive nicht, da ja die Schablonen (hier Birkenblätter) eh kaum UV-Licht passieren lassen. Bei Halbtonschablonen (Negativen) wäre dies jedoch etwas anderes.
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Wässern
Nachdem die nötige Zeit um ist, nimmt man das Papier und legt es in eine Schale oder ins Waschbecken:
Schon jetzt war bei mir vage ein Bild zu sehen. Lag es vielleicht daran, dass ich beim Trocknen zuvor zu ungeduldig war und sich noch Restfeuchtigkeit im Papierfilz befand?
Doch nachdem das erste Wasser die Oberfläche meiner Cyanotypie benetzte, schälte sich sofort ein deutlicheres Bild hervor – wie von Zauberhand. Hierbei bekommt man bereits einen guten Eindruck davon, wie es in der klassischen Dunkelkammer vor sich geht (recht ähnlich, wenn auch nicht so einfach und simpel).
Das Foto wird immer deutlicher …
… und noch deutlicher.
Das Wässern der Cyanotypie sollte ca. 8 Minuten dauern.
Trocknen
Schlussendlich muss das Papier noch getrocknet werden. Ich machte dies wieder mit dem Fön. Da ich ziemlich dicken Finnkarton als Untergrund nutzte, hatte ich beim Trocknen auch keine Probleme mit Wellen: Der Karton blieb dabei schön glatt.
Beim Trocknen zog das Blau bei mir noch etwas an. Nach einem Gespräch mit einem Freund, der so etwas häufiger macht, könne man übrigens damit rechnen, dass der Blauton mit der Zeit (mehrere Wochen) intensiver wird. Das Bild „reife“ sozusagen.
Und fertig ist meine Cyanotypie
Der Beschichtungs- und Belichtungsvorgang dauerte nicht lange. Dank dem Trocknen mittels Fön hielt ich schnell meine absolut analoge Fotografie in den Händen:
kein Computer, kein Drucker: alles in Handarbeit
Wie bereits beschrieben, nutzte ich als Vorlage einen Planfilm (ein fertiges Negativ). Ich zeige gleich noch eine eher typische Cyanotypie mit Blättern von einem Baum. Natürlich ist hier die Auflösung der Fotografie sehr gering, alles wirkt schroff und grob. Doch bereits beim Fotografieren mit Plastiklinsen stellte ich fest, dass manche Motive auf so eine „derbe“ Art durchaus interessanter wirken können, als wäre alles technisch perfekt und genau. Es ist Geschmackssache, natürlich.
Weitere Tipps
Ich habe noch einige Tipps im Ärmel:
Noch tieferes Blau mit Wasserstoffperoxid
Offenbar kann man das Blau von solchen Cyanotypien noch verstärken, indem man der Lösung (dem Chemie-Gemisch für das Beschichten) eine 3%ige Wasserstoffperoxidlösung (aus der Apotheke?) hinzu gibt. Man solle diese zweifach verdünnen (Laut Anleitung meines Sets). Aber welche Menge davon muss der Lösung hinzu gefügt werden?
Nach Rücksprache mit dem Freund beschleunige dies nur die Oxidation. Diese agiert ohnehin. Man müsse ohne Wasserstoffperoxid hierfür halt nur länger warten und erhalte am Ende den selben Effekt.
Weiße Ränder mit Krepp-Klebeband
Bei meinen selber entwickelten S/W-Fotografien aus meiner Dunkelkammer schätze ich weiße Ränder um die Fotos herum. Dies gibt ihnen etwas „Exklusives“, wie ich finde. Dies geht aber auch bei Cyanotypien recht leicht:
Für diese Cyanotypie klebte ich vor dem Beschichten die Ränder des Kartons mit gewöhnlichem, schmalen Maler-Kreppklebeband ab. Später beim Wässern kann das Klebeband leicht im Wasser entfernt werden:
Und hier das Ergebnis. Dieses Mal hatte ich die obligatorischen Blätter (von der Birke vor meinem Haus) vor dem Belichten auf das Papier gelegt: Man erhält somit ein typisches Fotogramm. Die Fotografie hat nun aber einen umlaufenden hellen Rand. Ich finde, dies gibt dem Bild etwas Halt. Sie wirkt somit etwas „künstlerischer“. Außerdem ist nun keine Chemie auf die Rückseite gelaufen! Daher kann man diese nun gut beschriften und die Cyanotypie sogar als Postkarte verwenden.
Noch eine Cyanotypie, auf die ich eines meiner S/W-Negative („Planfilme“) gelegt hatte. Den Karton hatte ich sehr üppig bestrichen – zu üppig. Denn, wie man sieht, ist die Chemie etwas unter das Kreppklebeband an den unteren Ecken gekrochen. Sicherlich gibt es hierfür besser geeignete Abklebebänder (vielleicht geht dies mit Nassklebeband bzw. »Aquarellklebeband« besser). Dieses löst sich ja später auch im Wasser sauber ab. Aber vermutlich muss man die Tinktur auch nicht so opulent auftragen, wie ich es tat.
Bei diesem Negativ hatte ich übrigens schon länger belichtet (ca. 20 Minuten). Das funktioniert also auch bei klassischen Negativen sehr gut und man erhält ein schön sattes Blau. Anstatt eines echten S/W-Negatives kann man als Schablone natürlich auch ein am Computer invertiertes Graustufen-Digitalfoto auf einer transparenten Folie ausdrucken (keine eigene Erfahrung jedoch diesbezüglich – bei mir ist alles analog).
Gedanken zur Glasscheibe
Ich hatte mir noch einige Gedanken zur verwendeten Glasscheibe gemacht, insbesondere wenn man das Glas von Bilderrahmen nutzt: hochwertige Glasscheiben besitzen ggf. einen UV-Schutz. In diesem Fall wäre diese Glasplatte natürlich völlig ungeeignet. Denn gerade diese UV-Strahlung ist es ja, die man für das Belichten der Cyanotypien benötigt! Museumsglas filtert dieses aber heraus.
Ich hatte bei meinen Belichtungen zudem ein mattes, also entspiegeltes Glas genutzt. Im Nachhinein betrachtet war dies vermutlich ein Fehler. Ich glaube, ich habe mir damit eine winzige Körnung mit einbelichtet, wodurch Details (insbesondere bei der Kontaktkopie des 4×5-Inch-Negativs) verloren gegangen sind.
Beim nächsten Mal werde ich eine stinknormale Glasscheibe aus einem ganz günstigen »Clip-Rahmen« nutzen. Ein solche ist sicherlich die beste Variante. Sauber und ohne Fussel sollte sie natürlich immer sein.
Dreidimensionale Kontaktbelichtung
Da die simplen scherenschnittartigen Kontakte vielleicht irgendwann etwas langweilig werden könnten, probierte ich aus, ein eher dreidimensionales Objekt auf das sensibilisierte Papier zu legen:
Damit die Ähre nicht platt gedrückt wurde, fixierte ich das Papier eher „locker“ mittels Klebestreifen an der Glasplatte des Bilderrahmens.
Aber bisher waren meine Versuche diesbezüglich leider ernüchternd: Ich erhielt hierbei nur einen unscharfen „Klecks“ als Abbildung. Dies hat sicherlich auch damit etwas zu tun, dass die Sonne wandert – und damit auch eine Schattierung. Vermutlich gelingt diese „Königsdisziplin“ der dreidimensionalen Kontaktbelichtung am besten mit einer fest installierten, künstlichen UV-Lichtquelle (›Bräunungslampe‹).
Dies ist ein Buch, welches sich mit erweiterten Cyanotypie-Techniken beschäftigt:
Neben den Grundlagen der klassischen Cyanotypie zeigt Marlis Maehrle viele Ideen zum Experimentieren mit Licht und Schatten und gibt Tipps zum umweltschonenden Arbeiten. Auch Cyanotypien auf Stoff, Holz und anderen Materialien oder Tonungen mit natürlichen Gerbstoffen aus Kaffee oder Tee werden vorgestellt.
Fazit
Cyanotypien auf einer Ausstellung – sogar als Kleider auf Baumwollstoff oder Leinen
Hier gab es einen unregelmäßigen Auftrag der Beschichtung, da lag die Vorlage etwas schief auf. Will sagen: Man kann die Sache natürlich auch noch perfektionieren. Hierzu fehlt es mir selber aber noch etwas an Übung und Erfahrung. Ich möchte auch einmal ausprobieren, ob ich damit nicht auch Holz sensibilisieren kann.
Die Beispielfotos in meiner Cyanotypie-Anleitung waren aber sehr einfach und schnell angefertigt. Die hierfür nötige Chemie ist mittlerweile auch in kleinen Gebinden im Handel erhältlich.
Zwei Freunde von mir beispielsweise hatten eine riesige Cyanotypie auf Leinen angefertigt. Es gibt auch den »Welt-Cyanotypie-Tag« (englischsprachige Seite). Auf dieser Seite sind wirklich schöne Werke zu bestaunen, welche deutlich über das klassische, zweidimensional wirkende Fotogramm hinaus gehen.
Wer in der Nähe von Leipzig wohnt, kann das Set, was ich ganz oben abgebildet- und selber genutzt habe, auch im »Westfach« kaufen oder im »Sonderfilmlab«.
Wer etwas mehr Kontrolle bzw. Flexibilität haben möchte und seine Cyanotypien nicht mit Sonnenlicht ausbelichten will, kann dafür zum Beispiel auch UV-Party-Strahler verwenden.
Bei einer Leistung von 30 Watt und einem Abstand von 30-40 cm zwischen Strahler und Papier/Negativ braucht es dann auch nur ca. 8-10 Minuten, um eine zufriedenstellende Cyanotypie zu erhalten. 😉
Klasse Idee, danke! Ich denke, dies müssten dann damit diese „UV Schwarzlicht LED Lampen“ gemeint sein, oder?