Schnellanleitung (Gebrauchsanleitung) zur Bedienung einer Analogkamera
Diesem Beitrag geht eine detaillierte Beschreibung aller Funktionselemente einer klassischen analogen Spiegelreflexkamera voraus. Jetzt folgt eine kurze Gebrauchsanleitung, wie man mit solch einer Analogkamera – ohne um den heißen Brei herum zu reden – die ersten Aufnahmen machen kann.
Im ersten Teil dieses Artikel-Doppels haben wir uns einmal alle Knöpfe, Schalter und Einstellungen an der Analogkamera im Detail angesehen. Dies sind ja schon eine ganze Menge gewesen! Doch keine Bange: Für den normalen Gebrauch sind zunächst nur wenige Einstellungen relevant. Denn eine analoge Kamera ist technisch nichts weiter als ein lichtdichter Film- und Objektivhalter, welcher für einen ganz bestimmten Moment Licht passieren lässt.
Grafiken mit Nummerierungen
Im besagten ersten Teil wurden zur genauen Funktionsbeschreibung der einzelnen Einstellungen Grafiken mit Zahlen-Angaben verwendet:
Diese Bilder lassen sich per Klick vergrößern und Sie können hier die jeweilige Einstellung anhand der Nummer (die je im Text erwähnt wird) ablesen. Die meisten Funktionen einer solchen Kamera sind für diese Gebrauchsanleitung jedoch gar nicht nötig. Diese Schautafeln werden unten rechts stets als Link eingeblendet (sie vergrößern sich bei Klick darauf).
Sie haben (falls notwendig) eine frische Batterie (23) in Ihre Analogkamera eingesetzt? Sie besitzen einen unbelichteten Kleinbildfilm (den man in einem der vielen Internet-Shops kaufen kann)? Dann kann es ja los gehen:
Film einlegen
Als erstes muss natürlich der Film korrekt eingelegt werden! Im Grunde ist dieser Schritt recht einfach. Viele Anfänger haben hier aber manchmal Probleme. Hierzu gibt es auf diesem Portal bereits eine sehr ausführliche Bedienungsanleitung → Einen Kleinbildfilm in die Kamera einlegen, so dass an dieser Stelle auf die genauen Schritte verzichtet wird.
Filmempfindlichkeit einstellen
Der Film ist drin, die Rückwand (7) ist wieder geschlossen und die analoge Kamera somit lichtdicht. Als nächstes müssen Sie der Elektronik der Analogkamera jedoch einmalig mitteilen, welche Empfindlichkeit der eben eingelegte Film besitzt. Denn nur so kann sie später korrekt die Belichtung messen. Dies tut man mittels der ASA-ISO-Einstellung:
Hier sehen Sie den Drehring mit verschiedenen Werten (bei diesem Kameramodell 12 bis 3200 ASA). Schauen Sie sich die Pappschachtel Ihres Filmes genau an: Auch hier muss eine Angabe über die genaue Empfindlichkeit – z. B. „ISO 400“ – abgedruckt sein (ASA=ISO). Diesen Wert stellen Sie nun (einmalig je Filmtyp) ein. Diese Einstellung muss in der Regel erst dann wieder geändert werden, wenn später ein anderer Filmtyp mit einer anderen Lichtempfindlichkeit geladen wird.
In dieser Anleitung wird davon ausgegangen, dass Sie eine Kamera besitzen, die die Belichtung automatisch misst und diesen Messwert automatisch an den Verschluss übergibt. Mit „Verschluss“ ist das interne Bauteil Ihrer Kamera gemeint, welches für eine ganz bestimmte Zeit (der Belichtungszeit) Licht auf den Film gelangen lässt. Er regelt also die eigentliche Belichtung.
Bei der hier verwendeten Beispielkamera ist dieser Automatikmodus mit „A“ gekennzeichnet. Er ist am Zeiten-Wahlrad (10) einzustellen. Von nun an misst und regelt die Kamera die Belichtung ganz automatisch – je nach vorhandener Helligkeit und eingestellter Blende (zur Blende kommen wir gleich).
Bei vielen einfacheren Spiegelreflexkameras mit integriertem Belichtungsmesser funktioniert es leider nicht so bequem: Hier muss durch den Sucher (auf das Motiv) geschaut werden, in welchem sich eine sogenannte „Lichtwaage“ befindet. Dies ist nichts anderes als ein Zeiger oder eine LED. Nun dreht man am Zeitenrad, bis besagte Lichtwaage ein OK gibt (Zeiger in Mittelposition oder LED leuchtet [grün]). Bei manchen Kameramodellen befindet sich besagte Lichtwaage auch außerhalb am Gehäuse in Form eines kleinen Zeigers. Achtung: Bei dieser Methode muss die gewünschte Blende schon vorher eingestellt sein:
Die richtige Blende wählen
Nun stellen Sie die gewünschte Blende ein:
Bei den meisten analogen Kameras wird die Blende direkt am Objektiv mittels einem Drehring (18) eingestellt. Auf dem obigen Foto erkennen Sie, dass derzeit die Blende 3.5 eingestellt ist. Bei solchen geringen Blendenwerten – Sie wissen es – erreicht man eine eher geringe Schärfentiefe. Man kann somit also den Hintergrund unscharf erscheinen lassen. Dieses Prinzip muss in dieser Schnell-Bedienungsanleitung nicht im Detail erklärt werden. Die Sache mit der Schärfentiefe ist sicherlich bekannt.
Möchten Sie bei Ihrem Motiv jedoch eine höhere Schärfentiefe erlangen, dann muss weiter abgeblendet werden: Sie könnten hier beispielsweise eine Blende von 11 wählen. Hierbei muss aber darauf geachtet werden, dass dann die Belichtungszeit nicht auf zu lange Zeiten fällt. Errechnet der interne Belichtungsmesser bei einem abgeblendetem Objektiv beispielsweise eine Zeit von 1/15 Sekunde, dann wird Ihre Fotografie garantiert verwackelt werden, sofern Sie kein Stativ (24) benutzen. Bei allen Zeiten ab 1/60 Sekunde kann aber weiterhin aus der Hand fotografiert werden. Wer sehr viel Wert auf nicht minimal verwackelte Schärfe legt, sollte dies jedoch nur ab der 1/125 Sekunde tun.
→ Die Blende stellt man also stets manuell ein (einige modernere Kameras tun dies auch elektronisch), die Belichtungszeit kann man freilich bei den meisten Analogkameras auch manuell einstellen. Bei denen ohne internen Belichtungsmesser muss man dies sogar. Für diesen Fall ist ein Handbelichtungsmesser oder wenigstens eine Smartphone-App sehr hilfreich. Ist der Himmel nicht bewölkt, hilft draußen auch einfach die Sonne-16-Regel.
Am Rande: Auf dieser Seite gibt es eine ausführliche Anleitung zur Nutzung von derlei alten, manuellen Linsen → Was bedeuten die vielen Zahlen bei alten Objektiven?
Fokussieren
Nun muss natürlich noch korrekt fokussiert werden:
Blicken Sie durch den Sucher (6) Ihrer Analogkamera, sehen Sie bei vielen Modellen einen sogenannten „Schnittbild-Indikator“. Damit ist der hier abgebildete runde Kreis gemeint. Bei einer korrekten Fokussierung dürfen vertikale Linien innerhalb des Kreises nicht versetzt dargestellt werden. Dann ist dieses Motivelement richtig scharf gestellt. Viele Analogkameras besitzen im Sucher noch einen weiteren Ring um das Schnittbild herum. Hier darf bei einer exakten Scharfeinstellung nichts krisseln.
Wenn Sie bisher nur digital fotografiert haben, ist Ihnen diese Art der Scharfstellung vielleicht unbekannt: Digitalkameras besitzen (aufgrund des Autofokus) solch eine Einstellhilfe nicht mehr (zumindest die, die mir bekannt sind).
Zum Thema Scharf stellen gibt es auch einen ausführlichen Artikel → Fokussieren mit der analogen Kamera
Kamera spannen
Jetzt nicht vergessen, die Kamera zu spannen:
Auf diesem Foto sehen Sie den Spannhebel (8). Er muss vor jeder Aufnahme mit dem Daumen einmal betätigt werden. Hierdurch wird der Film um ein Bild (weiter-) transportiert und die Kameramechanik – wie eine mechanische Uhr – aufgezogen. Bei jedem Spannen bewegt sich auch das Bildzählwerk (9) um einen Schritt weiter. Es gibt freilich auch analoge Kameras, bei welchen es diesen ikonischen Spannhebel nicht mehr gibt. Dies sind dann solche mit integriertem Motor. Ganz alte Kameras (z. B. richtig alte Leicas) besitzen zum Spannen einen Aufziehknopf, welcher mehrmals gedreht werden muss.
Die Kamera auslösen
Nun ist alles vorbereitet: Mit Druck auf den Auslöser (11) macht es Klick und die Fotografie wurde nun (hoffentlich) korrekt belichtet.
Diese Vorgang ist so unspektakulär, dass es manchem fade wird, weil nichts zu sehen ist. Aber man denke nur an die Vorfreude, weil man den entwickelten Film erst später sehen wird. Zunächst sind alle Bilder noch latent.
Dieses Buch sieht aus wie aus den 1970er Jahren. Dies trügt: Es ist eine Neuveröffentlichung. Hier geht es nicht darum, wie man gelungene Fotografien anfertigt. Hier geht es um Technik: Es ist sozusagen eine Universalbedienungsanleitung für die vielen älteren manuellen analogen Kameras. Es ist ein "Handbuch" zur Bedienung der mechanischen Kamera.
Film zurückspulen und entnehmen
Nach ca. 36 Aufnahmen wird sich der Spannhebel nicht mehr bewegen lassen (keine Gewalt anwenden bei der Blockierung!).
Nun drücken Sie den unteren Knopf (25), welcher den Filmtransport im Innern der Kamera entriegelt. Jetzt kann nämlich mit der Rückspulkurbel (16) der gesamte 35mm-Film innerhalb der (lichtdichten) Kamera wieder zurück in die Patrone gespult werden. Das ist also so, als hätte man ein Seil herab gelassen und rollt es nun wieder auf (im lichtdichten Gehäuse).
Irgendwann fühlen Sie keinen merklichen Widerstand mehr. Nun müsste sich der komplette, lichtempfindliche Film wieder innerhalb der Patrone befinden. Entriegeln Sie nun mit dem hierzu notwendigen Schalter (17) die Rückwand (7). Sie sollte nun aufspringen und wie eine Muschel die Perle, so gibt Ihre Kamera den Film nun wieder frei.
Hier noch einmal der Link zum ersten Teil mit den detaillierten Funktionsbeschreibungen.
Vielleicht kennen Sie schon diesen Artikel → Wo kann man Filme entwickeln lassen? Wenn Sie gerne und häufig S/W-Filme belichten, dann wagen Sie auch einmal einen Blick in die Anleitung → Schwarzweiß-Filme selbst entwickeln. Es ist so leicht (und so ähnlich) wie kochen!
Modellspezifische Gebrauchsanleitungen
Dies war eine universelle Gebrauchsanweisung für eine typische analoge Spiegelreflexkamera. Die meisten Modelle sind sich, so wie die Funktionsweise in dieser Anleitung dargestellt wird, sehr ähnlich. Natürlich ist es immer ratsam, die Gebrauchsanweisung genau für das tatsächliche Kameramodell zu besitzen. Schauen Sie doch einmal auf Butkus vorbei (englisch). Dort gibt es viele Bedienungsanleitungen umsonst als PDF zum Download. Vielleicht ist in der Liste auch die Anleitung für das gewünschte Kameramodell vorhanden. Diese Internetseite sieht zwar aus wie von 1997 und dies ist sie auch: Mike Butkus hat über viele Jahre eine Menge an Gebrauchsanweisungen zu analogen Kameras und Zubehör zusammen getragen und bietet diese zum unkomplizierten Download an.
Kleine Anekdote
Zum Schluss noch eine kleine Anekdote: Ich bin 20 und habe mein erstes Zivildienstgehalt bekommen. Damit spaziere ich um die Jahrtausendwende in ein kleines Fotofachgeschäft in Hamburg Altona. Ich warte, bis sich jemand dort ein Thermometer kaufte (Wow: Der entwickelt selbst!) und dann sage ich dem Inhaber, dass ich gerne eine gebrauchte Kamera haben möchte, mit der man S/W-Filme fotografieren kann, die man dann aber auch selber entwickeln kann. Er lachte etwas darüber (dies geht mit jeder analogen Kamera). Jetzt kommt’s: Er gab mir eine Pentax ME Super und meinte, ich müsste nur auf die LEDs im Sucher achten: Blinken die roten, muss ich die Blende am Objektiv öffnen, bis die grünen blinken. Dann kann ich ohne Stativ auslösen. So wurde es gemacht und siehe da: Die Sache war erstaunlich einfach!